Hör-Expertise und neue Technik verbessern Lebensqualität
27.03.2025 - 1995 wird das Sächsische Cochlear Implantat Centrum am Universitätsklinikum Dresden gegründet. Mehr als 2.500 taub Geborenen, Ertaubten oder Schwerhörigen wurde mit einem Cochlear Implantat geholfen.
Vor 30 Jahren wurde das Sächsische Cochlear Implantat Centrum am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden gegründet. Seitdem wurde insgesamt 2.514 taub geborenen oder hochgradig schwerhörigen Menschen mit einem Cochlea-Implantat (CI) das Hören wieder ermöglicht. Dank der großen chirurgischen und therapeutischen Expertise für Hörgeschädigte können Betroffene aller Altersgruppen heute in den meisten Fällen ohne die bislang üblichen massiven Einschränkungen ihrem Beruf nachgehen und ihren individuellen Alltag gestalten. „Kommunikative Teilhabe ist ein grundlegendes Element für das individuelle Wohlbefinden und die gesellschaftliche Integration jedes Menschen. Dank modernster Technologie und individueller Therapie sind wir in der Lage, vielen Menschen ihr Gehör und damit ein bedeutendes Stück Lebensqualität zurückzugeben“, sagt Prof. Uwe Platzbecker, Medizinischer Vorstand am Universitätsklinikum Dresden.
Hörgeschädigte gibt es in allen Generationen. Besonders in der Altersgruppe der 18- bis 60-Jährigen sowie bei den über 60-Jährigen haben über zwei Drittel der Patientinnen und Patienten in der Region von einer Behandlung im Sächsischen Cochlear Implantat Centrum (SCIC) am Uniklinikum Dresden profitiert. Aber auch Neugeborene werden aufgrund der großen Erfahrung aus den vergangenen 30 Jahren am SCIC behandelt und mit Cochlear-Implantaten (CI) ausgestattet. „Seit seiner Gründung 1995 wurden an unserem Zentrum mehr als 2.500 Betroffene mit Hörverlust, davon allein 151 Patientinnen und Patienten im Jahr 2024, erfolgreich mit einem CI versorgt und ihnen damit eine aktivere Teilhabe am Leben ermöglicht“, sagt Prof. Marcus Neudert, Leiter des HörCentrums der Hochschulmedizin Dresden. Der Vorteil eines Cochlea-Implantates: Während Hörgeräte die Lautstärke von Geräuschen und Tönen erhöhen, umgehen Cochlea-Implantate die geschädigten Haarzellen des Ohres und stimulieren den Hörnerv direkt. Bei hochgradig Schwerhörigen werden Sprache und Töne wieder verständlich. Auch wenn die operierten Patientinnen und Patienten nach der Aktivierung des CI-Prozessors noch eine zweijährige Rehabilitation durchlaufen müssen, um optimal mit dem Implantat hören zu können, sind die ersten Fortschritte oft schon nach wenigen Wochen spürbar.
Elektrische Signale werden wieder hergestellt
Das Cochlea-Implantat wird hinter dem Ohr in den Schädelknochen eingesetzt und ein Elektrodenträger in die Hörschnecke eingeführt (Cochlea = Hörschnecke). Das Implantat verwandelt Geräusche und Töne, die das Ohr von Betroffenen nicht mehr selbstständig wahrnehmen kann, in elektrische Signale um. Diese Signale stimulieren über den Elektrodenträger den intakten Hörnerv und werden an das Gehirn weitergeleitet. Auf diese Weise können Geräusche wieder wahrgenommen und Sprache verstanden werden. „Das Einsetzen des Cochlea-Implantats ist nur der erste Schritt“, erklärt PD Dr. Susen Lailach, ärztliche Leiterin am SCIC. „Die Patientinnen und Patienten müssen sich das Hören wieder aneignen. Das ist ein langwieriger und anspruchsvoller Prozess, der sowohl Geduld als auch Empathie erfordert.“ Die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit gewährleistet am Uniklinikum die Basis für die positive Entwicklung. Erfahrene Operateurinnen und Operateure, das therapeutische Konzept des Zentrums sowie individuell abgestimmte Rehabilitationspläne bilden die Grundlage für erfolgreiche Behandlungen.
Spezialsprechstunden für individuelle Therapien
Das HörCentrum des Uniklinikums bietet Betroffenen individuelle und auf sie zugeschnittene Hilfe in Spezialsprechstunden. Symptome und Beschwerden rund um das Ohr oder das Hören sind vielschichtig und werden vor allem im Kindesalter oft spät erkannt. Daher ist die frühe Diagnose einer Hörstörung schon kurz nach der Geburt für eine normale Entwicklung des Sprachvermögens erforderlich. Demnach bietet das Universitätsklinikum drei spezialisierte Sprechstunden für Hör- und Ohrprobleme an: eine für implantierbare Hörsysteme, eine für allgemeine Ohr- und Hörkrankheiten sowie eine für kindliche Hörstörungen. Hier werden individuelle Behandlungen, Diagnosen und mögliche Therapien wie Cochlea-Implantate besprochen.
Erster CI-Patient praktiziert heute selbst als HNO-Arzt
Der erste Cochlear-Implantat-Patient am SCIC war 1995 Dr. Konstantin Heckschen. Heute ist er selbst HNO-Arzt und nutzt seine eigenen Erfahrungen, um anderen Betroffenen Mut zu machen. „Ich kann meinen Patientinnen und Patienten zeigen, dass ein normales Leben mit Cochlear-Implantat möglich ist und worauf es bei der Rehabilitation wirklich ankommt“, sagt Dr. Konstantin Heckschen, der heute am Klinikum Bad Hersfeld praktiziert. „Zwar ist ein Implantat kein perfektes Ohr, aber ein sehr gutes.“ Besonders wichtig ist ihm, die Skepsis vieler Erwachsener zu nehmen und ihnen zu vermitteln, dass modernes Hören trotz Einschränkungen sehr gut funktionieren kann. Ziel des HNO-Experten ist es, das Thema Hören präsenter zu machen und mehr Aufmerksamkeit für die Chancen der modernen Hörmedizin zu generieren.
Weitreichende Entwicklung seit 1995
„Als ich 1995 mein Cochlear-Implantat bekam, musste ich noch einen Prozessor am Hosenbund tragen, der durch ein Kabel mit meinem Kopf verbunden war“, erinnert sich Dr. Heckschen. Heute sind die Geräte viel kleiner und sitzen direkt am Ohr. Die Implantate sind mittlerweile robuster und mit einer höheren Akkuleistung ausgestattet. Die größten Fortschritte gab es jedoch erst in den letzten Jahren, ermöglicht durch innovative Verarbeitungstechnologien, die das Sprachverstehen in lauter Umgebung erheblich verbessert haben. „Künstliche Intelligenz wird sicher zu nächsten großen Entwicklungen in der Signalverarbeitung und -weitergabe beitragen“, sagt Prof. Marcus Neudert.
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