Priv.-Doz. Dr. Mohamad Jawhar: Zwei Forschungspreise und eine Forschungsförderung
Neue Erkenntnisse zur fortgeschrittenen systemischen Mastozytose mit Auswirkungen auf das Patientenmanagement
Priv.-Doz. Dr. Mohamad Jawhar, Facharzt für Innere Medizin und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der III. Medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM), ist mit dem Hector-Forschungspreis Onkologie 2018 ausgezeichnet worden. Der Preis wurde dem Arzt und Krebsforscher am 1. Oktober 2018 im Rahmen der Jahrestagung der deutschsprachigen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) in Wien überreicht. Der Preis ist mit 20.000 € dotiert und wird für preiswürdige, in den vergangenen zwei Jahren veröffentlichte Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Hämatologie / Onkologie vergeben.
Insgesamt vier hochrangig publizierte Arbeiten zur fortgeschrittenen systemischen Mastozytose, einer seltenen Erkrankung der blutbildenden Zellen im Knochenmark, überzeugten die medizinischen Fachgutachter. Mastozyten (Mastzellen) sind Zellen der körpereigenen Abwehr, die aus Stammzellen im Knochenmark gebildet werden. Die normale Funktion einer Mastzelle ist die einer Warnzentrale: Nehmen Mastzellen eine mögliche Bedrohung wahr, so alarmieren sie andere Zellen, indem sie Botenstoffe ausschütten. Das umliegende Gewebe wird dadurch in einen Alarmzustand versetzt und bestimmte Abwehrzellen angelockt.
Im Falle einer systemischen Mastozytose kommt es zur Akkumulation von genetisch veränderten Mastzellen in diversen Organen (u.a. Knochenmark, Leber, Milz, Lymphknoten und Haut). Die Mastzell-Infiltrationen können irreparable Schäden an dem betreffenden Organ auslösen und innerhalb kurzer Zeit zum Tod führen. Die Symptome einer systemischen Mastozytose sind vielfältig. Ebenso heterogen wie die klinische Präsentation ist das Therapieansprechen und – damit verbunden – die Prognose dieser Erkrankung.
Bis vor Kurzem fristete die systemische Mastozytose daher das Schattendasein einer meist gar nicht oder zu spät diagnostizierten hämatologischen Erkrankung ohne adäquate Therapieoptionen. Fortschritte in der Molekulargenetik, die bei einer Vielzahl von hämatologischen Erkrankungen zu elementar neuen Erkenntnissen hinsichtlich Krankheitsentstehung, adäquater Diagnostik und verbesserter Therapieoptionen führten, haben jedoch auch die Erkenntnisse zur systemischen Mastozytose deutlich erweitert.
So konnte Mohamad Jawhar mittels Hochdurchsatz-Sequenzierungsanalysen zeigen, dass mit der fortgeschrittenen systemischen Mastozytose immer wiederkehrende genetische Veränderungen der Stammzellen einhergehen. Die Mehrzahl der Patienten (60-70 %) trägt neben der für die Erkrankung typischen Punktmutation im Wachstumsrezeptor KIT (D816V) eine Vielzahl weiterer Mutationen, die sich auf die Ausprägung der Erkrankung auswirken und Relevanz für deren Prognose haben. In Untersuchungen auf Einzelzell-Ebene konnte er zeigen, dass einige dieser Zusatzmutationen für die Krankheitsentstehung ursächliche Mutationen darstellen, wohingegen die KIT D861V Mutation häufig eine späte, aber elementare krankheitsdefinierende Mutation ist.
Jawhar konnte außerdem nachweisen, dass Patienten mit einer bestimmten Hochrisiko-Gensignatur statistisch signifikant häufiger eine leukämische Form der Erkrankung entwickeln und insgesamt ein deutlich reduziertes Gesamtüberleben haben. Seine Arbeiten zeigen auch, dass Patienten mit einer solchen Hochrisiko-Gensignatur auf die zielgerichtete Therapie mit dem Wirkstoff Midostaurin deutlich schlechter ansprechen. Mittels Hochdurchsatz-Sequenzierungsanalysen unter der Therapie konnte er außerdem die klonale Dynamik von einzelnen Patienten darstellen und dabei zeigen, dass Therapieversagen und Krankheitsprogress sich durch den Erwerb von neuen Mutationen erklären lassen.
Am bisher größten untersuchten Patientenkollektiv weltweit konnte zudem mithilfe von klinischen und molekularen Daten erstmals ein von der WHO unabhängiger Risiko-Score etabliert werden, der eine Vorhersage über das Risiko oder den Verlauf einer systemischen Mastozytose erlaubt. „Die Voraussetzungen an unserem Referenz- und Exzellenzzentrum für Mastzellerkrankungen, diese seltene Krankheit zu erforschen, sind hervorragend. Für eine internationale Phase-II-Studie zur Sicherheit und Wirksamkeit von Midostaurin konnten wir mit Abstand die meisten Patienten weltweit rekrutiert. Wir behandeln Patienten aus ganz Deutschland. In kürze bieten wir zwei weitere Studien für diese seltene Entität an“, so Jawhar.
Die Arbeiten von Mohamad Jawhar werden in der Fachwelt wahrgenommen. Außer mit dem Hector-Forschungspreis Onkologie 2018 wurde eine seiner Arbeiten zur systemischen Mastozytose Ende Oktober mit dem mit 1.000 € dotierten Krebspreis des Onkologischen Arbeitskreises Mannheim (OAK) ausgezeichnet. Darüber hinaus unterstützt die José Carreras Leukämie-Stiftung seine weitere Arbeit, in der er gemeinsam mit Dr. Nicole Naumann klinische und genetische Aspekte der Erkrankung erforscht, in den kommenden zwei Jahren mit 154.000 €.
„Die von Mohamad Jawhar erforschten Erkenntnisse haben tatsächlich das Management der Patienten mit fortgeschrittener systemischer Mastozytose im klinischen Alltag, also sowohl die Diagnostik als auch die anschließende Behandlung dieser Patienten, bedeutend verändert“, so Prof. Dr. Wolf-Karsten Hofmann, Direktor der III. Medizinischen Klinik der UMM. „Eine Leistung, die eine solche Anerkennung durch die Fachgesellschaft verdient.“
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