Niko Hensel ist neuer Professor für Anatomie an der Universitätsmedizin Halle
09.10.2023 - Seit 1. Oktober 2023 ist Prof. Dr. Niko Hensel als neuer Professor für Anatomie an die Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) berufen.
Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der Molekularen Anatomie: „Ich finde es faszinierend, wie ein einzelnes Molekül den gesamten menschlichen Körper beeinflussen kann – besonders im Sinne von Erkrankungen oder bei Therapien“, erklärt Prof. Hensel. Als Biochemiker lehrte er zunächst in der Anatomie und führte beide Bereiche schließlich in seiner Forschung zusammen.
Im Körper spielen zahllose Signalwege ineinander, die Prozesse sind unglaublich komplex. „Viele Forschungsprojekte reduzieren sich auf einen oder wenige Signalwege. Ich interessiere mich für ganze Signalnetzwerke“, so der 40-Jährige. Stark vereinfacht gleichen diese einem weitgehend unbekannten Straßennetz. Im übertragenen Sinn untersucht Niko Hensel die Autobahnkreuze, also wichtige Verbindungen der zellulären Kommunikation. Wird deren Funktion gestört, ist Chaos vorprogrammiert. Ein Beispiel ist das Protein B-Raf, das Wachstumssignale der Zellen reguliert, verschiedene Signalwege verknüpft und Gegenstand seiner Forschung ist. Wie Hensel nachweisen konnte, wird im Fall der Spinalen Muskelatrophie, einer neuromuskulären Erkrankung von Neugeborenen und Kindern, zu wenig B-Raf gebildet. Das führt dazu, dass bestimmte Nervenzellen degenerieren. „B-Raf in der Neurodegeneration ist eines von vielen Beispielen. Es geht darum, zentrale Verbindungspunkte ausfindig zu machen und die Wissensgrundlagen zu schaffen, um gezielt mit Therapien anzusetzen“, so der Biochemiker.
Dass an der Universitätsmedizin Halle das Fach Anatomie und der Forschungsschwerpunkt „Molekulare Mechanismen der Signaltransduktion“ aufeinandertreffen, bezeichnet er als perfekte Kombination. Mit einem Herzensprojekt will er neue Brücken in die Onkologie schlagen. „Auch bei Krebs spielt B-Raf eine Rolle, das Protein ist hier überaktiviert. Blockiert man B-Raf in Krebszellen auf molekularer Ebene, lassen sich vielversprechende Effekte beobachten“, so Prof. Hensel. Problematisch seien dabei Resistenzen der Krebszellen gegenüber Wirkstoffen. „Die Erkenntnisse darüber, welche Mechanismen in der Spinalen Muskelatrophie zum Untergang der Nervenzellen führen und wie es zu den Pharmakoresistenzen kommt, ließen sich möglicherweise in die Krebstherapie einbringen. Hier gibt es zahlreiche Anknüpfungspunkte in der Onkologie der Universitätsmedizin Halle.“
In der Lehre befasst er sich klassisch mit den anatomischen Grundlagen, der Struktur und Funktion des menschlichen Körpers, aber auch mit Aspekten der Biomedizin. „Ich will molekulare Prinzipien in die Medizin bringen, Inhalte und Fragen der experimentellen Medizin mit den Methoden der Molekularbiologie und Zellbiologie verbinden. Wir brauchen mehr forschende Mediziner*innen. Das erfordert die Fähigkeit, medizinische Forschungsfragen aus der molekularen Perspektive zu betrachten“, erklärt Prof. Hensel. Seine Formel für gute Lehre: Möglichst viel Interaktion unter den Studierenden und mit den Lehrenden. „Diejenigen, die Peer-Learning betreiben, haben große Vorteile im Studium.“
Niko Hensel studierte Biochemie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), wurde anschließend mit einem Promotionsstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert und 2014 am Zentrum für systemische Neurowissenschaften in Hannover promoviert. Er war bis 2021 als Postdoktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der MHH tätig, bevor er eigene Projekte im Rahmen eines Forschungsjahres am Ottawa Hospital Research Institute in Kanada durchführte.
Prof. Dr. Heike Kielstein, Dekanin der Medizinischen Fakultät der MLU, erklärt: „Mit Prof. Dr. Niko Hensel gewinnt unser Standort einen engagierten Naturwissenschaftler, der mit seinem Profil in der Forschung insbesondere den Forschungsschwerpunkt Molekulare Medizin stärken und innovative Impulse in der anatomischen Lehre setzen wird.“