Forschung zu neuartiger Krebstherapie erhält Auszeichnung
19.06.2024 - VDE DGBMT und Stiftung Familie Klee vergeben Klee-Preis 2024 an Dr. Johanna Winter vom Klinikum rechts der Isar (München).
Die Strahlentherapie ist eine der zentralen Säulen der Krebstherapie. Allerdings stößt deren Wirksamkeit bei aggressiven Krebsarten an ihre Grenzen, wenn dadurch nahegelegene strahlensensitive Risikoorgane zu stark geschädigt werden. Um die Behandlung zu verbessern, hat Dr. Johanna Winter, die am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München und am Helmholtz Zentrum München tätig ist, in ihrer Dissertation untersucht, wie Mikrostrahltherapie einen zielgenaueren Einsatz ermöglicht. Für ihre Arbeit wurde sie nun mit dem mit 5.000 Euro dotierten Klee-Preis ausgezeichnet. Die Deutsche Gesellschaft für Biomedizinische Technik im VDE (VDE DGBMT) schreibt den Preis jährlich gemeinsam mit der Stiftung Familie Klee zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses aus. Winter erklärt: „Mir ging es darum, Tumore gezielter zu bestrahlen und Patientinnen und Patienten gleichzeitig weniger Nebenwirkungen auszusetzen. Außerdem wird die Behandlungsdauer bei der Mikrostrahlentherapie kürzer, was die Kosten reduziert.“ Um dafür den Weg zu ebnen, musste eine geeignete Mikrostrahlquelle identifiziert und eine passende Bestrahlungsplanung entwickelt werden.
Röntgenröhre statt Teilchenbeschleuniger: Quelle für Mikrostrahlen
Bislang gab es weltweit nur einzelne große Teilchenbeschleuniger, die in der Lage sind, Mikrostrahlen zur Krebsbehandlung zu erzeugen. Damit war ihr Einsatz auf präklinische Forschungsprojekte beschränkt. Winter hat mit ihrer Dissertation daran gearbeitet, eine kompakte Quelle zu identifizieren, die sich am Ende im Klinikalltag nutzen lässt. Um das zu ermöglichen, hat sie die Idee einer sogenannten Linienfokus-Röntgenröhre aufgegriffen. Der Clou daran ist, 50 Mikrometer schmale Strahlen in der erforderlichen Dichte zu erzeugen, ohne dass dabei zu hohe Temperaturen entstehen. Winter erläutert: „Um Mikrostrahlen zu generieren, leiten wir einen Elektronenstrahl mit hoher Geschwindigkeit auf ein sich drehendes Metallrad aus Wolfram – konventionelle Lösungen könnten dabei so viel Hitze produzieren, dass das Metallrad schmilzt. Das ist bei 3.400 °C der Fall.“ Über Computersimulationen konnte Winter die Führung des Strahls und die Wärmeentwicklung so optimieren, dass eine Realisierung möglich wurde. Inzwischen hat sie mit ihrem Team einen Prototyp gebaut, der Mikrostrahlen mit hoher Dosisleistung generiert.
Bestrahlungsplanung: Tumor bekämpfen, umliegendes Gewebe intakt lassen
Ein weiterer Aspekt von Winters Dissertation ist die Entwicklung von Bestrahlungsplänen, die sich mit der neuen Behandlungsmethode verwenden lassen. Die bisher genutzten Algorithmen, die für die Planung einer Strahlentherapie auf Basis einer dreidimensionalen Dosisberechnung notwendig sind, lassen sich nicht 1:1 auf die Mikrostrahlentherapie übertragen. „Wir haben ein Streifenmuster mit sehr hohen Dosen und schwächeren Dosen, das in der Berechnung zu berücksichtigen ist.“ Um klinische Studien vorzubereiten, hat Winter Rechenmodelle entwickelt und für verschiedene Tumorarten Dosisverteilungen berechnet, die zeigen, dass eine hohe Wirksamkeit bei geringen Nebenwirkungen zu erwarten ist. „Mit dem Prototyp und den grundlegenden Berechnungen sind wir zwei gute Schritte vorangekommen. Es steht noch einiges an Forschung an, aber unser Ziel ist, diese Behandlungsform in die Praxis und ein Serienprodukt auf den Weg zu bringen“, hält Winter fest.
Platz 2 und 3: Diagnostik für Lungenversagen und Hautveränderungen bei Diabetes
Mit 2.000 Euro und Platz 2 ehren die DGBMT und Stiftung Familie Klee die Dissertation von Dr.-Ing. Tobias Menden von der RWTH Aachen University, der heute für Pulsar Photonics in Herzogenrath tätig ist. Er hat sich mit der Frage beschäftigt, wie sich Pneumonien, Atelektasen oder Ödeme an der Lunge frühzeitig diagnostizieren lassen, um ein Lungenversagen zu verhindern oder schnellstmöglich zu behandeln. Die bisher eingesetzte zeit-differentielle elektrische Impedanztomographie (EIT) liefert dazu nur wenig Informationen. Daher hat Menden einen Ansatz entwickelt, wie sich die multifrequente EIT zum Lungenmonitoring im Klinikalltag nutzen lässt, da sie spektrale Gewebeeigenschaften darstellen kann und somit eine differenzierte Aussage über Lungenpathologien ermöglicht.
Der dritte Platz und 1.000 Euro gehen an Nikolina-Alexia Fasoula von der Technischen Universität München (TUM) für ihre Dissertation zum Zusammenhang zwischen Hautveränderungen und systemischen Komplikationen bei Diabetes. Unter Verwendung von RSOM (Raster-Scan Optoacoustic Mesoscopy), einem neuartigen Bildgebungsverfahren, hat Fasoula bei an Diabetes erkrankten und gesunden Personen mikroanatomische und Gefäß-Strukturen der Haut untersucht. Durch diese Studie identifizierte sie Biomarker wie die Dicke der Epidermis oder das Blutvolumen der Dermis. Sie verändern sich bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes, wenn Neuropathie oder Atherosklerose ein fortgeschrittenes Stadium erreichen. Im Umkehrschluss liefert RSOM als nicht-invasive Untersuchungsmethode potenziell frühzeitig Informationen über Komplikationen im Zusammenhang mit Diabetes sowie etwaige Therapieergebnisse.
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