Gesundheitsminister Garg überreicht 500.000 € für innovatives Telemedizin-Projekt an der Westküste
Pflegeeinrichtungen, Praxen und Klinik kooperieren digital
„Die Sicherstellung der Versorgung ist die wichtigste Aufgaben der Gesundheits- und Pflegepolitik“, betont Gesundheitsminister Heiner Garg. „Mehr älter werdenden Menschen und damit mehr Patientinnen und Patienten stehen zukünftig weniger Fachkräfte gegenüber“, so Garg. Gerade im ländlichen Raum seien daher innovative Projekte notwendig. Die Landesregierung hat den Versorgungssicherungsfonds eingerichtet, um solche Projekte zu fördern und Schleswig-Holstein zukunftsfest zu machen.
Minister Garg überreichte am 11. September in Burg (Dithmarschen) einen Förderbescheid für drei Jahre über rund 500.000 € für das in dieser Form bundesweit einmalige Projekt „TelemedNetz.SH“ an die Projektpartner, u.a. das Medizinisches Qualitätsnetz Westküste e.V. (MQW e.V.). Damit wird ein neues Telemedizinnetz mit Tele-Diagnostik aufgebaut, das Praxen, Klinik und Pflegeeinrichtungen an der Westküste verbindet.
„Das Projekt hat nicht nur Vorbildcharakter wegen der Umsetzung telemedizinischer Versorgungskonzepte, sondern auch im sektorenübergreifenden Ansatz“, erläutert Minister Garg. Niedergelassene Ärzte des Ärztenetz MQW e.V., Pflegeeinrichtungen, Klinik und ein Dienstleistungsunternehmen arbeiten Hand in Hand, um Versorgung zu sichern und zu verbessern. „Das ist zukunftsweisend und wir setzen damit in Schleswig-Holstein um, was in Fachkreisen häufig nur diskutiert wird. Mein Dank gilt allen Partnern, die damit die Interessen der Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt rücken und Brücken zwischen den Sektoren bauen“, betont Garg. „Die Nutzung digitaler Möglichkeiten soll dabei wie in anderen Lebensbereichen auch, Menschen entlasten ohne sie zu ersetzen“.
Drei Seniorenheime des DRK-Dithmarschen werden ab Herbst 2019 mit einem mobilen Telemedizin-System ausgerüstet und mit fünf Haus- und Facharztpraxen in Dithmarschen, dem Telearztzentrum der ife Gesundheits-GmbH in Nehmten und dem Westküstenklinikum Heide vernetzt. Innerhalb dieses Netzwerkes können nicht nur Videoverbindungen zu Ärztinnen und Ärzten aufgebaut werden, sondern auch telemedizinische Untersuchungen erfolgen. Dazu gehören ein hochwertiges EKG, die Messung von Blutdruck, die Bestimmung des Sauerstoffgehaltes im Blut, das Abhorchen von Herz und Lunge, Lungenfunktionsmessung, Ohr- und Rachenspiegelung. Weitere Messgeräte können ergänzt werden.
„Dieses Projekt eröffnet uns völlig neue Möglichkeiten, die medizinische Versorgung in unserem ländlichen Flächenkreis weiter zu entwickeln“, betont Burkhard Sawade, Hausarzt in Meldorf und Vorsitzender des MQW e.V. „Gerade die langfristige Betreuung schlecht mobiler Heimbewohner wird durch die Möglichkeiten der apparativen Diagnostik erheblich erleichtert. Das erspart insbesondere den Patienten manchen aufwendigen und belastenden Transport zu Praxen oder Kliniken.“
Uwe Witt, Bereichsleiter Stationäre Pflege DRK-Kreisverband Dithmarschen, hebt die Möglichkeit einer telemedizinischen Klärung akuter Gesundheitsbeschwerden der Heimbewohner hervor. „Das Telemedizin-Netzwerk bietet uns auch die Gelegenheit, rund um die Uhr fragliche Situationen rasch telemedizinisch zu klären.“ Dabei geht es oft um die Frage, ob für einen Bewohner das Notarztsystem oder der kassenärztliche Bereitschaftsdienst erforderlich sind oder ob das Gesundheitsproblem durch den behandelnden niedergelassenen Arzt am nächsten Werktag behandelt werden kann. Für solch verantwortungsvolle Entscheidungen sind meist ärztliche Untersuchungen nötig, die nun telemedizinisch möglich sind.“
Dr. Martin Blümke, Geschäftsführer des Westküstenklinikums, hebt die erhoffte Entlastung des Notarztsystems durch ein Telemedizin Netzwerk hervor: “Ein solches Projekt steht schon lange auf unserer Wunschliste und wir sind sehr dankbar, dass das Gesundheitsministerium Schleswig-Holstein nun beim Aufbau eines solchen Projektes entscheidende Anstöße gibt.“
Die wissenschaftliche Auswertung des Projektes wird durch das Institut für Allgemeinmedizin der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Frau Prof. Hanna Kaduszkiewicz, erfolgen. Dabei wird es wesentlich um die Akzeptanz der Versorgungsform seitens der Heimbewohnerinnen und -bewohner, des Pflegepersonals und der beteiligten Ärztinnen und Ärzte gehen. Initiator des Projektes ist die ife Gesundheits-GmbH in Nehmten mit ihrem Telearztzentrum, das seit 20 Jahren bundesweit tätig ist. Geschäftsführer Dr. Ekko Schrader und Dr. Barbara Ruß-Thiel betonen: “Der Einstieg in ein telemedizinisches Behandlungsprojekt in enger Kooperation mit den bestehenden Strukturen vor Ort ist eine sinnvolle und zukunftsträchtige Ergänzung.“ Dr. Thomas Schang, Medizinischer Leiter der GmbH und Vorsitzender der Agentur deutscher Arztnetze e.V ergänzt: „Das besondere und bisher einmalige an diesem Projekt ist die Vernetzung. Das Netzwerk soll variable Verbindungen zwischen allen Teilnehmern ermöglichen und ist daher ein entscheidender Fortschritt gegenüber einfachen Verbindungen mit je einer Sende- und Empfangsstation. Nachdem die Grundstruktur des Netzwerkes etabliert ist, kann eine einfache Erweiterung des Netzwerkes unter Nutzung bereits bestehender Versorgungsstrukturen erfolgen. Insbesondere ist auch eine spätere Erweiterung des Nutzerkreises vorstellbar.“
Möglich wurde ein solches Projekt durch die Lockerung des Fernbehandlungsverbotes in der Berufsordnung der Landesärztekammer Schleswig-Holstein 2018 und der entsprechenden Genehmigung durch das Gesundheitsministerium Schleswig-Holstein.