Medizin & Technik

Triankle-Projekt entwickelt personalisierte 3D-Biomaterialien für die Regeneration von Fußgelenksverletzungen

10.11.2020 - Das Forschungskonsortium von zwölf Partnern aus fünf europäischen Ländern wird mit 5,9 Millionen Euro von der Europäischen Union (EU) gefördert. Entwickelt wird ein Herstellungsverfahren für personalisierte Implantate, die in der Therapie von Sehnen- und Gelenksverletzungen am Fuß eingesetzt werden können.

Das Fraunhofer IGB formuliert und entwickelt die kollagen- und gelatinebasierten Biotinten, die für den 3D-Druck der personalisierten Implantate benötigt werden. Das IGVP der Universität Stuttgart erforscht die Vernetzungschemie und den 3D-Druck der am IGB entwickelten Biotinten. Hauptziel ist die Verkürzung der Genesungszeit um 50 Prozent bei Verbesserung der Funktionalität um 10-15 Prozent. Das TRIANKLE-Projekt soll die Wettbewerbsfähigkeit der EU in der Biomedizin erhöhen.

Regeneration von Fußgelenken mit Implantaten aus Kollagen und Gelatine

Am 6. November gab die EU-Kommission grünes Licht für die Förderung des Triankle-Projekts (Nr. 952981) im Rahmen des Horizon-2020-Programms. Das antragstellende Konsortium aus 12 europäischen Organisationen kann nun die Entwicklung von personalisierten 3D-Scaffolds mittels Bioprint-Technologie aufnehmen. Dafür erhält das ehrgeizige Forschungsvorhaben in der regenerativen Medizin ein Gesamtbudget von 5,9 Millionen Euro für einen Vierjahreszeitraum, beginnend im Januar 2021. Die Projektpartner verfolgen das Ziel, innovative, personalisierte 3D-Implantate aus Kollagen und Gelatine für Patienten mit Tendopathien (z. B. Achillessehnenanrisse) sowie Knorpelverletzungen herzustellen.

Die Implantate sollen mithilfe innovativer 3D-Druckverfahren aus Kollagenen oder Gelatine, also Biopolymeren, wie sie auch im Körper vorkommen, hergestellt werden. „Damit diese Biopolymere zusammen mit den Wachstumsfaktoren und den Zellen mit einem 3D-Drucker verarbeitet werden können, müssen sie fließfähig sein“, erläutert Dr. Achim Weber vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart, einem der deutschen Forschungspartner im Netzwerk. „Wir formulieren und entwickeln daher kollagen- und gelatinebasierten Biotinten, die erst nach dem Drucken durch Quervernetzung der Biopolymere fest werden.“ Hier arbeitet das IGB eng mit dem benachbarten Institut für Grenzflächenverfahrenstechnik und Plasmatechnologie IGVP der Universität Stuttgart zusammen. „Über den Einbau funktioneller Gruppen können wir die Quervernetzung der eingesetzten Biopolymere optimal steuern und sicherstellen, dass die Kollagene und Gelatinen nach dem Druckprozess auch formstabil werden“, ergänzt Dr. Alexander Southan vom IGVP der Universität Stuttgart.

Sehnen- und Gelenksverletzungen häufig und teuer

Sehnenleiden, in der Fachsprache Tendopathien genannt, sind ebenso wie der Verlust von Gelenkknorpel, die sogenannte Osteoarthritis, weit verbreitete Erkrankungen, speziell bei älteren Menschen, Frauen und Leistungssportlern. Neben der Einschränkung der Lebensqualität belasten beide Leiden auch stark die Gesundheitssysteme: Alleine in der EU betragen die jährlichen Kosten für die Behandlung von Osteoarthritis 76,5 Milliarden Euro; die Ausgaben für Tendopathien weltweit werden auf über 140 Milliarden Euro geschätzt.

Die Lücke ineffizienter Behandlungen schließen

Das TRIANKLE-Projekt will die kritische Lücke an Behandlungsmöglichkeiten für Sehnen- und Gelenkverletzungen schließen. Keine der derzeit angewendeten operativen oder nicht-operativen Therapien erzielt eine erfolgreiche Langzeitlösung für die Patienten, denn häufig erlangen die betroffenen Sehnen und Gelenke ihre vollständige Stärke und Funktionalität nicht wieder zurück. Daher hat sich TRIANKLE nicht nur zum Ziel gesetzt, die Genesungszeit zu halbieren, sondern auch die Funktionalität des verletzten Gewebes um 10-15 Prozent zu steigern.

Partnerschaft für Spitzenforschung und Erschließung potenzieller Märkte

Das Konsortium umfasst Arbeitsgruppen in 12 Organisationen aus fünf europäischen Ländern (Deutschland, Spanien, Schweden, Niederlande und England), die das komplette Spektrum der Entwicklung von der Spitzenforschung bis zur Marktreife abdecken. Die besondere Stärke liegt in der Zusammenarbeit von hochqualifizierten Teams mit nachgewiesener Expertise in Biomaterialien für regenerative Anwendungen und 3D-Bioprint-Technologien mit Projektpartnern, die sich für soziales Engagement und die Verbreitung der Ergebnisse in medizinischen Fachkreisen sowie letztlich unter Patienten einsetzen.

Das Konsortium besteht aus einem Industriepartner (Viscofan BioEngineering), drei KMUs (CELLINK, Cambridge Nanomaterials Technology und Gradocell), zwei Forschungseinrichtungen (Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB und Acondicionamiento Tarrasense Associacion), drei Universitäten (Universität Stuttgart, Universidad del País Vasco und Technische Universität Eindhoven), zwei gemeinnützigen Organisationen (FC Barcelona Asociacion FCB und Osteoarthritis Foundation International OAFI) und einer Stiftung des Gesundheitswesens (Fundacio Clinic per a la Recerca Biomedica). Projektkoordinator ist Viscofan BioEngineering, die biomedizinische Einheit des Traditionsunternehmens für Kollagenherstellung Naturin Viscofan.

TRIANKLE wird dazu beitragen, das Potenzial innovativer 3D-Bioprint-Technologien für die regenerative Medizin zu erschließen und die Kommerzialisierung von personalisierten Therapien von Sehnen- und Gelenkverletzungen mit 3D-Implantaten zu ermöglichen. Darüber hinaus liegt das Innovationspotenzial in der Einführung einer Technologieplattform, mit der künftig auch weitere regenerative Therapien zur Behandlung von Erkrankungen gewichttragender Gelenke entwickelt werden können.

Über die Partner

Viscofan BioEngineering fungiert als Koordinator des Projektes. Als Geschäftseinheit der Viscofan-Gruppe, die weltweit führend in der Kollagenproduktion ist, entwickelt und produziert Viscofan BioEngineering Kollagenprodukte im Industriemaßstab für die biomedizinische Forschung und die medizinische Entwicklung.

Das schwedische Life-Science-Unternehmen CELLINK entwickelt innovative Technologien und Produkte, die das Verständnis der Biologie und deren Beeinflussung fördern. Dies ermöglicht Wissenschaftlern weltweit Zellen in 3D zu kultivieren, Medikamentenscreening im Hochdurchsatz durchzuführen und menschliche Ersatzgewebe für die regenerative Medizin zu züchten.

Das Fraunhofer IGB entwickelt und optimiert Verfahren, Technologien und Produkte für Gesundheit, nachhaltige Chemie und Umwelt. Im Projekt Triankle formuliert und entwickelt das IGB Biotinten auf Kollagen- und Gelatinebasis, die für den 3D-Druck der Implantate benötigt werden.

Das Institut für Grenzflächenverfahrenstechnik und Plasmatechnik IGVP der Universität Stuttgart entwickelt neue Funktionswerkstoffe aus biobasierten und synthetischen Polymeren. Im Projekt Triankle erforscht das IGVP die Vernetzungschemie der Biotinten und den 3D-Druck der Biotinten.

NanoBioCel, eine Forschungsgruppe der Universität des Baskenlandes verfügt über ein weitreichendes Know-how im 3D-Druck für Tissue Engineering und Regeneration. Die Forscher werden Drug-Delivery-Systeme mit kontrollierter Freisetzung entwickeln, um funktionelle Scaffolds herzustellen. Diese sollen biologische Systeme nachahmen und zellspezifische Reaktionen stimulieren, um die Regeneration und Reparatur von Geweben zu fördern.

Die Technische Universität Eindhoven (TU/e) verfügt über neun Fachbereiche einschließlich Maschinenbau, angewandte Physik und Biomedizintechnik.

Leitat ist ein privates technisches Institut mit über 110 Jahren Erfahrung in der Innovation industrieller Prozesse. Es schafft aus technologischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen ökonomische und wettbewerbsfähige Werte für seine Kunden und Kooperationspartner. Dabei setzt man auf angewandte Forschung und Testsysteme in den Bereichen Chemie, Energiewesen, Umwelt, Materialforschung, Maschinenbau und den Lebenswissenschaften. Das Team aus 330 hochqualifizierten Mitarbeitern bietet flexible Lösungen für jede industrielle Problemstellung.

Der FC Barcelona nimmt am Projekt über den Barça Innovation Hub teil, einer innovativen Labor- und Wissensplattform des Klubs, dessen Ziel neben der Verbesserung der athletischen Leistung die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen ist, die nicht nur der Institution sondern auch der Sportindustrie und der Gesellschaft im Allgemeinen Nutzen bringt. Die Aufgabe im TRIANKLE-Projekt ist neben der präklinischen Evaluation der Bio-Print-Implantate und der Entwicklung einer Patientenmitwirkungs-strategie die Förderung der Kommunikation und die Verbreitung der Forschungsergebnisse.

Die Osteoarthritis Foundation International (OAFI) ist die erste und einzige weltweite Stiftung, die sich ausschließlich um Menschen mit Osteoarthritis kümmert. Das Ziel der 2016 in Barcelonagegründeten Vereinigung ist es, den Kampf gegen Osteoarthritis anzuführen. Dabei setzt sie auf die Förderung von Bildung, Prävention, Behandlung und Forschung im Bereich Gelenkgesundheit. OAFI bietet Hilfestellungen als Begleitung für Patienten, um Schmerzen zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.

FCRB steuert und fördert die Forschungsaktivitäten der Universitätsklinik Barcelona (HCB), deren medizinische Fachkräfte auf regenerative Medizin spezialisiert sind und über ethische Expertise in der präklinischen und klinischen Translation verfügen.

Im Projekt wird Gradocell die ethischen und regulatorischen Aspekte der Entwicklung übernehmen in Bezug auf Herstellung und Genehmigungsverfahren der klinischen Studie. Gradocell ist ein Beratungsunternehmen für technische und regulatorische Themen sowie Qualitätsmanagement, das seine Kunden bei der Umsetzung von Produktentwicklungsprojekten im Bereich fortschrittlicher Therapien unterstützt.

CNT ist spezialisiert auf die Beratung und das Projektmanagement von Forschungs- und Entwicklungskooperationen, einschließlich der wirtschaftlichen Verwertung und dem IPR-Management. Im Projekt wird CNT die Aktivitäten zur wirtschaftlichen Verwertung koordinieren, einen Businessplan erstellen und Kontakte zu ähnlichen Projekten und EU-Initiativen knüpfen.

Über Horizon 2020

Horizon 2020 ist mit einer Summe von fast 80 Milliarden Euro im Förderzeitraum von 2014 bis 2020 das größte EU-Forschungs- und Innovationsprogramm, das jemals aufgelegt wurde. Zu den öffentlichen Geldern werben die bezuschussten Projekte zusätzliche private Mittel ein. Diese substanziellen Investitionen ebnen den Weg für bahnbrechende Innovationen, wegweisende Entdeckungen und Weltneuheiten, indem großartige Ideen vom Labor zur Marktreife geführt werden.

Kontakt

Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB

Nobelstr. 12
70569 Stuttgart
Deutschland

+49 711 9704 001
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