Forscherteam der Medizinischen Hochschule Hannover erhält Bayer-Hämophilie-Award
05.08.2021 - Dr. Simon Krooss, Hannover, erhält einen Förderpreis für die Entwicklung eines neuen Gentransportmittels in der Therapie der Hämophilie A. Insgesamt gehören sieben Forscher aus sieben Ländern zu den Preisträgern und erhalten etwa eine halbe Million US-Dollar.
Hämophilie ist eine seltene Erbkrankheit, deren Behandlung eine große medizinische Herausforderung für die Gesundheitssysteme darstellt. Aus diesem Grund wird an vielen Einrichtungen an Therapien geforscht. Das „Bayer Hemophilia Awards Program“ (BHAP) unterstützt die grundlegende und klinische Forschung sowie die Ausbildung in diesem Bereich. Für das laufende Jahr sind jetzt die Preisträger gekürt worden. Insgesamt erhalten sieben Wissenschaftler aus sieben Ländern (Italien, Deutschland, Frankreich, USA, Niederlande, Großbritannien und China) diese Auszeichnung – darunter auch Dr. Simon Krooss aus Hannover.
An die Preisträger wird eine Gesamtfördersumme für innovative Forschungsansätze und Ausbildungsinitiativen in Höhe von 488.024 US-Dollar ausgezahlt. Ausgewählt wurden die Gewinner in drei Kategorien (Basic Research, Clinical Research und Fellowship Award) von einem international besetzten Gremium aus klinisch tätigen Hämophilie-Spezialisten und Forschern. Die Preisvergabe wird in einer virtuellen Zeremonie am 30. September 2021 stattfinden.
Hannoveraner Team forscht an der Weiterentwicklung einer Gentherapie
Dr. Simon Krooss aus der hepatologischen Forschungsgruppe um Prof. Dr. Michael Ott von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ist einer der Preisträger in der Kategorie Grundlagenforschung. Das Forschungsprojekt seines Teams knüpft an die bereits etablierte AAV-Gentherapie an, die darauf abzielt, die Krankheit an ihrer Quelle zu bekämpfen: dem defekten Gen. Kern dieses Ansatzes ist es, die Proteinhülle des Adeno-assoziierten Virus (AAV) mit einer funktionsfähigen Kopie des FVIII Gens auszustatten. Dieser sogenannte virale Vektor schleust dann die FVIII Kopie in die Zellen der Leber ein, sodass diese das FVIII-Protein produzieren können. Das Problem dabei ist, dass das menschliche Immunsystem Antikörper gegen AAV bildet, so dass nur Patienten behandelt werden können, die noch keine Antikörper aufweisen. Dies schränkt die Behandlungsoptionen ein. „Das Ziel unseres Projektes ist es, ein neues Gentransportmittel zu entwickeln, das auf der neuartigen Lipid-Nanopartikeltechnologie basiert“, erklärt Krooss. „Diese Partikel sind in der Lage, das FVIII-Gen zu verpacken und in die Leber zu transportieren. Sie weisen eine ähnliche Struktur wie Fettmizellen auf, die aus dem Fettstoffwechsel stammen, und werden daher vom Immunsystem nicht erkannt. Somit könnten alle Patienten unabhängig von vorbestehenden Antikörpern behandelt werden. Auch eine wiederholte Anwendung wäre voraussichtlich möglich.“ Für Krooss ist die Idee, mit einer oder wenigen Injektionen eine regelmäßige Substitutionstherapie dauerhaft zu ersetzen und damit die Lebensqualität der Patienten zu verbessern, ein wesentlicher Antrieb seiner Forschung. „Mit dem Gewinn des Awards bekommen wir die Möglichkeit, intensiv einen fortschrittlichen Therapieansatz zu verfolgen, der eine erfolgversprechende Alternative zur AAV Gentherapie bilden könnte. Mit Prof. Dr. Andreas Tiede und seiner hämostaseologischen Expertise wissen wir zudem einen starken Partner an unserer Seite“, sagte Krooss anlässlich der Preisverleihung.
Tiede, Oberarzt Hämostaseologie und Professor an der MHH, war selbst BHAP-Preisträger im Jahr 2004. Damals ging es um Gentherapie auf der Basis von Stammzellen der Blutbildung. Er sieht in dem Förderpreis für Krooss eine Anerkennung seines weiterentwickelten Therapieverfahrens, das „weit größere DNA-Fragmente in Zielzellen einschleusen und dabei für den Patienten sogar schonender sein kann. Ich freue mich sehr, dass das BHAP dieses Forschungsprojekt unterstützt“, sagte Tiede.
Die unabhängige, international besetzte Jury aus klinisch tätigen Hämophilie-Spezialisten überzeugte bei der Arbeit aus Hannover die exzellente Diskussion der verschiedenen Stärken und Grenzen von Genverteilungsstrategien. Die Jury brachte in ihrer Laudatio ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass das Projekt eine wichtige Rolle bei der Ausweitung der Gentherapie auf dem Gebiet der Hämophilie spielen werde.
„Bayer Hemophilia Awards Program“ 2021/22 gestartet
Mit der Benennung der aktuellen Preisträger startet auch die neue Bewerbungsphase für das Förderprogramm zur Forschung im Bereich der Hämophilie. Auf diesem Gebiet tätige Ärzte und Forscher sind eingeladen, sich ab sofort für die Teilnahme am „Bayer Hemophilia Awards Program“ (BHAP) 2021/22 zu bewerben. Zum 19. Mal vergibt Bayer dann die Auszeichnungen für innovative Projekte in der Grundlagen- und klinischen Forschung, die dazu beitragen, die Therapiemöglichkeiten von Hämophilie zu verbessern. Einsendungen für den BHAP-Bewerbungszyklus 2021/2022 werden bis 30. November 2021 berücksichtigt. Die Preisträger werden im April 2022 bekannt gegeben. Alle Informationen und Bewerbungsunterlagen sind auf www.hemophilia-awards.bayer.com abrufbar.
Über das “Bayer Hemophilia Awards Program”
Das „Bayer Hemophilia Awards Program“ ist ein Beispiel für das Engagement von Bayer zur Förderung des wissenschaft¬lichen und klinischen Wissens, das die Behandlung von Hämophilie-Patienten verbessert. Die Prioritäten der Forschungsprojekte im „Bayer Hemophilia Awards Program“ reichen von Grund- und Begleiterkrankungen über therapeutische Innovationen bis zur Untersuchung molekularer Mechanismen oder experimenteller Modelle. Die Auszeichnung wird jährlich in drei Kategorien vergeben: Clinical Research Project, Basic Research Project und Fellowship Project.
Das „Bayer Hemophilia Awards Program“ unterstützt Grundlagenforschung und klinische Forschung, aber auch Ausbildungsinitiativen zum Thema Hämophilie. Eines der Hauptziele des „Bayer Hemophilia Awards Program“ ist die Förderung von jungen Wissenschaftlern und Fachärzten in der Weiterbildung sowie Fachpersonal in der Betreuung von Patienten mit Hämophilie. Dies soll die Entwicklung der nächsten Generation an Betreuungs- und Behandlungsoptionen für Menschen mit Hämophilie weltweit unterstützen. Seit seiner Initiierung im Jahr 2002 hat das „Bayer Hemophilia Awards Program“ mehr als 300 Preisträger mit Preisgeldern im Wert von über 36 Millionen US-Dollar an Wissenschaftler und Betreuer in 33 Ländern weltweit ausgezeichnet. Durch diese Unterstützung wurden schon mehr als 440 wissenschaftliche Artikel und Abstracts veröffentlicht.