Labor & Diagnostik

Neuer Bluttest für Therapie bei schwarzem Hautkrebs

12.10.2024 - In einer Studie konnten Forschende aus Tübingen zeigen, dass die Liquid Biopsy eine aufwendige radiologische Diagnostik bei Hautkrebs ergänzen kann.

Die Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren hat die Überlebensrate von Personen mit schwarzem Hautkrebs (Melanom) im fortgeschrittenen Stadium deutlich verbessert. Ob Patienten auf die Therapie ansprechen, kann allerdings erst etwa drei Monate nach Therapiebeginn durch radiologische Bildgebung überprüft werden. Liquid Biopsy kann schon deutlich früher Hinweise darauf liefern, ob der Tumor zurückgeht. In einer Studie konnten Forschende aus Tübingen zeigen, dass die Liquid Biopsy eine aufwendige radiologische Diagnostik bei Hautkrebs ergänzen kann.

Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) sind Antikörper, die das körpereigene Immunsystem im Kampf gegen den Krebs stärken. Seit der Zulassung der ICI für die Behandlung von fortgeschrittenem schwarzem Hautkrebs hat sich die zehn Jahres Überlebensrate von Patienten mehr als verdoppelt. Nicht nur inoperable Metastasen können mit ICI behandelt werden. Seit wenigen Jahren werden ICI auch nach der operativen Entfernung von Hochrisikomelanomen oder Metastasen angewendet. Das Risiko für ein Wiederauftreten der Erkrankung (Rezidiv) kann so minimiert werden.

ICI können als Nebenwirkung allerdings ernsthafte gesundheitliche Probleme verursachen. Denn die natürliche Bremse des Immunsystems wird gelöst, Immunzellen können dann auch das körpereigene Gewebe oder gesunde Organe angreifen. Da zudem nur etwa jeder zweite Patient und jede zweite Patientin auf die Therapie anspricht, ist es wichtig, möglichst früh zu erkennen, bei wem die Therapie wirkt und bei wem nicht. Um festzustellen, ob und wie sich der Krebs entwickelt, wird eine Staging-Diagnostik mittels Ganzkörper-Computertomographie (CT) oder PET-CT durchgeführt. Im Gegensatz zum herkömmlichen Ganzkörper-CT können beim PET-CT zusätzliche Informationen über die Stoffwechselaktivität des Tumorgewebes erfasst werden. ICI brauchen Zeit, um ihre volle Wirkung entfalten zu können. Ob das Tumorgewebe auf die Therapie anspricht, wissen Ärztinnen und Ärzte daher erst etwa drei Monate nach Therapiebeginn.

Liquid Biopsy zeigt Menge an Tumor-DNA im Blut

Parallel zur Staging-Diagnostik haben Forschende aus Tübingen deshalb in einer Studie ein Monitoring mit einem neuen Verfahren, der sogenannten Liquid Biopsy, durchgeführt ‒ ein Bluttest, mit dessen Hilfe im Körper zirkulierende Tumor-DNA erfasst und ausgewertet werden kann. Routinemäßig wird die Liquid Biopsy bereits bei Brust- und Lungenkrebs durchgeführt. Beim schwarzen Hautkrebs wird die Liquid Biopsy derzeit nur in Einzelfällen angewendet und wird in der Routineversorgung nicht von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Doch die Liquid Biopsy wird immer relevanter. „Im Gegensatz zum PET-CT ist sie deutlich kostengünstiger und kann mehrfach in kurzer Zeit wiederholt werden, zum Beispiel monatlich. Bereits wenige Wochen nach Therapiebeginn mit ICI zeigt der Test, ob die Menge an Tumor-DNA im Blut zurückgeht oder zunimmt“, erklärt Prof. Dr. Andrea Forschner, Leiterin der Melanomambulanz an der Universitäts-Hautklinik Tübingen. Gemeinsam mit Dr. Christopher Schroeder vom Institut für Medizinische Genetik und Angewandte Genomik hat Forschner in einer Studie untersucht, ob die Liquid Biopsy anzeigt, dass Patientinnen und Patienten auf die ICI ansprechen. „Wir wollten wissen, wie zuverlässig die Liquid Biopsie anzeigt, dass die Therapie wirkt – beziehungsweise Rezidive entdeckt werden können“, erklärt Forschner. Neue bioinformatische Analysemethoden, entwickelt in der Gruppe von Prof. Dr. Stephan Ossowski vom Institut für Medizinische Genetik und Angewandte Genomik, machen dabei die Identifikation geringster Mengen an Tumor-DNA im Blutplasma möglich.

Bluttest könnte PET-CT bei Melanomen ergänzen

Die Hälfte der fortgeschritten metastasierten Melanompatientinnen und -patienten mit inoperablen Metastastasen lebt nach der Diagnose durch die ICI-Therapie noch länger als zehn Jahre. Mittlerweile gibt es einige Patientinnen und Patienten, bei denen sogar alle Metastasen verschwinden. „Die Strahlenbelastung durch radiologische Diagnostik sollte deshalb so gering wie möglich gehalten werden, um das Risiko für langfristige Folgeschäden zu minimieren“, betont die Melanomforscherin Forschner. Die Ergebnisse der Studie wurden nun in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
In der Studie verwendete das Studienteam ein neues Verfahren der Liquid Biopsy, das an 87 Melanompatientinnen und -patienten alle paar Wochen durchgeführt wurde. Hierbei wurde nicht nur eine einzelne genetische Veränderung des Tumors im Bluttest untersuchten, sondern bis zu 30 unterschiedliche. „Mit der neuen Methode war es möglich, auch sehr geringe Mengen von Tumor-DNA im Blut zu erfassen, was insbesondere bei der regelmäßigen Kontrolle möglicher Rezidive wichtig ist“, erklärt Schroeder. Die Ergebnisse der Liquid Biopsies wurden mit denen des PET-CTs verglichen.

Liquid Biopsy soll von Krankenkassen finanziert werden

„Wir konnten zeigen, dass sich durch eine regelmäßige Liquid Biopsy früher als im PET-CT sagen lässt, ob ein Patient oder eine Patientin auf die ICI anspricht oder nicht“, erklärt Forschner. Insbesondere Patientinnen und Patienten, die nicht auf die ICI-Therapie ansprechen, aber Nebenwirkungen entwickeln, könnten so früher auf andere Therapien umgestellt werden. Alle tumorfreien Patientinnen und Patienten, bei denen die Entwicklung eines Rezidivs überwacht wurde, blieben im Studienzeitraum sowohl in der Liquid Biopsy als auch im PET-CT negativ, was auf eine hohe Zuverlässigkeit der Liquid Biopsy hinweist. Diesen Patientinnen und Patienten könnte durch den Bluttest zukünftig eine eng getaktete radiologische Diagnostik erspart werden, bei auffälligen Liquid Biopsies könnte frühzeitig eine radiologische Diagnostik angeboten werden.

Derzeit arbeitet das Studienteam daran, das Monitoring mittels Liquid Biopsy in weiteren Studien zu prüfen, um es zukünftig bei allen Melanompatientinnen und -patienten anwenden zu können. Zudem müsste das Monitoring von den Krankenkassen erstattet werden. Aktuell ist die Finanzierung, abgesehen von Einzelfällen, nur über Forschungsgelder möglich. Die Studie wurde durch Fördergelder der Stiftung Immunonkologie refinanziert.

Kontakt

Universitätsklinikum Tübingen

Hoppe-Seyler-Str. 6
72076 Tübingen

Folgen Sie der
Management & Krankenhaus

 

 

MICROSITE Gesundheits-technologie

Lesen Sie hier

MICROSITE Digitale Identität

Lesen Sie hier

MICROSITE Smart Soft Locker Solutions

Lesen Sie hier

Folgen Sie der
Management & Krankenhaus

 

 

MICROSITE Gesundheits-technologie

Lesen Sie hier

MICROSITE Digitale Identität

Lesen Sie hier

MICROSITE Smart Soft Locker Solutions

Lesen Sie hier