Prostatakrebs: Martini-Klinik prüft verbesserte Hormontherapie
03.03.2011 -
Prostatakrebs im fortgeschrittenen Stadium kann durch Operation oder Bestrahlung nicht erfolgreich behandelt werden. Vorübergehend aufhalten lässt sich der Krankheitsverlauf mit einer Hormonentzugstherapie. In der Martini-Klinik am Hamburger Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) werden derzeit unter Leitung von Priv.-Doz. Dr. Thomas Steuber neue Hormontherapieverfahren erprobt, die das Krebswachstum längerfristig stoppen sollen.
Jährlich erkranken etwa 64.000 Männer neu an Prostatakrebs. Damit ist der Tumor an der Vorsteherdrüse die häufigste Krebserkrankung des Mannes. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei knapp über 70 Jahren, rund 12.000 Patienten sterben jährlich an den Folgen. „Wächst der Tumor bereits über die Grenzen der Prostatakapsel hinaus oder haben sich Fernmetastasen gebildet, ist eine Behandlung mit herkömmlichen Verfahren wie Operation oder Bestrahlung nicht Erfolg versprechend. In solchen Fällen wenden wir eine Hormonentzugstherapie an", erläutert Dr. Steuber. Diese kann chirurgisch (Entfernung der hormonproduzierenden Hoden) oder medikamentös erfolgen. „Mit diesen Verfahren sinkt der Testosteronspiegel auf das so genannte Kastrationsniveau und führt bei 80% aller Patienten zu einem Wachstumsstillstand des Tumors."
Bei manchen Patienten hält dieser Zustand viele Jahre an; im Durchschnitt jedoch flammt das Krebswachstum nach zwei bis drei Jahren wieder auf. Die Tumorzellen reagieren dann nicht mehr auf den Entzug der männlichen Geschlechtshormone und wachsen hormonunabhängig („kastrationsresistent"). Dr. Steuber: „Diesen Männern konnten wir bislang nur noch eine belastende Chemotherapie mit geringem Überlebensvorteil von zwei Monaten anbieten."
Das könnte sich bald ändern: Derzeit befinden sich verschiedene Medikamente in der klinischen Erprobung, die auch bei metastasiertem, hormonunabhängig wachsendem Prostatakrebs noch wirken und den Krankheitsverlauf aufhalten können. „Die neuen Medikamente zielen auf andere Mechanismen der Hormonregulation, denn neuesten Erkenntnissen zufolge scheint die Prostatakrebszelle auch im fortgeschrittenen Krankheitsstadium noch hormonell reguliert zu wachsen", erklärt der UKE-Experte.
Die Substanzen Orteronel und Abirateron hemmen Schlüsselenzyme der Hormonsynthese und können somit auch in der Prostatakrebszelle wirken. Erste Auswertungen der so genannten COU 301-Studie, bei der weltweit über 1.000 Männer mit Abirateron oder einem wirkstofffreien Scheinmedikament (Placebo) behandelt wurden, zeigten einen statistisch bedeutsamen Überlebensvorteil von durchschnittlich 4,2 Monaten in der Abirateron-Gruppe. „Um betroffenen Männern das neue Medikament schnellstmöglich zugängig zu machen, wurde über das Bundesamt für Arzneimittel ein so genanntes Härtefallprogramm beantragt und inzwischen auch bewilligt", so Steuber. Jetzt kann Abirateron in 16 ausgewählten Prüfzentren in Deutschland, darunter in der Martini-Klinik, bei Patienten mit metastasiertem, kastrationsresistenten Prostatakrebs angewandt werden.
Eine weitere Substanz mit dem Namen MDV 3100 blockiert spezielle Bindungsstellen (Androgenrezeptoren) an der Tumorzelle und bremst somit ebenfalls das Tumorwachstum. MDV 3100 wird derzeit im Rahmen einer internationalen, placebokontrollierten Studie für Patienten, die bereits mit einer Chemotherapie behandelt wurden, untersucht. Eine weitere Studie für Patienten ohne Chemotherapie-Vorbehandlung soll noch in diesem Jahr beginnen. Fazit Dr. Steuber: „Insgesamt verzeichnen wir eine sehr erfreuliche Entwicklung bei der medikamentösen Hormonentzugstherapie. Diese gibt Anlass zu berechtigter Hoffnung für Männer mit fortgeschrittenem Prostatakrebs."
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