Aus den Kliniken

Erhebliche Belastung von Mitarbeitenden unter COVID-19 nicht nur auf Intensivstationen

22.04.2022 - Eine Studie unter Koordination von Prof. Peter Borusiak von der Universität Witten/Herdecke zeigt Hinweise auf Depressionen, Angst und Erschöpfung bei Mitarbeitenden der Sozialpädiatrie.

In einer Online-Befragung zeigten 1.291 Mitarbeitende in der Sozialpädiatrie zu rund 15 Prozent Hinweise auf eine depressive Störung und 17 Prozent auf eine Angststörung. Fast 45 Prozent, also fast die Hälfte, der Befragten fühlten sich emotional erschöpft. Diese Daten sind vergleichbar mit Erhebungen bei Pflegekräften auf Akutstationen. Die Online-Befragung gehört zur großen multizentrischen „VOICE-Studie" mit einem Netzwerk von Forschern u.a. aus den Universitätskliniken Erlangen, Bonn, Ulm, Köln und Dresden. Für die Mitarbeitenden in der Sozialpädiatrie wurde sie koordiniert von Prof. Dr. Peter Borusiak (Universität Witten/Herdecke, LVR-Klinik Bonn), ihre Ergebnisse sind jetzt in der Zeitschrift Archives of Public Health veröffentlicht worden.

Die Sozialpädiatrie beschäftigt sich als Querschnittswissenschaft mit Kindern und Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen und Behinderungen im Kontext ihres sozialen und familiären Umfelds. „Interessanterweise war oftmals die Sorge um die Patienten oder Angehörigen höher als diejenige um die eigene Person. Die Mitarbeitenden beschreiben aber auch innere Schutzmaßnahmen wie optimistische Einstellungen, emotionale und soziale Unterstützung, ein höheres Kohärenzgefühl, eine höhere Lebensqualität und ausreichende Entspannung in der Freizeit“, erklärt Prof. Borusiak Faktoren, die im Sinne der Resilienz als wirksam eingeschätzt wurden.

Da viele Mitarbeitende aufgrund der Kontaktbeschränkungen im ersten „Lockdown“ kurz vor der Umfrage praktisch arbeitsunfähig waren, spiegeln die Ergebnisse zur Arbeitsbelastung wahrscheinlich eine ungleiche Verteilung der Arbeit in dieser Situation wider. In Zukunft könnten Verteilungs- und Verantwortungspläne einerseits für Entlastung und andererseits für eine bessere Arbeitsbelastung sorgen. Gerade auf politischer oder betrieblicher Ebene sollten weitere Maßnahmen zur emotionalen und sozialen Unterstützung ergriffen werden, nachdem sich dies in der Studie als einer der zentralen Resilienzfaktoren herausgestellt hat. „Auch, wenn es nur wenige gute, kontrollierte Studien gibt, die Interventionen speziell in einem epidemischen oder pandemischen Ereignis untersucht haben, so kann man auf analoge Interventionen zurückgreifen, die sich in anderen Krisensituationen bewährt haben. Es gibt einige Programme zur Unterstützung der psychischen Gesundheit, die auch gut evaluiert sind, wenn es z. B. um Burnout oder emotionale Erschöpfung geht. Einige dieser Angebote können auch mit digitalen Möglichkeiten im Kontext einer Pandemie umgesetzt werden,“ so Prof. Borusiak.

Zum Hintergrund: Die COVID-19-Pandemie hat die Welt weiter fest im Griff. Die körperliche und psychische Belastung von Mitarbeitenden auf Intensivstationen und in Akutkrankenhäusern ist gut belegt. Im Alltag ist aber auch die Belastung in anderen Bereichen zu spüren. Diesem Aspekt sind Forscher unter Beteiligung der Universität Witten/Herdecke nachgegangen. Unter Koordination von Prof. Dr. Peter Borusiak (UW/H) erfolgte mit Unterstützung der Wagener-Stiftung (Yuliya Mazheika) die Erhebung unter Einbeziehung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialpädiatrischen Zentren (Dr. Ilona Krois), der Vereinigung für interdisziplinäre Frühförderung (VIFF; Prof. Dr. Liane Simon und Dr. Christian Fricke) sowie des Arbeitskreises für Vorsorge- und Sozialmedizin Vorarlberg (AKS; Dr. Susanne Bauer und PD Dr. Edda Haberlandt).

Kontakt

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