Langfristig bessere Versorgung von Neugeborenen bei bekannten Risiken vor der Geburt
17.11.2023 - Anlässlich des Welt-Frühgeborenentages am 17. November weisen Experten und Expertinnen darauf hin, dass nicht nur Frühgeborene von einer zentralisierten Versorgung profitieren. Interdisziplinäres Pränatal-Board am Uniklinikum Dresden sorgt für optimale Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Geburt.
Die Grundlagen einer langfristigen Gesundheit werden bereits vor der Geburt gelegt. Wenn Kinder schon im Mutterleib umfassend versorgt sind und es den Müttern ebenfalls gut geht, ist eine gesunde Entwicklung wahrscheinlicher. Auf diesen Zusammenhang machen die Expertinnen und Experten des Zentrums für feto-neonatale Gesundheit am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden anlässlich des Welt-Frühgeborenentages (17. November 2023) aufmerksam. Denn nicht nur zu früh, sondern auch krank geborene Kinder haben oft eine verzögerte Entwicklung. „Dank modernster pränatalmedizinischer Diagnostik ist heute ein frühzeitiges Erkennen kindlicher Erkrankungen bereits im Mutterleib möglich. Dann ist es wichtig, dass die Schwangere von einem interdisziplinären Team versorgt wird, welches die weitere Betreuung der Schwangerschaft und des Neugeborenen plant,“ sagt Prof. Mario Rüdiger, Direktor des Zentrums für feto-neonatale Gesundheit am Universitätsklinikum Dresden. Deshalb kommen am Uniklinikum regelmäßig Expertinnen und Experten aus den Bereichen Pränatalmedizin, Neonatologie, Kinderradiologie, Kinderchirurgie, Genetik, Psychologie, Kinderkardiologie und Neuropädiatrie zusammen, um Schwangere zu besprechen, die im Rahmen der Pränataldiagnostik aufgefallen sind. Durch diese Boards kann Eltern und ihren ungeborenen Kindern frühzeitig, gezielt und individuell geholfen werden.
Marta macht ihren Eltern Freude. Noch ist das Mädchen ein wenig zu leicht. Sie muss das Trinken über das Fläschchen noch lernen und dann genügend zu sich nehmen. Das macht sie aber schon prima. Bald kann sie mit ihren Eltern nach Hause umziehen. Marta ist Anfang November in der 36. Schwangerschaftswoche zur Welt gekommen – einen Monat vor dem errechneten Geburtstermin. Ihre Mama, Juliane Fischer, hatte sich Ende September im Universitätsklinikum mit Zeichen einer Schwangerschaftsvergiftung (Präeklampsie) vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestand bei Marta auch der Verdacht auf eine schwere Zwerchfellhernie, die mit einer zu kleinen Lunge einhergeht. Nach intensiven Untersuchungen sowie der Diskussion des Falles im Interdisziplinären Pränatal-Board am Uniklinikum Dresden konnte diese Diagnose entkräftet werden. „Zum Glück durfte ich dann wieder nach Hause“, sagt die 33-Jährige. Als es ihr jedoch Ende Oktober schlechter ging, wurde sie im Uniklinikum aufgenommen und schließlich der Kaiserschnitt durchgeführt. Nach der Geburt wurde Marta dann nochmals genau untersucht, wobei sich zeigte, dass die Gefäße der Lunge teilweise falsch einmünden – ein Krankheitsbild, welches erst nach der Geburt erkannt und im ersten Lebensjahr operativ behandelt werden muss. Aber jetzt hoffen Juliane Fischer und ihr Partner Marko Ott zunächst, dass sie gemeinsam mit ihrem Baby bald nach Hause dürfen.
„Der Fall zeigt deutlich, wie wichtig eine große Expertise und das Zusammenwirken verschiedener Disziplinen bei Risikoschwangerschaften und Frühgeburten ist“, sagt Prof. Mario Rüdiger, Direktor Zentrum für feto-neonatale Gesundheit am Universitätsklinikum Dresden. Deshalb sind ihm und dem Team der Geburtshilfe die gemeinsamen Boards so wichtig. Hier werden die Patientinnen von der Pränataldiagnostik um Prof. Cahit Birdir, Leitender Oberarzt für Geburtshilfe und Pränataldiagnostik, oder aus den kooperierenden niedergelassenen Praxen vorgestellt. Gemeinsam diskutieren Expertinnen und Experten aus der Pränatalmedizin, Neonatologie Kinderradiologie, Kinderchirurgie, Genetik, Psychologie, Kinderkardio- oder -nephrologie sowie Neuropädiatrie, wie die optimale Betreuung während der Schwangerschaft beziehungsweise nach der Geburt aussehen sollte. „Die Pränataldiagnostik kann heute sehr viel entdecken, wichtig ist aber auch zu besprechen, wie die weitere Versorgung erfolgen sollte“, so Prof. Birdir.
„Diese Versorgung aus einer Hand ist ein wichtiger Bestandteil am Universitätsklinikum Dresden. Hier zeigt sich wieder exemplarisch, dass eine Konzentration von Expertise sowie eine Zentralisierung der Versorgung erforderlich ist, um eine langfristig bessere Versorgung dieser Kinder zu realisieren“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand am Universitätsklinikum Dresden.
Ein Zeichen der Solidarität
Einmal im Jahr machen betroffene Familien, sowie Expertinnen und Expertinnen aus der Neonatologie und Pränatalmedizin auf die besonderen Bedürfnisse von Frühgeborenen aufmerksam. Am Welt-Frühgeborenentag, der regelmäßig am 17. November begangen wird, finden Infoveranstaltungen statt und werben Betroffene für eine adäquate Versorgung der kleinen Patienten. In diesem Jahr steht insbesondere die zentralisierte Versorgung extrem unreif geborener Kinder im Mittelpunkt des Interesses. „Die Geschichte von Marta zeigt, wie wichtig eine Zentralisierung der Versorgung ist. Diese umfangreiche Expertise können nur Zentren vorhalten, die im Jahr sehr viele Frühgeborene betreuen; alles andere wäre eine Ressourcenverschwendung,“ so Prof. Rüdiger. Von Frühgeborenen spricht man bei einer Geburt vor der 37. Woche. Etwa jedes zehnte Kind wird so zeitig geboren. Sehr unreif, das heißt vor der 32. Schwangerschaftswoche, kommen etwa ein Prozent aller Kinder zur Welt.
Im Uniklinikum wurden im vergangenen Jahr (2022) 71 Kinder mit einem Geburtsgewicht unter 1.250 Gramm geboren. Zahlenmäßig ist das Uniklinikum damit das größte Perinatalzentrum in Sachsen – neben Dresden werden Frühgeborene auch in Leipzig und Chemnitz behandelt. Die große Erfahrung ermöglicht es, dass auch Kinder, die bei Geburt weniger als 500 Gramm wiegen, gesund überleben. Sachsen hat die niedrigste Säuglingssterblichkeit in Deutschland. Das Universitätsklinikum Dresden ist das einzige ostsächsische Perinatalzentrum der höchsten Versorgungsstufe – dem sogenannten ‚Level 1‘. Dies garantiert Müttern und Vätern die Sicherheit einer optimalen ärztlichen wie pflegerischen Versorgung, vor, während und nach der Geburt, unabhängig davon, ob es sich um eine Risiko- oder Mehrlingsschwangerschaft handelt oder um eine ganz normal verlaufende Schwangerschaft.
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