Infektionen durch Abwasser
15.04.2022 - In Sanitäranlagen lassen sich Bakterien und andere Keime nachweisen. Die Übertragung auf andere Bereiche und Patienten kann oftmals erst durch Umbauten vermieden werden.
Dass sich Pseudomonas-Bakterien regelmäßig in Siphons nachweisen lassen, ist allgemein bekannt. Gleichzeitig zählen Pseudomonasspp. zu den häufigsten Erregern der beatmungsbedingten Pneumonie auf Intensivstationen. Für die Übertragung kommt einerseits das Personal infrage, das sich am Waschbecken kontaminiert und über Hände (bei mangelhafter Händedesinfektion) oder Kleidung den Erreger zum Patientenbett verschleppt. Andererseits sieht man aber auch oft, dass Bettdecken und Kissen mangels Alternative auf Abfallbehältern oder Waschbecken abgelegt werden. So ist die Pseudomonas-Übertragung zum Patientenbett gesichert. Selbst bei engen Raumverhältnissen lässt sich meistens ein Klappbrett an der Wand installieren, auf dem die Bettwäsche – nach Flächendesinfektion – zwischengelagert werden kann.
Intensivstation: Waschbecken gehören nicht in Patientenzimmer
Bei Untersuchungen auf einer Intensivstation konnte gezeigt werden, dass die typischen Fäkal- (und MRGN-) Keime nicht nur in den Siphons sind, sondern auch in den nachfolgenden Fallrohren. Ein Auswechseln von Siphons wird also nicht verhindern, dass die Keime aus den Fallrohren wieder in die Siphons zurückwachsen. Eine regelmäßige Anwendung von Desinfektionsmitteln in den Siphons ist ebenfalls problematisch, da es leicht zu Korrosion und dann zu Wasserschäden kommt. Auf dem Markt erhältlich sind allerdings Siphon-Ummantelungen, die regelmäßig aufheizen und damit desinfizieren. Mehrere Studien konnten zeigen, dass damit eine weitgehende Keimfreiheit des Wassers in den Siphons erreicht werden kann. Allerdings sind die Geräte teuer, teilweise störanfällig und werden meist von der hauseigenen Technik wegen des erheblichen Aufwandes abgelehnt.
MRGN-Keime in den Siphons finden sich nicht selten auf Intensivstationen. Vermutlich gelangen sie dorthin, weil Waschwasser (von MRGN-Trägern) in die Waschbecken entleert wurde. Die KRINKO empfiehlt daher, dass auf Intensivstationen keine Waschbecken mehr in den Patientenzimmern sein sollten.
Neben Siphons sind auch Toiletten nicht selten mit MRGN-Keimen kontaminiert. Etwa 10% der Bevölkerung sind Träger von MRGN-Fäkalkeimen. Bei einem 4MRGN-Pseudomonas-Ausbruch in der Uniklinik Bonn konnten die Erreger in den Spülrändern von Toiletten nachgewiesen werden. Der Ausbruch konnte erst beendet werden, als die Toiletten mit klassischen Spülrändern gegen Spülrand-freie ausgetauscht wurden. Wer einmal in die Spülränder hineingefasst hat, kennt das Problem: Das Porzellan ist rau und von einem schmierigen Biofilm überzogen, in dem ideale Wachstumsbedingungen für Wasserkeime herrschen.
Sollten Abflüsse regelmäßig auf Keime untersucht werden?
Aber auch Abflüsse in den Duschen können ein Problem darstellen, wie ein Fall in einem Essener Krankenhaus zeigt: Dort fiel einem aufmerksamen Mikrobiologen auf, dass die gleiche 4-MRGN-Klebsiella im Jahresverlauf bei vier immunsupprimierten Patienten einer Station nachgewiesen wurde. Die weiteren Ermittlungen ergaben, dass die vier Patienten niemals gleichzeitig im Krankenhaus waren, jedoch immer im gleichen Zimmer lagen. Genau in diesem Zimmer gab es bereits einmal einen auffälligen Wasserbefund und in der Tat konnten nachträgliche Proben im Abfluss der Dusche den 4-MRGN-Keim nachweisen. Wie konnten sich aber die vier Patienten infizieren? Es wird angenommen, dass möglicherweise hin und wieder der Duschkopf nach unten fiel oder auch Duschgel dort abgestellt wurde und dass es so zur Kontamination und dann Übertragung auf die Patienten kam. Somit stellt sich die Frage, ob Abflüsse regelmäßig untersucht und gegebenenfalls nach Keimspektrum kartiert werden sollten.
Aus diesen Erfahrungen ergibt sich auch die Tatsache, dass Bidets im Krankenhaus nichts mehr zu suchen haben. Gleiches gilt für die hochmodernen japanischen Toiletten, bei denen man nicht nur den Sitz temperieren und Musik einschalten kann, sondern bei denen die Analreinigung und Trocknung mittels Dusche und Fön von unten erfolgt. Inzwischen haben selbst die Japaner veröffentlicht, dass diese Toiletten hochgradig mit Fäkalkeimen verunreinigt sind.
Die KRINKO gibt für die Hygiene von abwasserführenden Systemen in medizinischen Einrichtungen viele praktische Tipps, die allerdings überwiegend bei der Renovierung bzw. Beim Neubau umzusetzen sind. So sollen persönliche Utensilien der Patienten in ausreichendem Abstand zum Waschbecken aufbewahrt werden. Bei Waschbecken soll künftig die Abflussöffnung rückwärts in der Wandung liegen und der Abstand zwischen Waschbecken und Bett sollte mindestens einen Meter betragen. Bei einer Neuplanung sollte außerdem auf Waschbecken in Patientenzimmern verzichtet werden. Auch Toilettenschüsseln ohne Spülrand und ein geschlossener Toilettendeckel bei Spülung erhöhen die Hygiene. Weitere Empfehlungen der KRINKO: Keine Durchvorhänge, wandnahe Bodenabläufe in Duschen und ein Spritzschutz, der das Ausgussbecken im unreinen Arbeitsraum vom reinen Bereich trennt.
Autor: Prof. Walter Popp, HyKoMed GmbH, Dortmund