Aus den Kliniken

Proteine im Blut können das Risiko für die Entwicklung von mehr als 60 Krankheiten voraussagen

23.07.2024 - Eine neue kollaborative Studie von Forschenden des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH), Queen Mary University of London, University College London, University of Cambridge und des pharmazeutischen Unternehmens GlaxoSmithKline (GSK) zeigt, dass Proteine, die in einem einzigen Blutstropfen gemessen werden, Risikovorhersagen für eine Vielzahl von Krankheiten treffen können.

Die Forschungsergebnisse, die unter der Leitung von Prof. Dr. Claudia Langenberg in der renommierten Fachzeitschrift Nature Medicine veröffentlicht wurden, belegen, dass sogenannte Protein-Signaturen das Risiko für das Auftreten von 67 verschiedenen Krankheiten vorhersagen können. Dazu gehören unter anderem das Multiple Myelom, das Non-Hodgkin-Lymphom, Motoneuronen-Krankheit, Lungenfibrose und dilatative Kardiomyopathie.

In nur einem Blutstropfen sind tausende Proteine, die wichtige Erkenntnisse über das Auftreten möglicher Erkrankungen geben können. Im Rahmen des Projekts UK Biobank PharmaProteomics (UKB-PPP), der bisher größten Proteomstudie, haben die Forscher*innen die Daten von etwa 3.000 Plasmaproteinen aus einer zufällig ausgewählten Gruppe von über 40.000 Blutproben analysiert, die mit Informationen aus den elektronischen Gesundheitsakten der Teilnehmer*innen verknüpft sind.

Neue Möglichkeiten für rechtzeitige Diagnosen

Durch modernste Analyseverfahren konnten die Forscher*innen identifizieren, welche 5 bis 20 Proteine im Blut die relevantesten für die Vorhersage bestimmter Krankheiten sind. Die Proteinvorhersagemodelle konnten eine bessere Vorhersagegenauigkeit aufweisen als herkömmliche Modelle, die auf klinischen erfassten Standardinformationen wie Blutbild, Cholesterin, Nierenfunktion und Diabetestests basieren. Damit eröffnet die Forschung neue Vorhersagemöglichkeiten für ein breites Spektrum von Krankheiten, einschließlich seltener Erkrankungen. Bei vielen kann es derzeit Monate und Jahre dauern, bis sie diagnostiziert werden. Die Forschungsergebnisse bieten völlig neue Möglichkeiten für rechtzeitige Früherkennung. Der nächste Schritt ist jetzt die Validierung in verschiedenen Bevölkerungsgruppen, u. a. bei Menschen mit und ohne Krankheitssymptomen und -anzeichen sowie bei verschiedenen ethnischen Gruppen.

„Die Messung von Proteinen, zum Beispiel von Troponin zur Diagnose eines Herzinfarkts, ist bereits Standard in der klinischen Praxis. Es ein Riesenschritt, dass wir jetzt aus den tausenden von Proteinen, die im menschlichen Blut zirkulieren und messbar sind, neue Marker für Screening und Diagnose identifizieren können”, sagt Prof. Dr. Claudia Langenberg, Hauptautorin der Studie. Sie leitet die Arbeitsgruppe Computational Medicine am BIH und ist Direktorin des Instituts für Präzisionsmedizin an der Queen Mary University in London, UK. “Was wir jetzt dringend brauchen, sind Tests, mit denen krankheitsrelevante Proteine nach klinischen Standards mit erschwinglichen Methoden gemessen werden können”.

Erstautorin Dr. Julia Carrasco Zanini Sanchez, ehemalige Forschungsstudentin bei GSK und an der Universität Cambridge und jetzt Postdoktorandin am Precision Healthcare University Research Institute (PHURI), sagt: „Mehrere unserer Proteinsignaturen schnitten ähnlich oder sogar besser ab als Proteine, die bereits auf ihr Potenzial als Screening-Tests getestet wurden, wie z. B. das prostataspezifische Antigen für Prostatakrebs. Wir sind daher sehr optimistisch über die Möglichkeiten, die unsere Proteinsignaturen für die Früherkennung und letztlich Prognoseverbesserung vieler Krankheiten bieten, darunter auch für schwere Erkrankungen wie das Multiple Myelom und die idiopathische Lungenfibrose. Wir haben so viele vielversprechende Beispiele gefunden, dass der nächste Schritt darin besteht, Krankheiten mit hoher Priorität auszuwählen und ihre proteomische Vorhersage in einem klinischen Umfeld zu bewerten.“

Dr. Robert Scott, Vizepräsident und Leiter der Abteilung Humangenetik und Genomik bei GSK und Senior Co-Autor der Studie, sagt: „Eine zentrale Herausforderung bei der Arzneimittelentwicklung ist die Identifizierung von Patient*innen, die am ehesten von neuen Medikamenten profitieren könnten. Diese Arbeit zeigt, wie vielversprechend der Einsatz groß angelegter Proteomik-Technologien ist, um Personen mit hohem Risiko für eine Vielzahl von Krankheiten zu identifizieren. Sie entspricht unserem Ansatz, Technologien einzusetzen, um unser Verständnis der menschlichen Biologie und Krankheit zu vertiefen. Weitere Arbeiten werden diese Erkenntnisse erweitern und unser Verständnis dafür verbessern, wie sie am besten eingesetzt werden können, um die Erfolgsquoten und die Effizienz in der Arzneimittelforschung und -entwicklung zu steigern.”

Originalpublikation: Carrasco Zanini Sanchez et al. 'Proteomische Signaturen verbessern die Risikovorhersage für häufige und seltene Krankheiten'. Veröffentlicht in Nature Medicine. DOI: 10.1038/s41591-024-03142-z

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