Wie sich das Krankheitsrisiko von Mensch zu Mensch unterscheidet
01.09.2022 - Die Schering Stiftung zeichnet Sarah Kim-Hellmuth für ihre herausragenden Arbeiten zur Erforschung des genetischen Einflusses auf die Variabilität der Genaktivität im Menschen mit dem Friedmund Neumann Preis 2022 aus. Der Forschungspreis ist mit 10.000 Euro dotiert.
Vielen von uns mag der Gedanke bekannt sein: „Warum werde ich krank, andere aber nicht – obwohl ich doch viel gesünder lebe?“ Eine Antwort auf diese Frage ermöglicht die Forschung von Dr. Sarah Kim-Hellmuth. Sie untersucht in ihren groß angelegten funktionellen Genanalysen das Erbgut vieler hunderter Menschen gleichzeitig. Die Unterschiede im Erbgut verknüpft sie mit der Genaktivität in verschiedenen Körpergeweben und dem Risiko einer möglichen Erkrankung. Dabei wurde auch deutlich, dass ganz unterschiedliche Bereiche im Erbgut einen Einfluss auf die Aktivität der krankheitsassoziierten Gene haben. Mit diesem Wissen können nun verbesserte und personalisierte Therapien für die Behandlung und Prävention von Diabetes, Herzkreislauf-erkrankungen, Autoimmunerkrankungen Schizophrenie und anderen Krankheiten entwickelt werden.
Sarah Kim-Hellmuth wird insbesondere für die Studienergebnisse, die sie als Hauptanalystin im Verbund mit dem Genotype-Tissue Expression (GTEx)-Konsortium erbrachte, ausgezeichnet. Ihr gelang es zu zeigen, dass die genetische Regulation der Genaktivität stark kontextabhängig ist und sich beispielsweise zwischen Zelltypen oder auch zwischen Frauen und Männern unterscheiden kann. Ihre Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass sie eine Vielzahl unterschiedlicher Gewebetypen im Körper hunderter Spender*innen untersucht. So entsteht ein immenser Datensatz, der es ermöglicht, gesunde und pathologische Genaktivität bei komplexen Erkrankungen zu vergleichen. Zukünftig wird mit dem so gewonnenen Wissen eine gezieltere krankheitsspezifische Forschung und die Identifizierung von Targets für die Arzneimittelentwicklung möglich sein.
Die Fachärztin für Humangenetik und Forschungsgruppenleiterin Dr. Sarah Kim-Hellmuth erhält am 29. September den Friedmund Neumann Preis 2022 für ihre bahnbrechenden Arbeiten zur Erforschung des genetischen Einflusses auf die Variabilität der Genaktivität im Menschen. „Mit ihren Arbeiten hat Frau Dr. Sarah Kim-Hellmuth unser Verständnis von krankheitsassoziierten Genvarianten deutlich erweitert. Je besser wir verstehen, welchen Einfluss unser Erbgut auf das Risiko einer Erkrankung hat, desto besser können wir die persönliche Erbanlage bei Prävention und Behandlung berücksichtigen und personalisierte Therapien entwickeln“, begründet Prof. Dr. Dr. h.c. Stefan H. E. Kaufmann, Vorsitzender des Stiftungsrates der Schering Stiftung, die Wahl der Jury.
Die Schering Stiftung vergibt den mit 10.000 € dotierten Preis seit 2011 an Nachwuchswissenschaftler, die herausragende Leistungen in der humanbiologischen, organisch-chemischen oder humanmedizinischen Grundlagenforschung erbracht haben. Der Preis will exzellente wissenschaftliche Leistung sichtbar machen, die frühe Entwicklung eines eigenständigen Forschungsprofils honorieren und die wissenschaftliche Etablierung der Preisträger*innen unterstützen.
Sarah Kim-Hellmuth wurde für den Friedmund Neumann Preis 2022 von Prof. Dr. Eleftheria Zeggini, Direktorin des Instituts für Translationale Genomik am Helmholtz Zentrum München, vorgeschlagen. Prof. Dr. Dr. Christoph Klein, Direktor der Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital des Universitätsklinikum München, sagt über die Preisträgerin: „Aus wissenschaftlicher und klinischer Sicht hat Sarah Kim-Hellmuth und das Forscherteam des GTEx-Konsortiums zu einem Meilenstein beigetragen, der eine schnellere und bessere Entdeckung von Krankheitsmechanismen ermöglicht und den Weg zur personalisierten Medizin ebnet.“
Sarah Kim-Hellmuth studierte Medizin an der LMU und TU München, war Assistenzärztin am Institut für Humangenetik des Universitätsklinikums Bonn, gefolgt von einem mehrjährigen Postdoc-Aufenthalt am New York Genome Center und der Columbia-Universität in New York, wo sie als Hauptanalystin des Genotype-Tissue Expression (GTEx)-Konsortiums tätig war. Seit 2021 ist sie Fachärztin für Humangenetik und leitet seit Anfang 2022 eine Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe am Institut für Translationale Genomik des Helmholtz Zentrums München und am Dr. von Haunerschen Kinderspital der LMU.