Heilungschancen bei Kehlkopfkrebs vergrößern
16.02.2024 - Leipziger HNO-Universitätsklinik leitet bundesweite wissenschaftliche Studie zum Erhalt des Kehlkopfs durch Einsatz von Immuno-Checkpoint-Inhibitoren.
Fürs Schlucken und Sprechen benötigt der Mensch den Kehlkopf. Ihn zu verlieren stellt für die Betroffenen stets einen gravierenden Einschnitt in ihre Lebensqualität dar. Unter Leitung des Universitätsklinikums Leipzig (UKL) hat nun die bundesweit neuartige Krebs-Studie ELOS begonnen. ELOS steht für „Europäische Larynx-Organ-Erhalt-Studie“.
Gemeinsam mit einer Reihe renommierter Kopf-Hals-Tumor-Zentren in Deutschland soll untersucht werden, wievielen Patientinnen und Patienten eine Kehlkopfentfernung erspart werden kann, wenn eine vorgeschaltete Chemotherapie und eine anschließende Strahlenbehandlung miteinander kombiniert werden und ob sich das Ergebnis durch die Gabe des Immuntherapeutikums „Pembrolizumab“ sogar noch verbessern lässt. Die Studie steht offen für alle Betroffenen mit fortgeschrittenem Kehlkopf- und Schlund-Rachen (Hypopharynx)-Krebs.
Seit etwa fünf Jahren haben die sogenannten Immuno-Checkpoint-Inhibitoren, also Medikamente, die das körpereigene Immunsystem gegen Krebs aktivieren, Einzug in die Krebstherapie im Kopf-Hals-Bereich gehalten. Wurden bislang nur wiederkehrende Krebserkrankungen nach erfolgter Standardtherapie damit behandelt, konnte man auch feststellen, dass der frühe Einsatz dieser Immuno-Checkpoint-Inhibitoren vor einer Krebsoperation oder Krebsbestrahlung die Ergebnisse deutlich verbessern kann.
Dieses Prinzip soll jetzt bei fortgeschrittenem Kehlkopf- und Rachenkrebs in einer bundesweiten Studie an renommierten Kopf-Hals-Krebszentren unter Federführung der Leipziger HNO-Universitätsklinik geprüft werden, um den Patientinnen und Patienten einen Verlust des Organs zu ersparen.
Die Studie trägt den Namen „Europäische Larynx-Organ-Erhalt-Studie (ELOS)“, da sie gemeinsam mit europäischen Spitzenzentren nach Vorstudien der UKL-HNO-Klinik entwickelt wurde. Geprüft wird das Immuntherapeutikum Pembrolizumab, das zur Aktivierung der körpereigenen Krebsabwehr durch das Immunsystem zugelassen ist. Es wird in Kombination mit einer Chemo- und Strahlentherapie eingesetzt.
Das Prinzip der neuen Therapie beruht auf der schon sehr frühzeitigen Beobachtung des Ansprechens auf selbige, um dann zielgerichtet weiter zu behandeln. Spricht der Tumor nämlich nicht auf die neue Immuntherapie an, würde eine notwendige Operation zur Heilung vorgezogen werden – um möglichst wenig Zeit zu verlieren.
„Wir erwarten mit der neuen Immuntherapie eine deutlich höhere Ansprechrate, als bei einer herkömmlichen Chemotherapie bisher“, sagt Prof. Dr. Andreas Dietz, Studienleiter und Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde (HNO) am UKL. „Die frühe Ansprechrate ist ein erstes wichtiges Signal für eine gute Krebsheilung mit Erhaltung des Kehlkopfs, der so immens wichtig für das Schlucken und das Sprechen ist“, erklärt er.
Verlief das Ansprechen zufriedenstellend, wird dann durch eine Strahlentherapie das restliche Tumorgewebe vernichtet. „Wir hoffen so auf eine hohe Zahl von Patientinnen und Patienten mit nicht nur erhaltenem Kehlkopf, sondern auch mit guter Schluck- und Sprechfunktion“, betont Prof. Dr. Nils Nicolay, Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie am UKL. Und Prof. Dr. Florian Lordick, Sprecher des Mitteldeutschen Krebszentrums (CCCG), ergänzt: „Mit den neuen Immuno-Checkpoint-Inhibitoren haben wir eine komplett neue Garde an Krebsmedikamenten, die deutlich schonender und nebenwirkungsärmer wirken, als die herkömmliche Chemotherapie.“
Neun renommierte Zentren nehmen teil
Die sehr aufwendige klinische Studie wurde über mehrere Jahre vorbereitet und durchlief das neue, von der Europäischen Union geforderte CETIS-Verfahren (Clinical Trials Information System) der „European Medicines Agency (EMA) mit der EU-CT Nummer 2022-502751-61-00.
Bundesweit nehmen neben Leipzig insgesamt neun renommierte zertifizierte Kopf-Hals-Tumor-Zentren der Universitätsklinika Regensburg, München, Ulm, Würzburg, Mannheim, Köln, Jena und des Klinikums Potsdam teil. „Um den Stellenwert der neuen Therapie statistisch sauber nachweisen zu können, werden 140 Patientinnen und Patienten in die Studie eingeschlossen“, so Dr. Gunnar Wichmann aus der HNO-Universitätsklinik Leipzig.
Die Studie ist Februar 2024 angelaufen. Sie steht offen für alle Patienten mit fortgeschrittenem Kehlkopf- und Schlund-Rachen (Hypopharynx)-Krebs.