Aus den Kliniken

Speicheldrüsentransplantation zur Behandlung der Mundtrockenheit nach Bestrahlung

14.08.2012 -

Am Würzburger Universitätsklinikum hat Prof. Rudolf Hagen eine neue Operationstechnik entwickelt, die bei Krebspatienten die so unangenehme Mundtrockenheit nach Bestrahlung erfolgreich bekämpft. Bei der weltweit erstmals durchgeführten Methode wird eine Speicheldrüse des Patienten vor der Bestrahlung in seinen Unterarm verpflanzt und später von dort wieder re-implantiert.

Ein Leben ohne ausreichend „Spucke" ist auf viele Weisen unangenehm und problematisch. „Ohne genügende Speichelproduktion ist der Mund- und Rachenraum stets trocken und infektionsanfällig, die Zunge brennt und klebt am Gaumen, das Geschmacksempfinden ist stark reduziert und auch das Essen an sich keine wahre Freude mehr", beschreibt Prof. Rudolf Hagen, Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, plastische und ästhetische Operationen des Würzburger Universitätsklinikums, die für betroffene Patienten belastende Situation.

Auch die Zähne und das Zahnfleisch werden ohne den Schutz von Speichel auf Dauer beeinträchtigt, es droht Zahnausfall. Ein Schicksal, das bislang vielen Patientinnen und Patienten mit bösartigen Tumoren im Kopf- und Halsbereich nicht erspart werden konnte. „Bei diesen Krebsarten ist in der Regel eine intensive Radiotherapie notwendig, die leider eine dauerhafte Schädigung der Speicheldrüsen als Nebenwirkung mit sich bringt.", berichtet Prof. Hagen. Obwohl auch die Radiotherapie deutlich schonender geworden ist und speziell die Ohrspeicheldrüsen heute effektiv aussparen kann, ist dies leider bei den Unterkieferspeicheldrüsen nicht möglich.

Zeitweise Verlagerung der Speicheldrüse in den Unterarm

Um hier Abhilfe zu schaffen, hat der Würzburger HNO-Experte jetzt eine mikrochirurgische Operationstechnik entwickelt, die dem Patienten zumindest eine seiner sechs großen Speicheldrüsen voll funktionsfähig erhält. Dabei wird das etwa sechs Zentimeter lange Organ vor Beginn der Strahlentherapie entnommen und in den Unterarm des Patienten verpflanzt. „Wir schließen die Speicheldrüse an die dortigen Blutgefäße an und legen den Ausführungsgang der Drüse nach außen an die Hautoberfläche", schildert Prof. Hagen. „So kann der von ihr weiterhin produzierte Speichel in einen kleinen, auswechselbaren Auffangbeutel abfließen."

Re-Implantation nicht trivial

Nach Abschluss der Radiotherapie wird die Drüse wieder in den Hals re-implantiert. Diese Rückverpflanzung ist laut Prof. Hagen der schwierigste Teil der zweizeitigen Operationsmethode, denn das Zielgewebe ist nach der Bestrahlung narbenartig verändert. Dass die weltweit einzigartige „Autotransplantation der Unterkieferspeicheldrüse nach Hagen" auch wirklich funktioniert, hat die Würzburger Koryphäe in diesem Jahr bewiesen: Im Februar hat er einem 69-jährigen Tumorpatienten die Speicheldrüse entnommen und im Unterarm „zwischengelagert". Es folgten eine zweimonatige Radiotherapie und weitere zwei Monate Rekonvaleszenz. Im Juli 2012 konnte Prof. Hagen dann die Drüse zurückverlegen. Sie arbeitet seither problemlos und sorgt für einen ausreichend feuchten Mund und Rachen. „Nachdem er mehrere Monate die Einschränkungen ohne ausreichende Speichelproduktion erleben musste, ist der Patient nun sehr glücklich, dass es für ihn hier einen Weg zurück zur Normalität gegeben hat", freut sich Prof. Hagen.

Hohes Potenzial für weitere Einsätze

Das erfolgreiche „Pilotprojekt" hat den Weg für weitere Einsätze geebnet: Pro Jahr werden über das Comprehensive Cancer Center Mainfranken am Universitätsklinikum Würzburg bis zu 100 Kranke vorstellig, für die diese Methode in Frage kommt. Aktuell warten schon weitere Patienten mit in den Unterarm ausgelagerten Speicheldrüsen auf eine Rückverpflanzung und ein Weiterleben mit Spucke.

 

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