Inhalationsanästhesie: EEG-Monitoring zur individuell angepassten Dosierung
27.07.2021
- Inhalationsanästhetika werden im klinischen Alltag meist anhand von Konzentrationen in der Beatmungsluft dosiert. Der individuelle Bedarf kann aber anhand des Elektroenzephalogramms ermittelt werden.
Aus der aktuellen Literatur geht hervor, dass es bei der Dosierung von Inhalationsanästhetika anhand der endtidalen Konzentration oder des MAC-Werts (minimale alveoläre Konzentration) zu individuellen Unter- oder Überdosierungen kommen kann.
Streuung der Hypnosetiefe bei Inhalationsanästhesien
In einer Untersuchung wurden EEGs und zugehörige MAC-Werte aus Narkoseverläufen analysiert, bei denen die Narkoseführung nach klinischer Einschätzung und MAC bzw. endtidaler Konzentration erfolgte.
Als Inhalationsanästhetikum wurde Sevofluran verwendet. Das EEG wurde verblindet mit dem Narcotrend-Compact M registriert. Die Tiefe der Hypnose lässt sich am Wellenbild des EEG ablesen.
Es zeigte sich, dass MAC-Werte jeweils mit einem großen Streubereich von EEG-Index- werten (NI, Narcotrend-Index) assoziiert waren. Im Steady state gab es sehr flache, aber auch sehr tiefe Narkoseverläufe. Mit zunehmendem Alter bestand eine Tendenz zu sehr tiefen Narkoseverläufen im Überdosierungsbereich, gekennzeichnet durch ein Burst-Suppression-EEG.
Eine EEG-Überwachung der Inhalationsanästhesie ermöglicht es, zu flache Hypnosestadien mit erhöhter Awareness-Wahrscheinlichkeit und zu tiefe Hypnosestadien im Überdosierungsbereich zu vermeiden. MAC-Werte bzw. Empfehlungen für endtidale Konzentrationen können als allgemeine Orientierung für die Dosierung von Inhalationsanästhetika verwendet werden, sie spiegeln aber nicht den individuellen Dosisbedarf wider.
Nutzung des EEG zur Sedierungsüberwachung
Ein wichtiges Anwendungsgebiet für das EEG-Monitoring bei Intensivpatienten ist die Beurteilung der Sedierungstiefe. Auch bei Intensivpatienten kommen Inhalationsanästhetika zur Anwendung, z. T. in Kombination mit intravenösen Hypnotika. Insbesondere bei Gabe von Kombinationen unterschiedlicher Substanzen unterstützt das EEG die Beurteilung der zerebralen Effekte und die Vermeidung zu tiefer und zu flacher Sedierungsstadien.
In einer aktuellen Untersuchung, bei der Intensivpatienten entweder Desfluran, Isofluran oder Sevofluran mit konstanter Dosierung nach altersangepasstem MAC erhielten, wurde gezeigt, dass eine starke negative Korrelation zwischen der Sedierungsdauer und dem Narcotrend-Index bestand. Über den Beobachtungszeitraum von 24 Stunden kam es zu einer deutlichen Vertiefung der Sedierung lt. EEG.
Auch bei Intensivpatienten lässt sich das EEG zur Beurteilung der zerebralen Effekte von Inhalationsanästhetika nutzen. Daneben gibt es weitere Indikationen. Von besonderer Bedeutung ist die Erkennung von epilepsietypischer Aktivität.
EEG-Monitoring mittels Narcotrend-Compact M
Für das intraoperative EEG-Monitoring kann die OP-Version des Narcotrend-Compact M eingesetzt werden. Die Abbildung zeigt den EEG-Stadienverlauf während einer Narkose.
Für das EEG-Monitoring bei Intensivpatienten gibt es den EEG-Monitor Narcotrend-Compact M in einer speziellen Intensiv-Version; diese ist auf die besondere Artefaktsituation auf der Intensivstation abgestimmt.
Es können 1 oder 2 EEG-Kanäle ab- geleitet werden, wobei die Elektroden flexibel positioniert werden können. Das EEG-Signal wird automatisch interpretiert, die Erkennung epilepsietypischer EEG- Aktivität wird durch den Parameter STI (Steile Transienten Intensität) unterstützt. Beide Versionen des Narcotrend-Compact M zeichnen sich dadurch aus, dass die Bewertung des EEG – vom Neugeborenenalter bis ins hohe Lebensalter – alters- bezogen vorgenommen wird.