Future Health Index 2020: Studie zur Zukunft der Gesundheitsversorgung
25.09.2020 -
Der Fokus des Philips Future Health Index (FHI) liegt in diesem Jahr auf einer zukunftsweisenden Säule des Gesundheitssystems: der jüngeren Generation medizinischer Fachkräfte unter 40 Jahren. Wie sehen sie ihre Rolle und welche Veränderungen im Gesundheitswesen sind aus ihrer Sicht erforderlich? Die von Philips in Auftrag gegebene Studie untersucht ihre Erwartungen in Bezug auf digitale Gesundheitstechnologien, Ausbildung und Arbeitszufriedenheit sowie ihre tatsächlichen bisherigen Erfahrungen und stellt so heraus, wie jüngere Fach- und Führungskräfte in Gesundheitsberufen unterstützt, gestärkt und gehalten werden können. Die Ergebnisse der Befragung unter rund 3.000 Teilnehmern aus 15 Ländern, darunter 200 aus Deutschland, identifiziert drei Kernaspekte: Diskrepanz zwischen Ausbildung und Berufsalltag, Bedenken bei der Anwendung von digitalen Gesundheitstechnologien zur Transformation der Versorgung und Rahmenbedingungen im Arbeitsalltag.
Um die Veränderungen der Gesundheitslandschaft auch während der COVID-19-Pandemie zu beurteilen, wurde zusätzlich eine Impulsumfrage unter jüngeren Ärztinnen und Ärzten in Deutschland durchgeführt. Sie liefert Erkenntnisse, wie sich COVID-19 auf ihre Arbeitszufriedenheit und den Einsatz von digitalen Gesundheitstechnologien ausgewirkt hat.
„Neben dem Potenzial, das uns Digitalisierung und Gesundheitstechnologien bieten, sind junge medizinische Fachkräfte der Katalysator für die Zukunft unseres Gesundheitssystems“, so Gerrit Schick, Head of Health Informatics, Philips GmbH Market DACH. „Wir fordern Führungskräfte im Gesundheitswesen auf, die Erkenntnisse aus der Studie aufzunehmen und zu überlegen, welche Maßnahmen sie in ihrem Krankenhaus oder ihrer Praxis ergreifen können, um eine Verbesserung des gesamten Arbeitsumfeldes zu erreichen“, so Schick weiter.
Diskrepanz zwischen Ausbildung und Berufsalltag
In Deutschland sind junge Fachkräfte im Gesundheitswesen medizinisch gut ausgebildet, um im beruflichen Alltag zu bestehen. Jedoch haben viele zu Beginn ihrer Karriere Wissenslücken im Bereich des nicht-klinischen Know-hows. 62 Prozent der jungen Fachkräfte sagen aus, ihre medizinische Ausbildung habe sie überhaupt nicht auf administrative Tätigkeiten vorbereitet. Zum Vergleich: In allen anderen untersuchten Ländern sagen dies 44 Prozent der Befragten. Außerdem bleibt die Realität des Arbeitsalltags der nächsten Generation hinter ihren Erwartungen zurück: Die Mehrheit (58 Prozent) gibt an, dass die Arbeitsrealität nicht den Hoffnungen und Erwartungen entspricht, die sie während ihrer Ausbildung hatten, oder sie sind unentschlossen – verglichen mit nur 42 Prozent in allen untersuchten Ländern.
Anwendung von Technologien zur Transformation der Versorgung
Deutschland steht noch am Anfang der Digitalisierung seines Gesundheitssystems. Gefördert wird dies unter anderem durch Gesetze wie das „E-Health Gesetz“ und das „Digitale Versorgungsgesetz“1. Weltweit sind sich die Befragten der Chancen bewusst, die digitale Gesundheitstechnologien und die zielgerichtete Nutzung von Patientendaten für den Aufbau eines verbesserten Systems mit sich bringen. In Deutschland sehen 69 Prozent der Befragten Vorteile für die Behandlungsqualität und 53 Prozent glauben, dass Patientenerfahrungen verbessert werden können. Dies ist jedoch einer der niedrigsten Prozentsätze aller teilnehmenden Länder. 96 Prozent der jungen Fachkräfte hierzulande befürchten außerdem eine Erhöhung ihres bereits bestehenden Verwaltungsaufwands, die sich negativ auf ihre berufliche Zufriedenheit auswirken würde.2
Auf die Frage, welche digitale Gesundheitstechnologie für die Verbesserung der Patientenversorgung in Deutschland in den nächsten fünf Jahren am vorteilhaftesten sein wird, standen digitale Gesundheitsakten ganz oben auf der Liste – vor allen anderen Technologien wie Telemedizin und Künstlicher Intelligenz (KI). Dies lässt sich wahrscheinlich auf einen größeren Bedarf im Vergleich zu den anderen untersuchten Ländern zurückführen. Tatsächlich nutzten nach den Daten des Future Health Index 20193 nur 68 Prozent der damals Befragten in Deutschland digitale Gesundheitsakten – im Vergleich zu 76 Prozent in allen befragten Ländern.
Arbeitsumgebungen im Gesundheitswesen
Aufgrund der schlechten Work-Life-Balance empfinden viele Fachkräfte in Gesundheitsberufen in Deutschland eine geringe Arbeitszufriedenheit4. Tatsächlich arbeitet fast die Hälfte (47 Prozent) der praktizierenden Ärztinnen und Ärzte in Deutschland mehr als 50 Stunden pro Woche5. Im Vergleich zu den anderen Ländern haben die Befragten in Deutschland die höchste Anzahl an Patientenkontakten pro Woche (145 Kontakte pro Woche in Deutschland, 100 im Durchschnitt von allen untersuchten Ländern) – hinzu kommen administrative Aufgaben. Dies mag sich auf ihre Motivation und Kapazitäten auswirken, Veränderungen voranzutreiben. 93 Prozent der Jüngeren in Deutschland glauben, dass ihr hohes Arbeitspensum sich negativ auf ihre Zufriedenheit ausgewirkt hat. Eine ausgewogene Work-Life-Balance ist für die jungen Fachkräfte in Deutschland ein sehr wichtigster Faktor bei der Wahl des Arbeitsplatzes – dies geben 92 Prozent an. Diese Zahlen sind als deutliche Warnung zu verstehen. Alle Akteure im Gesundheitswesen sollten sich diesen aktuellen Herausforderungen stellen, um dieser und kommenden Generationen im deutschen Gesundheitssystem ein attraktives Arbeitsumfeld zu bieten.6
Veränderungen in der Gesundheitslandschaft während der COVID-19-Pandemie
Die Einführung digitaler Gesundheitstechnologien wurde während der Pandemie beschleunigt. Dennoch gaben 84 Prozent der jüngeren Ärztinnen und Ärzten in Deutschland an, dass sie nicht in der Lage seien, Gesundheitsdaten im Zusammenhang mit COVID-19 in vollem Umfang zu nutzen. 40 Prozent sagten allerdings, dass eine bessere Integration von Gesundheitsdaten zwischen Krankenhäusern und Praxen ihre Arbeitserfahrung verbessert habe. Hinderungsgründe sind sowohl die ungewisse Datenqualität (54 Prozent) als auch widersprüchliche Daten (46 Prozent). Nahezu die Hälfte (47 Prozent) ist der Meinung, dass ihnen eine Anleitung zur besseren Nutzung der Daten geholfen hätte. Positiv ist zu vermerken, dass 23 Prozent der jüngeren Ärztinnen und Ärzte nach ihren Erfahrungen mit COVID-19 mit großer Wahrscheinlichkeit weiterhin im Gesundheitswesen arbeiten werden. Für viele Jüngere bedeutet sie eine intensivere Zusammenarbeit mit Kollegen und neue Wege im Umgang mit digitalen Gesundheitstechnologien. 38 Prozent hoffen, dass der verstärkte Umgang mit digitalen Technologien als Errungenschaft die Pandemie überdauern wird.
1 https://www.covingtondigitalhealth.com/2019/07/german-government-enacts-digital-care-act/
2 Einschränkend muss in diesem Zusammenhang erwähnt werden, dass die Zahlen der Studie noch vor dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie in Europa erhoben wurden. In der Impulsbefragung „Future Health Index Insights: COVID-19“ gaben zuletzt 44 Prozent der in diesem Zusammenhang tätig gewesenen Jungmediziner in Deutschland an, während der Pandemie mit neuen Einsatzmöglichkeiten digitaler Gesundheitstechnologien in Kontakt gekommen zu sein. Die große Mehrheit von ihnen erlebte diese offensichtlich positiv und äußerte die Hoffnung, auch nach überstandener Pandemie weiterhin auf die eingesetzten technologischen Möglichkeiten zurückgreifen zu können.
3 Future Health Index. (2019). Basis (ungewichtet): Fachkräfte im Gesundheitswesen insgesamt (Deutschland n=206)
4 https://www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/uk/Documents/life-sciences-health-care/deloitte-uk-time-to-care-health-care-workforce.pdf (2017)
5 https://www.medscape.com/slideshow/2019-global-burnout-comparison-6011180#3
6 Die Belastungen und Erfahrungen bei der Bewältigung der COVID-19-Pandemie hatten hingegen keine Auswirkungen auf die Zukunftsabsichten von jungen Ärztinnen und Ärzten in Deutschland – nur 7 Prozent der per Impulsbefragung Interviewten gaben an, aufgrund dieser Erlebnisse einen Karrierewechsel in Betracht zu ziehen.
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