Europas größtes Schmerzregister entsteht in Jena
04.06.2012 -
Wie viel Schmerz nach der Operation muss sein? Unter dem Titel „PAIN-OUT" wird diese Frage derzeit europaweit erforscht. Koordiniert wird die in neun Ländern laufende Studie vom Universitätsklinikum Jena (UKJ).
Studienleiter PD Dr. Winfried Meißner, Leiter der Schmerzambulanz am Thüringer Uniklinikum und einer der Chefärzte des Zentrums für Palliativmedizin betont: „Der Schmerz gehört nicht automatisch zu einem Klinikaufenthalt dazu, er kann wirksam gelindert werden." Dazu beitragen soll ein europaweites Schmerzregister, das im Rahmen der Studie entsteht. Bislang wurden zusammen mit dem deutschen Schwesterprojekt QUIPS die Daten von über 250.000 Patienten erfasst. Im Rahmen der Studie, die von der EU mit fast drei Millionen Euro gefördert wird, werden u.a die Patienten direkt zu den Ergebnissen der Schmerztherapie befragt und diese Aussagen aus Patientensicht mit den ergriffenen Therapiemaßnahmen verglichen.
„Durch diese Vorgehensweise wollen wir die Behandlungsqualität und Versorgungsstrategien bei der postoperativen Schmerztherapie verbessern, Gleichzeitig können wir dadurch ganz konkrete Entscheidungshelfen für die Kliniken über unsere Homepage zur Verfügung stellen." Auch mehreren Kliniken am UKJ beteiligen sich an diesem Projekt und konnten z.T. deutliche Verbesserungen der Schmerztherapie nachweisen.
Betrachtet werden dabei auch alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede. Rund 40 Millionen Menschen unterziehen sich jährlich europaweit chirurgischen Eingriffen: „Fast die Hälfte von ihnen leidet im Anschluss an starken Schmerzen", so Dr. Meißner im Vorfeld des ersten „Bundesweiten Aktionstag gegen den Schmerz", der morgen (5. Juni) von der Deutschen Schmerzgesellschaft begangen wird.
Neben einer verbesserten postoperativen Schmerztherapie sei allerdings auch die ambulante Betreuung von Patienten wichtig, die an Schmerzen leiden. An der Uniklinik Jena werden solche Patienten u.a. in der der Schmerzambulanz der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie behandelt. Wichtig sei dabei die enge Zusammenarbeit mit den weiteren Fachdisziplinen am UKJ. Zu den Schwerpunkten der Ambulanz zählen Tumorschmerzen und Nervenschmerzen. „Unser Ziel ist es, zu verhindern, dass Schmerzen chronisch werden", erklärt Simone Melle, sie arbeitet als speziell qualifizierte „Schmerz-Schwester" („Pain Nurse") an der Uniklinik Jena. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft leiden über acht Millionen Menschen in Deutschland an chronischen Schmerzen.
Hochspezialisierte Behandlungsangebote
Die Schmerzambulanz am UKJ ist eng vernetzt mit den hochspezialisierten Behandlungsangeboten weiterer Klinikbereiche des UKJ. In der Klinik für Neurologie des UKJ gibt es z.B. im Rahmen des Mitteldeutschen Kopfschmerzzentrums eine eigene Sprechstunde und eine Tagesklinik für Kopfschmerzpatienten. Dr. Peter Storch, Leiter des Mitteldeutschen Kopfschmerzzentrums am UKJ, erklärt: „Tagesklinische Behandlung bedeutet, dass die Betroffenen morgens ins Zentrum kommen und am späten Nachmittag wieder nach Hause gehen. Patienten mit Kopfschmerzen an mindestens fünf Tagen pro Monat erhalten eine Schulung über die Ursachen der Erkrankung und bekommen geeignete verhaltenspsychologische und physiotherapeutische Bewältigungsstrategien vermittelt. Nicht zuletzt leiten die Mitarbeiter des Kopfschmerzzentrums bei Bedarf eine medikamentöse Therapie ein." Die Therapie wird individuell auf jeden Patienten abgestimmt. Migräne oder Spannungskopfschmerz sind zwar die häufigsten Kopfschmerzen, insgesamt können jedoch 256 verschiedene Kopfschmerzarten unterschieden werden.
Zur Premiere des ersten „Aktionstages gegen den Schmerz" in Deutschland betonen die UKJ-Schmerzexperten: „Egal ob in der Klinik, beim Haus- oder Facharzt: Wichtig ist, dass betroffene Patienten mit ihrem behandelnden Arzt über Schmerzen sprechen. Denn Schmerz, in welcher Form auch immer, muss nicht einfach so hingenommen werden."