Taktgeber fürs Herz wird 65 alt
27.09.2023 - Herzrhythmusstörungen gehören zu den Volkskrankheiten. Herzschrittmacher als kleine, künstliche Taktgeber des Herzens, haben die Herzmedizin und die Therapie von Herzrhythmusstörungen revolutioniert.
Vor 65 Jahren, am 8. Oktober 1958, implantierte der schwedischen Herzchirurg Åke Senning den ersten Herzschrittmacher (HSM) zur Behandlung eines jungen Patienten, der aufgrund einer zu langsamen Herzschlagfolge mehrmals täglich ohnmächtig wurde. Heute sind die Herzschrittmacheraggregate etwa so groß wie eine Armbanduhr, wiegen ca. 25 Gramm und können mit einer kurzen lokalen Betäubung eingebaut werden. „Die Implantation eines Herzschrittmacher-systems dauert in Abhängigkeit von der benötigten Funktion und Zahl der eingesetzten Elektroden ca. 30 bis 60 Minuten, und gehört zu den herzmedizinischen Routineeingriffen“, erklärt Prof. Dr. Volkmar Falk, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie. In Deutschland wurden im Jahr 2021 laut des Dt. Herzberichtes, vorgestellt am 21. September 2023 in Berlin, 73.353 Herzschrittmacherssyteme neu eingesetzt und 15.223 Aggregate ausgetauscht.
Ein Schrittmachersystem besteht aus einem Impulsgeber (Aggregat), und mindestens einer Elektrode (Sonde), die den Impuls des Aggregats an das Herz weiterleitet oder herzeigene Signale – sofern vorhanden – dem Impulsgeber zurückmeldet. Dadurch wird die Koordination zwischen dem Herzschrittmacher-system und dem Herzen des Patient*innen ermöglicht, d.h. der Herzschrittmacher arbeitet nur, wenn der Herzschlag des Patienten zu langsam ist. In Abhängigkeit von der Beanspruchung des Herzschrittmachers muss im Durchschnitt alle neun Jahre das Aggregat in einem erneuten Eingriff ausgetauscht werden.
Bei gesundem Herzen wird der Herzschlag in Ruhe mit einer Frequenz von 60 bis 80mal pro Minute durch den natürlichen Taktgeber, den sogenannten Sinusknoten, vorgegeben. Der entstandene Impuls wandert zunächst vom Sinusknoten über Leitungsbahnen in den Vorhöfen zum sog. AV-Knoten, der am Übergang von den Herzvorhöfen zu den Herzkammern liegt. Von dort wird der Impuls über weitere Leitungsbahnen bis hin zu den Herzmuskelzellen der beiden Herzkammern übertragen. Dadurch wird ein koordinierter Ablauf der Herzmuskelaktivität und damit eine ausreichende Sauerstoffversorgung des Körpers durch den Blutkreislauf gewährleistet. Ist das Herz in seinem Rhythmus gestört, ist auch die Sauerstoffversorgung des Körpers beeinträchtigt.
„Schlägt das Herz wegen einer Störung des Impulsgebers oder einer Blockade der Leitungsbahnen zu langsam, wird dies medizinisch als Bradykardie bezeichnet“, erläutert Herzchirurg Prof. Falk. Symptome wie Atemnot, Schwindel, Erschöpfung bis hin zur Bewusstlosigkeit können auftreten. Durch die Einpflanzung eines Herzschrittmachers wird die zu langsame Herzschlagfolge korrigiert, der Herzrhythmus kontinuierlich überwacht und, falls nötig, durch den Herzschrittmacher unterstützt. Etwa 40 Prozent aller Bradykardien sind auf Probleme mit dem Impulsgeber, dem sog. Sinusknoten, zurückzuführen. Weitere 40 Prozent bradykarder Herzrhythmusstörungen sind auf Störungen der Reizleitung zurückzuführen und rund 20 Prozent der Herzschrittmacher werden wegen Vorhofflimmerns mit langsamem Herzkammerersatzrhythmus, der sogenannten Bradyarrhythmia absoluta, implantiert.
„Die Herzschrittmacherimplantation verbessert die Lebensqualität und reduziert die Gefahr, aufgrund einer zu langsamen Herzschlagfolge zu sterben“, so Prof. Falk. „Patientinnen und Patienten mit Herzschrittmachern können ein nahezu normales Leben führen. Der Herzschrittmacher sollte einmal pro Jahr überprüft werden und der Herzschrittmacher-Ausweis stets verfügbar sein.“
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