Ohne Standards geht es nicht
06.12.2023
- Krankenhäuser stehen nicht erst seit dem KHZG vor enormen Herausforderungen, was die Umsetzung von Digitalisierungsprojekten angeht.
Die Entscheidung von SAP, die branchenspezifische Lösung IS-H für Abrechnung und Patientenmanagement abzukündigen und keinen Nachfolger mehr anzubieten, setzt die Entscheider zusätzlich unter Druck, sich nach Alternativen umzusehen. Wie ein schneller und ressourcenschonender Umstieg gelingen kann, erläutert Matthias Meierhofer, Vorstandsvorsitzender und Gründer der Meierhofer AG, München im Interview.
M&K: Im Oktober 2022 hatte der Softwarehersteller SAP angekündigt, keine Nachfolgelösung für seine Branchenlösung SAP IS-H bereitzustellen. Spätestens 2030 ist auch mit der Wartung Schluss. Die bisherigen i.s.h.med-Häuser sind nun auf der Suche nach kostengünstigen Alternativen mit offenen Systemen. Wie haben Sie als KIS-Anbieter darauf reagiert?
Matthias Meierhofer: Frühzeitig. Glücklicherweise haben wir uns bereits 2019 dazu entschieden, zweigleisig zu fahren und unsere eigene Abrechnungslösung neu zu entwickeln. Diese steht ab 2024 unseren Kunden zur Verfügung und wird ab 2025 bei allen Hamburger Asklepios Kliniken ausgerollt. Somit sind wir gut im Zeitplan für eine Alternative zu den abgekündigten SAP-Produkten.
Da wir auch für das Patientenmanagement eine eigene Lösung anbieten, die mittlerweile in unseren drei Zielmärkten Deutschland, Österreich und der Schweiz aktiv ist, können wir unseren Kunden eine verlässliche und funktionierende Alternative anbieten.
Ihre Kunden dürfen sich also entspannt zurücklehnen?
Meierhofer: So würde ich das nicht sagen. Fakt ist, wir haben sehr gute Lösungen und ein hochmotiviertes und erfahrenes Team. Fakt ist aber auch, dass die Zeit für die Umstellung für deutschen Krankenhäuser mit i.s.h.med und all denen, die SAP IS-H nutzen, auf neue Systeme sehr knapp ist. Das kann sich jeder ausrechnen, der den Markt kennt. Ich sehe in dieser Situation jedoch eine große Chance. Bislang hat jedes Krankenhaus an seiner individuellen IT-Landschaft gebaut und es sind viele Ressourcen bei der unterschiedlichen Ausgestaltung ein und derselben Prozesse gebunden worden. Das muss nun ein Ende haben. Eine Aufnahme ist eine Aufnahme und kann digital immer gleich abgebildet werden. So eine Prozessharmonisierung bietet viele Vorteile. Software kann schneller eingeführt werden, die Kommunikation zwischen den Einrichtungen wird einfacher und auch Personal ist schneller eingearbeitet.
Gemeinsam mit unseren Kunden haben wir in den letzten fünf Jahren ein Einführungskonzept, wir nennen es M-KIS Now, entwickelt, das praxiserprobte Prozesse beschreibt und einen zeit- und geldsparenden Umstieg auf ein neues KIS möglich macht. Und es funktioniert sehr gut. Anfang Oktober ist unser erster Kunde mit M-KIS nach nur einem Jahr Projektlaufzeit nach dem Standard von M-KIS Now gestartet. Anfang 2024 wird das nächste Klinikum folgen. Mit 80% Standard und 20 % Individualität migrieren wir neue Kunden binnen 12 Monaten.
In Zeiten von Fachkräftemangel auch in den IT-Abteilungen ist eine möglichst reibungslose Migration gefragt. Welche Vorteile bieten Standards bei der Implementierung eines neuen KIS?
Meierhofer: Der größte Vorteil ist, dass wir das KIS mit einer deutlich höheren Geschwindigkeit einführen können. Durch Standardisierung wird aber auch die IT-Abteilung entlastet, was in Zeiten anhaltenden Fachkräftemangels ein wichtiger Aspekt bei der Einführung neuer IT-Lösungen ist. Die 80 % Standard von M-KIS Now bilden die wesentlichen Prozesse für Ärzteschaft, Pflege, Therapie, Ambulanz und Verwaltung ab. Die restlichen 20% werden individuell an die Kundenbedürfnisse angepasst. Erst in diesen Deltagesprächen ist das Personal der IT-Abteilung involviert. Ein weiterer Vorteil ist, dass Key-User bereits sehr frühzeitig geschult werden können und somit schneller mit dem System vertraut sind. Dieses Wissen tragen sie an ihre Kollegen weiter. Da wir die Krankenhäuser im Bereich Schulungen ebenfalls alltagstauglich, das heißt auch mit Video-Tutorials, unterstützen, wird das IT-Personal noch mehr entlastet.
Neben Abrechnung und Patientenmanagement sind immer mehr Funktionen gefragt, die auch weitere Prozesse digital unterstützen und Mitarbeitende entlasten. Welche Entwicklungen sind für M-KIS geplant?
Meierhofer: Wir passen unser M-KIS natürlich ständig den Anforderungen an neue Technologien an. Dazu gehört die Ausrichtung als cloudfähige Lösungen sowie die Unterstützung von KI-Funktionalitäten. Denn intelligente Systeme zur Entscheidungsunterstützung sind besonders gefragt. Das bieten wir z.B. mit unserer Medikationslösung. Hier geben integrierte Medikationsschecks wie Prüfungen auf Wechselwirkungen und Allergien Hinweise auf eventuelle Kontraindikationen. Das Medizincontrolling unterstützen wir mit KI-basierten Kodiervorschlägen für die Erlössicherung.
Darüber hinaus entwickeln wir unsere Lösungen immer weiter und richten sie auf die verschiedenen Einsatzszenarien und verändertes Anwenderverhalten in den Krankenhäusern aus. So setzen Klinikmitarbeitende für ihre Dokumentation zunehmend auf Tablets, zum Beispiel bei der Visite, aber auch im OP oder in der Anästhesie. Die M-KIS Oberfläche wir deshalb von UX-Designern entwickelt, die das adaptive Design berücksichtigen.
Ein wichtiger Schritt in Richtung Entlastung des Krankenhauspersonals gehen wir auch mit unseren Dienstleistungen. So unterstützen wir mit unserem Angebot an Managed Services die IT-Abteilungen, indem sie bestimmte Leistungen wie das Incident-, Applikations- und Updatemanagement an uns auslagern können. Und mit unseren Schulungskonzepten der Meierhofer Akademie bieten wir passgenaue Lernangebote für die unterschiedlichsten Berufsgruppen im Klinikalltag, sodass alle Anwender die Digitalisierung schnell und einfach nutzen lernen.