Auszeichnungen

Modulare Mikrogel-Plattform für Diagnose, Therapie und realistische Krankheits- und Gewebemodelle

22.04.2023 - Den Doktorandenpreis des Vereins zur Förderung des Leibniz-Instituts für Polymerforschung Dresden e. V. (IPF) erhält in diesem Jahr Herr Dr. Sebastian Kühn für seine Dissertation „A biohybrid microgel platform for in vitro tissue models, multiplex bioassays and new therapeutic applications“.

Die Arbeit wurde von Herrn Prof. Carsten Werner am IPF betreut und 2022 an der Technischen Universität Dresden verteidigt. Sebastian Kühn konnte in seinem interdisziplinären Promotionsprojekt wichtige Beiträge zur Entwicklung einer modularen Materialplattform aus Hydrogel-Mikropartikeln, sogenannten Mikrogelen, leisten. Die Arbeiten von Sebastian Kühn ermöglichen den Einsatz von Mikrogelen zur Bestimmung der Proteaseaktivität in diagnostischen Assays für chronische Hautwunden, zur Steuerung von Entwicklungsprozessen in Gewebemodellen und zur Behandlung von chronischen Darmerkrankungen.

Chronische Wunden werden häufig durch erhöhte und damit gewebeschädigende Aktivität von Proteasen, also Enzymen, die Proteine oder Peptide spalten können, verursacht. Davon sind viele Millionen Patienten weltweit betroffen. Gemeinsam mit weiteren Wissenschaftlern am IPF konnte Sebastian Kühn eine Mikrogelplattform entwickeln und testen, die Moleküle enthält, die durch Proteasen zersetzt werden können. Die Mikrogele erlauben perspektivisch eine bessere Diagnose und erleichtern somit eine zielgerichtete Behandlung. Herr Kühn führte die Arbeiten bis zur Entwicklung eines hochdurchsatzfähigen Multiplex-Assays zur simultanen Bestimmung der Aktivität einer Vielzahl an Proteasen in chronischen Wunden.

Im Rahmen des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Transregio-Sonderforschungsbereichs „Funktionelle Biomaterialien zur Steuerung von Heilungsprozessen in Knochen- und Hautgewebe“ erkundete Sebastian Kühn außerdem einen neuartigen Ansatz zur lokalen Steuerung von Signalgradienten in Gewebemodellen. Es gelang, 3D-Gewebekulturen auf Basis von Glykosaminoglykan-basierten Mikrogelen zu erzeugen, in denen entwicklungsregulierende Signalmoleküle, sogenannte Morphogene, mit abstufbaren Kinetiken von den Mikrogelen lokal freigesetzt werden. Erstmals kann damit die Bildung von vaskulären Netzwerken im 3D-Angiogenese-Modell und in nierentypischen Organoidkulturen mit hoher räumlicher, quasi zellulärer Auflösung gesteuert werden. Das öffnet den Weg zu realistischen Krankheits- und Gewebemodellen. Die zu Grunde liegende Materialplattform und Methodik ist auch auf andere biologische Systeme anwendbar.

Auch für die Behandlung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen, welche mehr als 6 Mio. Patienten weltweit betreffen, hat Sebastian Kühn geeignete Mikrogele entwickelt.

Über biomolekulare Wechselwirkungen konnten entzündungsfördernde Chemokine, eine Klasse von Signalproteinen, die die Einwanderung von Immunzellen in das entzündete Darmgewebe regulieren, effektiv an Mikrogele gebunden und so inaktiviert werden. Die entwickelten Mikrogele milderten den Krankheitsverlauf in einem Tiermodell für Colitis, und eine weiterführende Testung der vielversprechenden Materialien könnte deren künftige Anwendung in der Humanmedizin ermöglichen. Darüber hinaus zeigen die Versuche, dass sich das anti-inflammatorische Wirkprinzip, welches erstmals für chronische Hautwunden beschrieben wurde, auch auf andere entzündliche Erkrankungen übertragen lässt und damit großes Potential für weitere Therapieansätze aufweist.

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