Hygiene

Sind Farben sauber?

Hygienische Oberflächen: Technologie ist nicht alles

07.10.2021 - Die Ansprüche an keimfreie, gar keimtötende Oberflächen werden berechtigterweise immer präsenter.

Die neusten Entwicklungen, die mit der SARS-CoV2-Pandemie beschleunigt wurden, zeigen uns wie wichtig die Entwicklung ­modernster Oberflächen geworden ist, wenn es um Hygiene geht. Da Farbe ja nicht nur Farbe ist, sondern auch ein Oberflächen-Material, fragt die Farbdesignerin und Interior-Designerin Sonja Graeff-Schimmelpfennig in ihrem Beitrag nach der „Sauberkeit“ der farbigen Oberflächen.

Es gibt derzeit in der Forschung zur Hygiene moderner Oberfläche eine Reihe von Ansätzen, die teils erst am Beginn Ihrer Entwicklung stehen, teils aber bereits fortgeschritten sind. Sie beziehen sich auf die verschiedensten Bereiche wie Labore, Krankenhäuser, öffentliche Bereiche, etc.

Ein Gegenstand intensiver Forschung sind beispielsweise fotodynamische Effekte. Bei antibakteriellen Lacken gibt es keimfreie Oberflächen durch Licht und Sauerstoff. Die beispielsweise im Lack enthaltenen Fotokatalysatoren reagieren mit UV-Licht und dem freigesetzten aktiven Sauerstoff in seiner Umgebung. Dadurch kann die Keimbelastung der Oberfläche deutlich reduziert werden. Dieses fotodynamische Wirkungsprinzip ist inzwischen international anerkannt.

Für die Herstellung bestimmter Materialien (z.B. in Atemschutzmasken) und Lacken ist außerdem der Bereich der Nanosilberpartikel interessant. Diese Partikel werden den Materialien zugegeben und wirken keimabtötend. Seit langem wird Silber wegen seiner antibakteriellen Wirkung eingesetzt: Silberhaltige Beschichtungen werden bereits für Möbel in Krankenhäusern und Pflegeheimen verwendet.

Ein weiteres Verfahren steckt noch in den Kinderschuhen und macht gleichzeitig das Potential deutlich, das in all diesen Entwicklungen noch steckt: Durch Beschichtungen mit Titandioxid kann dessen fotokatalytischer Effekt unter Einfluss von UV-Licht mikrobiellen Bewuchs vermeiden. Farb-unabhängig gibt es gibt es viele verschiedene Stoffe, die in Bezug auf einzelne Schmutz-partikel luftreinigend sind.

Farbe und Untergrund
Bei der Sauberkeit von Oberflächen kommt es allerdings nicht allein darauf an, sich mit neuen Technologien zu befassen. Schon schlichtes logisches Denken und kluges Vorgehen führen ebenfalls zu guten Ergebnissen: So wirkt zum Beispiel jede Farbe immer in Verbindung mit ihrem Untergrund. Rauhe oder poröse Oberflächen sind natürlich schwer zu reinigen und Schmutz setzt sich hier schneller fest. Dies ist bei der Treppenvorderkante sicher nicht so wichtig, bei einem taktil relevanten Markierungsstreifen zum Hinweis auf besondere Bereiche jedoch durchaus – er wird mit den Händen berührt. Auch für diese besonderen Oberflächen gibt es saubere Farb-Material-Lösungen.

Bei der Auswahl geht es darum, die richtige Balance zwischen keimfreien und natürlichen Materialien zu finden, um zwei Extreme zu nennen. Denn die Sicherheit des Bewohners ist genauso wichtig wie sein seelisches Wohlbefinden.

Wirkung von Farben
Um dieses Wohlbefinden zu erreichen, darf man durchaus auch Sauberkeit simulieren. An einem Ort, an der sich der Mensch reinigt und Körperpflege betreibt, ist es angenehm, von „sauberen“ Farben umgeben zu sein. Dazu gehören sämtliche Blautöne im warmen, wie im kühlen Bereich – von Türkis bis Lavendelblau sowie sehr hellen Pastelltönen. Auch hier gilt es abzustimmen. Beispielsweise sind Türkis mit hellem Pastellgrün und dunklen Holztönen im Umfeld der Tür oder im Bereich der Ablagen eine Sauberkeit ausstrahlende Komposition. Das gilt auch für hellblaue Wände mit dunkelblauen bzw. Accessoires in warmen hellen Farbtönen. Man benötigt als Kontrast immer eine „nicht-saubere“ oder wärmere Farb-Komponente, um die kühle Farbe als „saubere“ Farbe wahrzunehmen.

Aufgrund ihrer physikalischen Wellenlänge im sichtbaren Bereich sind Blautöne zwar nicht antibakteriell, sie fördern jedoch nicht so sehr die Vermehrung von Keimen, wie beispielsweise die warmen Farbtöne, die sich auf einer anderen Wellenlänge bewegen. Wir denken beispielsweise an die Wirkung von Ultraviolett im Gegensatz zu Infrarot. Im sichtbaren Bereich sind diese Wirkungen deutlich schwächer, aber dennoch vorhanden.

Mit der Farbe Hellblau werden Weite, Wasser, Sauberkeit etc. in Verbindung gebracht und schon der Gedanke daran unterstützt das persönliche Sauberkeitsgefühl.  

Ich kann mich gut an meinen ersten eigenständigen Bad-Gang nach einer Knie-OP erinnern. Ein kleines Stück Freiheit – danach ein Gefühl der inneren Zuversicht und Kraft. Können wir uns dies in einem Badezimmer mit braunen, orangen und giftgrünen Farben und rauen, verschmutzten Oberflächen vorstellen? Nicht wirklich…

Farben können also sauber sein und sogar reinigen – auch unser Innenleben.

Kontakt

Pigmentatelier: Graeff-Schimmelpfennig

Martin-Luther-Str. 96
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Deutschland

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