Medizin & Technik

Technologische Fortschritte in der Krebstherapie

02.09.2022 - Forschende der Universität Bern und des Inselspitals liefern einen Überblick über die neuesten Technologien in der Präzisionsonkologie.

Diese in die klinische Anwendung zu überführen, stellt immer noch eine große Herausforderung dar. Mit Forschungsprojekten trägt das Bern Center for Precision Medicine (BCPM) dazu bei, den technologischen Fortschritt zu den Patientinnen und Patienten zu bringen.

Tumore weisen je nach betroffener Person erhebliche Unterschiede auf, auch wenn es sich um dieselbe Krebserkrankung wie beispielsweise Brustkrebs handelt. Daher zielt die Präzisionsonkologie auf bestimmte genetische Merkmale eines Tumors und bezieht diese in die Behandlung mit ein. So können bestehende Therapien „maßgeschneidert“ werden, um Nebenwirkungen zu vermeiden und bei teuren Behandlungen Kosten zu sparen. Dies stellt die Krebsbehandlung der Zukunft dar.

Nun haben Dr. Dilara Akhoundova, medizinische Onkologin am Universitätsspital Bern und Postdoktorandin an der Universität Bern, und Prof. Mark A. Rubin, Direktor des Departement for BioMedical Research (DBMR) und des Bern Center for Precision Medicine (BCPM), die jüngsten Fortschritte im Bereich der Tumorprofilierung zusammengefasst und überprüft. In ihrem Bericht, der in der führenden Fachzeitschrift Cancer Cell veröffentlicht wurde, geben sie einen kritischen Überblick über den aktuellsten Stand der untersuchten Technologien und analysieren ihr Potenzial für die Integration in die Präzisionsbehandlung. „Diese neuen Technologien ermöglichen uns ein tieferes Verständnis über Tumore, als wir es je zuvor erlebt haben. Es ist so, als würde man uns mit den Standardwerkzeugen sagen, dass die Schweiz ein Land ist, das höher liegt als die Niederlande; mit diesen neuen Technologien können wir die 3-D-Landschaft mit Bergen, Tälern und Seen sehen“, sagt Mark A. Rubin, Direktor des BCPM.

Neue Ansätze möglichst rasch in die Klinik überführen

Um die neuesten Technologien für die Klinik nutzbar zu machen, gibt es aber noch einige Hürden zu überwinden: unter anderem müssen sie noch standardisiert werden, oder benötigen wegen der Auswertung einer sehr großen Datenmenge neue Infrastrukturen in Kliniken oder eine behördliche Zulassung.

Zu den neuesten, vielversprechenden Technologien in der Präzisionsonkologie gehört etwa die Flüssigbiopsie, die es ermöglicht, mittels Bluttest schneller und minimal invasiv Informationen über die Krebsart von Patienten zu liefern. Gerade bei tief im Körper liegenden Tumoren wie etwa in der Lunge oder Bauchspeicheldrüse sind dafür invasive Eingriffe, gelegentlich unter Vollnarkose, nötig. Viele solcher Technologien wie die Flüssigbiopsie werden in der translationalen und klinischen Krebsforschung genutzt. Ihr klinisches Potenzial ist bereits sehr hoch; sie benötigen teilweise noch eine zusätzliche Methode, welche bei bestimmten Proben die «Messgenauigkeit» erhöht.

Andere Innovationen sind noch in den Anfängen und müssen erst klinisch validiert werden, um zu sehen, ob sie ihr Ziel überhaupt erreichen können.

Berner Initiativen für die Krebsforschung in der Schweiz

Die Förderung und Umsetzung neuer Spitzentechnologien in der Präzisionsmedizin ist ein wichtiger Schwerpunkt des BCPM. Translationale Krebsforschungsprojekte, die von Forschenden des BCPM geleitet werden, wie die von Prof. Mark A. Rubin, Prof. Marianna Kruithof-De Julio und Prof. Sven Rottenberg, sowie eine enge Zusammenarbeit mit klinischen Onkologinnen und Onkologen des Inselspitals Bern und anderer Schweizer Institutionen sind unerlässlich, um die Präzisionsonkologie weiter voranzutreiben und die neuen Technologien zu den Patientinnen und Patienten zu bringen. «In unserer Übersichtsarbeit gehen wir der Frage nach, wie diese neuen Spitzentechnologien in Tests umgesetzt werden können, die bei Patientinnen und Patienten Ansprechen auf Tumortherapien besser voraussagen können», erklärt Dilara Akhoundova, Hauptautorin der Studie.

Eine weitere wichtige Berner Initiative im Bereich der Präzisionsonkologie ist die Schweizerische Plattform für molekulare Pathologie und Tumorimmunologie (SOCIBP), die eine gemeinsame genomische „Sprache“ für die Schweizer Krebsforschung aufbauen soll: Molekulare Tumordaten werden verständlich dargestellt und gemeinsam genutzt, und genomische Tests in der ganzen Schweiz sollen vereinheitlicht werden. Das Projekt wird vom Swiss Personalized Health Network (SPHN), einer Initiative des Bundes, finanziert. „Eine unserer aktuellen translationalen Studien konzentriert sich auf die Standardisierung und klinische Validierung von genomischen Tests bei resistentem Prostatakrebs“, sagt Rubin. Ziel des Projekts ist die Entwicklung zuverlässigerer prädiktiver Biomarker, die eine präzise onkologische Bekämpfung von therapieresistenten Tumoren ermöglicht.

Die Übersichtsarbeit in Cancer Cell wurde vom Swiss Personalized Health Network (SPHN) SOCIBP, der Krebsliga Schweiz, der Nuovo-Soldati-Stiftung für Krebsforschung, der ISREC Fondation Recherche Cancer und der Werner und Hedy Berger-Janser-Stiftung unterstützt.

Bern Center for Precision Medicine (BCPM)

Das Bern Center for Precision Medicine (BCPM) wurde 2019 auf Initiative und mit Unterstützung des Kantons, der Universität Bern und Inselspital, Universitätsspital Bern, gegründet. Das BCPM ist in Forschung, Vernetzung und Ausbildung aktiv.

Das Zentrum widmet sich der Förderung von Ansätzen der Präzisionsmedizin, indem es die Erforschung und Entwicklung medizinischer Diagnosen und Therapiemethoden unterstützt. Es bietet ein interdisziplinäres Netzwerk für Forschende und Klinikerinnen und Kliniker aus diversen Bereichen und Fakultäten und vereint mehr als 50 Mitglieder. Das BCPM wird auch mittels Graduate Schools der nächsten Generation von Pflegenden und Forschenden die bestmögliche Ausbildung bieten. So sichert es die langfristigen Vorteile, die sich in der Gesundheitsversorgung durch die Präzisionsmedizin ergeben, ab.

Department for BioMedical Research (DBMR)

Das Departement for BioMedical Research (DBMR) der Medizinischen Fakultät der Universität Bern unter der Leitung von Prof. Dr. med. Mark A. Rubin wurde 1994 von der Universität Bern und dem Inselspital, Universitätsspital Bern gegründet. Das DBMR ist in 13 Forschungsprogramme mit rund 100 teilnehmenden Einzellabors und mehreren unabhängigen Forschungslabors unterteilt, deren Forschung sich über alle biomedizinischen Bereiche erstreckt. Um die Lücke zwischen Labor und Krankenbett zu schließen, fördert das DBMR klinische Forschung mit einem starken Schwerpunkt auf der Entwicklung translationaler Ansätze, dem Einsatz von „Omics“ und anderen Spitzentechnologien sowie einer umfassenden Zusammenarbeit zwischen laborgestützter und patientenorientierter klinischer Forschung. Die DBMR setzt sich auch für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ein.

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