Wie sozial können Roboter sein?
31.10.2024 - Roboter und KI werden immer wichtiger – in der Industrie, bei Dienstleistungen, in der Medizin und im privaten Umfeld.
Die Bayerische Forschungsstiftung und ein bayerisches Konsortium aus der Wirtschaft investieren in den kommenden zwei Jahren gemeinsam fast vier Millionen Euro in den Forschungsverbund FORSocialRobots, der die sozialen Fähigkeiten von automatisierten Systemen und Robotern maßgeblich vorantreiben soll. Prof. Dr. Jörg Franke, Leiter des Lehrstuhls für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) übernimmt die Rolle des Sprechers für das dreijährige Forschungsprojekt.
Im Fokus der wissenschaftlichen Arbeiten stehen die sozialen Fähigkeiten von Robotern, um eine effiziente und akzeptierte Interaktion mit Menschen in verschiedenen Anwendungsbereichen zu ermöglichen. Prof. Franke definiert das Forschungsziel: „Wir wollen die multimodalen Aspekte der Sozialität grundlegend verstehen und lernen, wie Menschen Emotionen ausdrücken und lesen können, wie sie Empathie empfinden und anderen Hilfe anbieten und wie wir diese Fähigkeiten auf automatisierte Systeme übertragen können.“ Nina Merz, die am Lehrstuhl FAPS das Konsortium koordiniert, ergänzt: „Uns geht es weniger darum, Roboter zu entwickeln, die Menschen äußerlich ähneln, sondern vielmehr Szenarien zu erforschen, in denen die Maschinen mit Menschen interagieren“. Dr. Sebastian Reitelshöfer, Projektleiter am FAPS, betont: „Um sozialen Roboter zum Erfolg zu verhelfen, müssen sie sich uns anpassen und nicht umgekehrt. Daran führt kein Weg vorbei. Wobei sich bei der Zusammenarbeit mit neuen Werkzeugen natürlich auch immer menschliche Verhaltensmuster weiterentwickeln.“
Von Logistik über Produktion und Service bis hin zu Pflege
Das Konsortium von FORSocialRobots strebt an, dass Menschen und Roboter in flexiblen Teams effektiv in verschiedenen Lebensbereichen zusammenarbeiten können. In sechs Anwendungsfeldern – Inspektion, Logistik, Produktion, Service, Seniorenheim und Demenzzentrum – sowie in fünf wissenschaftlichen Teilprojekten sollen die sozialen Fähigkeiten von Robotern verbessert werden. Die Teilprojekte beschäftigen sich mit der Architektur sozialer Fähigkeiten, der sozial situativen Kommunikation, der sozial adaptiven und proaktiven Interaktion, der Simulation und Validierung sozial kognitiver Roboter im digitalen Zwilling sowie der Mensch-Roboter-Interaktion im Arbeitskontext.
Soziale Interaktion besonders schwierig
Besondere Herausforderungen birgt die autonome Interaktion mit Menschen. Dabei ist es entscheidend, dass die Kommunikation so natürlich wie möglich erfolgt und nicht angsteinflößend auf den Menschen wirkt, da die technischen Helfer ansonsten nur schwer akzeptiert werden. Aber genau diese Anforderung macht es umso schwieriger, da soziale Interaktionen typischerweise hochkomplex und fein nuanciert sind. Hinzu kommt, dass Roboter zuweilen technisch noch nicht so leistungsfähig sind und zudem hohe Kosten entstehen, wenn sie für die unterschiedlichsten Einsatzszenarien eigens angepasst werden müssen. Darum besteht auch ein Ziel darin, zu prüfen, welche Erkenntnisse – egal, ob sie in einer Fabrikhalle, in einem Restaurant oder in einem Pflegeheim gewonnen werden – sich auf andere Einsatzzwecke und -orte übertragen lässt.
Wie lassen sich Roboter in sensiblen Umgebungen einsetzen?
In einem Szenario soll beispielsweise untersucht werden, wie ein Roboter, der zum Teil fernüberwacht und zum Teil autonom agiert, mit Menschen in sensiblen Umgebungen wie einem nuklearen Umfeld zusammenarbeiten kann. Dabei soll die Maschine in der Lage sein, den Kontakt mit Menschen zu bewerten und daraufhin angemessen zu reagieren. Und eben nicht nur das: Die Forschenden analysieren zugleich, welches Verhalten der Maschinen für Menschen verständlich, nachvollziehbar und letztlich akzeptabel ist.
Gefragt: Gastfreundlichkeit
Ein anderes Szenario ist in der Gastronomie angesiedelt: Dort soll ein Roboter den Umgang mit Tellern und Tabletts lernen, also zum Beispiel zunächst einmal erkennen, wann ein Teller leer ist und in diesem Fall Gästen die Aufgabe „Teller abräumen“ anbieten. Neben technischen Herausforderungen wie einer sehr dynamischen Umgebung eines Gastraums oder einer Veranstaltungsfläche trifft der Roboter auf Gäste, die im Gegensatz zu Beschäftigten eines Unternehmens keineswegs Bescheid wissen, was auf sie zukommt. Dementsprechend spielt in solchen Fällen Überraschung, Dynamik und Gastfreundlichkeit eine große Rolle.
Flexibel im Demenzzentrum
Andere Szenarien betreffen den Einsatz im Gesundheitswesen zur Unterstützung von Pflegepersonal. Ein ganz besonders komplexes Umfeld ist beispielweise ein stationäres Demenzzentrum. Dabei treffen die Roboter auf drei sehr verschiedene Personengruppen – Personal, Besucher/-innen und Bewohner/-innen. Ihre Strategien für die Interaktion müssen die Roboter dabei je nach Gegenüber sehr flexibel anpassen können, ohne dass zum Beispiel eine komplizierte Authentifizierung nötig ist. Sie müssen also Absichten und Emotionen effektiv erkennen und daraufhin passend sowie klar verständlich reagieren können. Aber das wichtigste: Es darf nicht möglich sein, dass Benutzer/-innen versehentlich eine unangemessene Reaktion der Maschine auslösen.
Mehr zu FORSocialRobots
Ausführliche Infos zu FORSocialRobots gibt es direkt bei der Bayerischen Forschungsstiftung.