Wie ChatGPT-4 bei der Patienteninformation punktet
23.04.2024 - Künstliche Intelligenz (KI) ist dabei, Einzug in die Medizin zu halten. Damit verändert sich auch der Praxisalltag – für Behandelnde und Patient*innen.
Im Bereich der Bildgebung etwa werden bereits heute KI-basierte Analysetools eingesetzt. Doch auch auf dem sensiblen Gebiet der Patienteninformation hat KI das Potenzial, Ärzt*innen zu entlasten. Dies ist ein Ergebnis der ChatSLE-Studie von Forschenden aus Hamburg und Marburg, die gerade im Fachblatt Lancet Rheumatology veröffentlicht wurde. Angesichts des Fachärztemangels, der in der Rheumatologie besonders gravierend ist, könnte hierin langfristig eine Chance zur Verbesserung der Patientenversorgung liegen, so die DGRh.
Die Diagnose einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung bringt auf Seiten der Betroffenen viele Fragen mit sich. Rheuma ist in der Regel nicht heilbar, kann mit deutlichen Einschränkungen der Lebensqualität einhergehen und erfordert eine oft lebenslange Behandlung. Für eine dieser Erkrankungen, den Systemischen Lupus Erythematodes (SLE) hat der Verband Lupus Europe daher eine Website ins Leben gerufen (lupus100.org), die in 14 Sprachen Antworten auf die 100 häufigsten Patientenfragen gibt. Zu diesen zählen beispielsweise Fragen zur Behandlung der Erkrankung oder wie man mit SLE besser leben kann.
Diesen Fragenkatalog haben die Forschenden vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und dem Institut für Digitale Medizin, Marburg nun für die ChatSLE-Studie übernommen. Sie ließen die Fragen von ChatGPT-4 beantworten und verglichen sie mit den Antworten der Rheuma-Expert*innen von Lupus Europe. ChatGPT ist ein sogenanntes Large Language Model. Diese basieren auf riesigen Datensätzen, die mittels neuronaler Netze speziell für Aufgaben wie Textverständnis, -Generierung und -Bearbeitung eingesetzt werden können. Der Vergleich der schriftlich ausgegebenen Antworten zeigte ein überraschendes Ergebnis: „Bei der verblindeten Evaluation erreichten die KI-generierten Antworten höhere Qualitätswerte als die der Rheumatolog*innen der Website“, berichtet Studienleiterin Dr. med. Isabell Haase, Oberärztin am Hamburger UKE und Sprecherin der AG Junge Rheumatologie (rheumadocs) der DGRh. Auch im Hinblick darauf, wie empathisch die Antworten wirkten, schnitt ChatGPT sehr gut ab und lag mit den Expert*innen-Statements gleichauf. Dabei müsse man berücksichtigen, dass die Evaluation in der ChatSLE-Studie durch Ärzt*innen erfolgt sei und die Forschung prinzipiell auf eine Beurteilung durch Patient*innen auszuweiten sei.
Eine einfühlsame Kommunikation ist die Grundlage für ein gutes und vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis. In der ChatSLE-Studie zeigte sich, dass längere Texte tendenziell als empathischer empfunden wurden – auch hier konnte ChatGPT punkten. „In der ärztlichen Sprechstunde fehlt dagegen oft die Zeit für ausführliche Gespräche“, sagt Dr. med. Martin Krusche, stellvertretender Leiter der Sektion Rheumatologie am UKE, Mitglied der Kommission Digitale Rheumatologie der DGRh und Co-Autor der Studie. Ein Rückgriff auf detaillierte, von ChatGPT generierte Texte, die lediglich adaptiert – und sehr selten korrigiert – werden müssten, könne gerade angesichts des Fachärztemangels zukünftig hilfreich sein.
1,8 Millionen Rheuma-Erkrankte in Deutschland werden derzeit von nur 700 niedergelassenen Rheumatologi*nnen versorgt. „Diese Zahl müsste ungefähr dreimal so hoch sein, um eine gute Versorgung sicherzustellen“, sagt DGRh-Präsident Professor Dr. med. Christof Specker, Essen. Im Bündnis für Rheumatologie setzt sich die DGRh daher für den Ausbau der rheumatologischen Weiterbildung mit der Kampagne rheuma2025.de ein. „Neben diesen langfristigen Maßnahmen sollten wir aber auch das Potenzial neuer Technologien nutzen, um die Versorgungssituation kurzfristig zu entspannen“, so Specker. Die aktuelle Studie zeige, dass Large Language Modellen hier durchaus eine Rolle zukommen könne.
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