UKGM Marburg mit neuer Schwerpunktstation für depressive Patienten
17.08.2010 -
Die UKGM-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Marburg am Ortenberg hat eine Schwerpunktstation zur Depressionsbehandlung eingerichtet. Ihr Leiter ist Oberarzt Dr. Konrad. Auf dieser Station werden die diagnostischen und therapeutischen Empfehlungen der neuen Nationalen Versorgungsleitlinie Depression der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in die Praxis umgesetzt.
Depression ist eine häufige psychische Erkrankung, die zu einem enorm hohen Leidensdruck führt. Mit einer Auftretenshäufigkeit von 15 bis 20 Prozent im Laufe des Lebens ist die Depression die am häufigsten auftretende affektive Störung, das heißt jeder 5. bis 6. Mensch erkrankt im Laufe seines Lebens an einer Depression. Frauen sind dabei etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Nach Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation zur Belastung durch Erkrankungen (Global Burden of Disease) ist die unipolare Depression die führende Ursache für eine Verringerung der krankheits-adjustierten Lebensjahre in den Industrieländern. Die Anzahl der Suizidversuche ist in Deutschland etwa doppelt so hoch wie die Anzahl an Verkehrstoten.
Charakteristische Symptome einer Depression sind herabgesetzte Stimmung, das Gefühl der Traurigkeit oder Leere bis hin zum Gefühl, nichts mehr empfinden zu können. Häufig tritt grübelndes Denken auf, die Gedanken können willentlich kaum mehr von Sorgenthemen wie Schuld, gesundheitliche Sorgen, Probleme am Arbeitsplatz oder finanzielle Sorgen abgelenkt werden. Häufig treten massive Schlafstörungen mit charakteristischem frühmorgendlichen Erwachen und nächtlichem Grübeln auf. Vitalität und Antrieb sind herabgesetzt. Es bestehen Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, ein Verlust des Selbstwertgefühls, ein Verlust der Fähigkeit zum Empfinden von Freude. Diese Symptome können sich bis zur völligen Hoffnungslosigkeit und zu Selbstmordgedanken steigern.
Vor der Behandlung der Depression führen Dr. Konrad und sein Team auf der neu eingerichteten Schwerpunktstation Depression eine gründliche Diagnostik durch, um Ursachen der Depression zu finden und eine spezifische und langfristig ausgerichtete Therapie planen zu können. Wichtigstes Behandlungsziel ist es, die aktuelle depressive Episode zu behandeln und eine Vollremission zu erreichen, das heißt eine vollständige Gesundung des Patienten. An die Remission schließt sich die Erhaltungstherapie für mehrere Monate und an diese die weitere Rückfallprophylaxe an, die je nach Schweregrad und Häufigkeit der vorangegangenen Depressionen in ihrer Dauer variieren kann.
Auf der neuen Schwerpunktstation zur Depressionsbehandlung werden die diagnostischen und therapeutischen Empfehlungen der neuen Nationalen Versorgungsleitlinie Depression der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in die Praxis umgesetzt. Demnach haben Psychotherapie und medikamentöse Therapie einen gleich hohen Stellenwert in der Depressionsbe¬handlung, bei schweren Depressionen sollten beide Verfahren kombiniert werden.
In psychoedukativen Gruppen wird den depressiven Patienten Wissen über diese schwer verstehbare psychische Erkrankung vermittelt. So erfahren sie unter anderem, wie die Depression sich über negative Gedanken und sozialen Rückzug selbst verstärkt (Depressionsspirale) und mit welchen Mitteln sie selbst dagegen anarbeiten können. Weiterhin werden Gruppen und wöchentlich zwei Einzelgespräche in spezifischen Psychotherapieverfahren angeboten.
Die Interpersonelle Psychotherapie (IPT) ist eine wissenschaftlich gut untersuchte psychotherapeutische Behandlung, die auf der Grundidee beruht, dass die Depression sich aus dem psychosozialen Kontext heraus entwickelt, beispielsweise Veränderungen durch Tod, Trennung, Beendigung des Arbeitslebens, konflikthafte Beziehungen, und nur durch Verstehen und Bearbeiten dieses Kontextes zu behandeln ist. Der Focus der IPT liegt daher in den aktuellen Lebensbezügen der Betroffenen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Depression stehen.
Hinter dem Begriff „Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy" (CBASP) verbirgt sich ein weiteres, relativ neues psychotherapeutisches Verfahren, das speziell für chronisch depressive Patienten und Patientinnen konzipiert wurde, das heißt für Patienten, die seit mindestens zwei Jahren fast ununterbrochen unter Depressionen leiden. CBASP setzt an spezifischen Denk- und Interaktionsmustern chronisch depressiver Menschen an und versucht, diese durch gezielte Interventionen positiv zu verändern. In den USA wird dem CBASP große Bedeutung in der Behandlung chronisch depressiver Patienten zugeschrieben und verbreitet sich nach und nach auch im deutschsprachigen Raum.
Gleichbedeutend neben der Psychotherapie werden Antidepressiva eingesetzt, hier vor allem moderne Antidepressiva mit selektiven Rezeptorwirkungen. Diese haben den Vorteil, dass sie spezifischer wirken, in der Regel weniger Nebenwirkungen erzeugen und nicht abhängig machen. Sollten diese Behandlungen alleine nicht greifen, hat die Verstärkertherapie mit Lithium ihre Wirksamkeit bewiesen. Leichtere saisonale Depressionsformen können mit Hilfe der Lichttherapie behandelt werden.
Mit Hilfe einer fachgerechten Therapie, wie sie auf der Schwerpunktstation zur Depressionsbehandlung der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH am Ortenberg angeboten wird, ist eine vollständige Heilung der Erkrankung und eine deutliche Senkung des Rückfallrisikos möglich.