Aus den Kliniken

Neue Erkenntnisse zu seltenen Hirnvenenthrombosen nach einer AstraZeneca-Impfung

14.09.2021 - Sicherer Rückgang der pathogenen Antikörper innerhalb von drei Monaten – Abstand zur Zweitimpfung sollte dementsprechend ausreichend lang sein.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Abteilung Transfusionsmedizin der Universitätsmedizin Greifswald haben in der renommierten medizinischen Fachzeitschrift New England Journal of Medicine neue Erkenntnisse zu seltenen Hirnvenenthrombosen nach einer AstraZeneca-Impfung veröffentlicht.

„Die gefährlichen Anti-PF4-Antikörper, die zu Hirnvenenthrombosen nach einer AstraZeneca-Impfung gegen Covid-19 führen können, verschwinden bei den meisten Patienten innerhalb von drei Monaten wieder. Die Betroffenen können ohne Risiko ein zweites Mal geimpft werden, ohne dass die Antikörper wieder gebildet werden“, informierte der Leiter der Abteilung für Transfusionsmedizin, Prof. Dr. Andreas Greinacher. „Daher ist ein Abstand zur Zweitimpfung von drei Monaten klar zu empfehlen.“

„Betroffene sind nicht langfristig gefährdet, immer wieder neue Thrombosen zu bekommen. Die Antikörper aktivieren die Blutgerinnung nur eine kurze Zeit nach der Impfung. Dies ist eine unglaublich gute Nachricht für alle Betroffenen und ihre Familien“, betonte die Erstautorin Dr. Linda Schönborn die Bedeutung der neuen Erkenntnisse. „Menschen, die nach der ersten Impfung die schwere Nebenwirkung Vakzin-induzierte Immunthrombozytopenie und Thrombosen (VITT) entwickelt haben, können ein zweites Mal geimpft und so vor Covid-19 geschützt werden.“

Erkenntnisse helfen weltweit

Auf der Basis der Untersuchungen der Arbeitsgruppe des Transfusionsmediziners Professor Dr. Andreas Greinacher und des Experten für Bioinformatik, Professor Dr. Lars Kaderali, in Greifswald wurden viele der betroffenen VITT-Patienten bereits ein zweites Mal geimpft, um einen vollen Schutz gegen Covid-19 zu erhalten. Bei keinem hat die zweite Impfung mit einem mRNA-Impfstoff von BioNTech Pfizer oder Moderna zu Komplikationen geführt. „Diese Ergebnisse sind weltweit von größter Bedeutung. In den meisten Ländern stehen nur die Adenovirus-basierte Impfstoffe, wie die Impfstoffe von AstraZeneca oder Johnson & Johnson, zur Verfügung“, so Greinacher.

Über den jüngsten Erfolg freute sich auch der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Unimedizin Greifswald, Mathias Brodkorb. „Die Greifswalder Erkenntnisse helfen dabei, die Impfung für hunderte Millionen Menschen sicherer zu machen. Das ist universitäre Spitzenforschung made in MV.“

Die Erstautorin und Mitarbeiterin der Transfusionsmedizin Dr. Linda Schönborn ist Stipendiatin des 2008 ins Leben gerufenen Greifswalder Gerhard-Domagk-Nachwuchsförderprogramms. „Wir sind stolz auf unsere Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler“, unterstrich der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Greifswald, Prof. Karlhans Endlich. „Die konsequente Förderung ist enorm wichtig, um auch weiterhin Forschung auf hohem Niveau betreiben und Fortschritte in der Medizin erzielen zu können.“

Bereits im März dieses Jahres hat die Arbeitsgruppe um Professor Andreas Greinacher die Ursachen für die Entstehung von Hirnvenenthrombosen nach einer Covid-19-Impfung aufgeklärt, einen Labortest zum Nachweis sowie eine Behandlungsmöglichkeit entwickelt. Die Ursache für die schwere Impfnebenwirkung VITT sind Antikörper gegen das Thrombozytenprotein Plättchenfaktor 4 (PF4), die die Blutgerinnung stark aktivieren. Die Antikörper werden durch Bestandteile im Impfstoff, die sich an PF4 binden, ausgelöst. Diese Ergebnisse wurden mittlerweile von mehreren Arbeitsgruppen international bestätigt. Das Greifswalder Wissenschaftsteam arbeitet weiter mit Hochdruck an der Erforschung der Impfnebenwirkungen und wird zeitnah über neue Ergebnisse berichten.

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