Gesundheitspolitik

Streit um Chefarztboni: "Die globale Kritik an Zielvereinbarungen ist völlig falsch"

21.11.2012 -

Ein heftiger Streit um Chefarztboni - die an Fallzahlsteigerungen geknüpft sind - ist seit den Organskandalen in Göttingen, Regensburg und München entbrannt. Pauschal mit in Verruf geraten sind Zielvereinbarungen, wie sie mehr als die Hälfte der Klinikchefs und zahlreiche Chef- und Oberärzte in ihren Arbeitsverträgen haben.

"Die globale Kritik an Zielvereinbarungen ist völlig falsch. Damit driftet die berechtigte Debatte um die Organvergabe in eine Richtung, die für Deutschlands Krankenhäuser kontraproduktiv ist", warnt Dr. med. Peter Windeck, Partner der Personalberatung Rochus Mummert und Geschäftsführer des Bereichs Healthcare Consulting.

"Es ist sinnvoll und richtig, Kliniken über Zielvereinbarungen für ärztliche und kaufmännische Führungskräfte zu steuern. Unsere Krankenhäuser sind Gesundheitsunternehmen, die effizient arbeiten müssen", so Peter Windeck weiter. Diese Ökonomisierung des Gesundheitswesens ist von der Politik vorgegeben. Dennoch üben Politiker aller Parteien seit dem Göttinger Transplantationsskandal generelle Kritik an wirtschaftlich ausgerichteten Zielgrößen in Leistungsvereinbarungen für Mediziner. Ebenso verhalten sich die Gewerkschaft Verdi, die Bundesärztekammer sowie zahlreiche ärztliche Verbände und Fachorganisationen von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) bis zum Verband der Leitenden Krankenhausärzte (VLK).

Die Debatte hat die Öffentlichkeit in einer Intensität erreicht, wie es sie seit Einführung der Fallpauschalen nicht mehr gegeben hat.

"Das Thema Zielvereinbarungen gerät dabei zu Unrecht in die Zange zwischen ärztlicher Behandlungsfreiheit und strategischer Ausrichtung von Kliniken", moniert Experte Peter Windeck. "Richtig an der Kritik ist aber, dass Zielvereinbarungen nicht nur ökonomisch definiert werden dürfen." Diese falsche Form der Zielvereinbarung leitet sich nicht aus der Unternehmensstrategie ab und führt zu Fehlanreizen.

Zielvereinbarungen sollten finanzielle, inhaltliche und andere Ziele intelligent kombinieren

Zu diesen Faktoren zählt zum Beispiel die Güte der Behandlung. "Die medizinische Qualität der Leistungserbringung spielt häufig eine viel zu geringe Rolle in den Zielvereinbarungen", kritisiert Peter Windeck. Dabei sind es gerade die Folgen einer mangelhaften Behandlung, die beispielsweise durch Infekte nach Operationen längere Liegezeiten der Patienten verursachen und die Krankenhäuser teuer zu stehen kommen. "Hier sollte der Gesundheitssektor von der Industrie lernen, dass Ziele zur Produkt- und Dienstleistungsqualität perspektivisch mindestens genauso wichtig sind wie finanzielle Aspekte", fordert Peter Windeck. "Viele Klinken haben das bereits erkannt und nehmen qualitative wie ökonomische Ziele in ihre Vereinbarungen auf. Aber es gibt genügend Häuser, die es noch immer völlig falsch machen."

 

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