Das biometrische Autogramm geht einfach von der Hand
20.08.2010 -
„Das Gesundheitswesen ist einer der zukunftsträchtigsten Einsatzbereiche von elektronischen Signaturen", stellt Ulrich Kampffmeyer fest, Geschäftsführer des Beratungshauses Project Consult und Experte für Dokumentenmanagement-Systeme (DMS). Schließlich gibt es vor allem in Krankenhäusern einen großen Bedarf, die Nutzung von Papier stark zu reduzieren. Einen laufenden Meter an Dokumentation pro Bett nennen Experten gerne als Menge, die pro Jahr zusammen kommt.
Elektronische Signaturen stellen eine wichtige Voraussetzung dar, um diesen Papierberg abzubauen. Denn Vorgänge können nur dann komplett digital abgebildet werden, wenn es auch eine Möglichkeit gibt, elektronisch zu unterzeichnen. Medienbrüche - also das Ausdrucken eines Dokuments und anschließendes Scannen - sind dann nicht mehr notwendig. Das reduziert auch die Kosten. Je nach Art des Prozesses lassen sich so ein bis zwei Euro pro Dokument einsparen.
Dabei steht weniger die digitale Unterschrift per Signaturkarte im Vordergrund. Sie ist nach wie vor kaum verbreitet - u. a. wegen der hohen rechtlichen Anforderungen in Deutschland. Hinzu kommen Akzeptanzprobleme im Krankenhausbereich, wenn es um das Unterzeichnen mit einer Chipkarte geht. Das eigenhändige Unterschreiben ist den Mitarbeitern wie Pflegern, Schwestern oder Ärzten dagegen vertrauter.
Daher biete sich besonders in Krankenhäusern die elektronische Signatur per eigenhändiger Unterschrift als Alternative zur Smartcard an, meint Oliver Berndt. Er ist Leiter im Competence Center Elektronische Signatur beim DMS-Branchenverband VOI. Und er weist darauf hin, dass diese Form der digitalen Unterschrift für den Nutzer viel einfacher zu handhaben sei als der Umgang mit einer Chipkarte.
Auch aus rechtlichen Gründen ist eine Smartcard gar nicht notwendig. Denn für die meisten Dokumente sei vom Gesetzgeber keine qualifizierte elektronische Signatur vorgeschrieben, für die eine Chipkarte unabdingbar ist. Dient etwa die Unterschrift dem Krankenhaus lediglich zur eigenen Absicherung, reicht ein eigenhändiges digitales Autogramm aus. Ein solches hat dann rein rechtlich den Status einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur.
Verschiedene Anbieter wir etwa -Signotec, Signature Perfect oder Softpro bieten dafür Lösungen an. Typische Einsatzszenarien sind z. B. die Erfassung von Daten in der Notaufnahme oder die Dokumentation der Patientenaufklärung. Unterschrieben wird dabei auf einer speziellen Unterlage - einem Signatur-Pad - oder auch auf einem Tablet-PC. Die dazugehörige Signatur-Software hält nicht nur das Schriftbild fest. Sie misst auch biometrische Informationen wie die Geschwindigkeit sowie den Druck, mit denen die Unterschrift ausgeführt wird. Somit lässt sich die Authentizität der Signatur sogar eindeutiger feststellen als beim Unterzeichnen eines Papierdokuments.
„Damit die Unterschrift in einem möglichen Rechtsfall einen Beweiswert hat, ist es nötig, neben der Authentizität auch ihre Integrität sicherzustellen", erklärt Jörg Lenz, Marketing-Manager des Signatur-Spezialisten Softpro. Dafür sorge die Verschlüsselung des digitalen Autogramms. Mit ihrer Hilfe lassen sich nachträgliche Manipulationsversuche nachweisen.
Es gibt bereits einige Einrichtungen, die mit solchen biometrischen E-Signaturen arbeiten. Als Beispiel nennt Lenz das Klinikum Ingolstadt. Dort werden Patientendaten in der Notaufnahme mit einer Lösung erfasst, die u. a. auf Microsoft Office basiert. Die zu unterschreibenden elektronischen Formulare liegen dabei im XML-Format vor. Durch die Verwendung dieser Universalsprache lassen sich die erfassten Informationen mit den Anwendungen des Klinikums austauschen. Für die Kommunikation mit diesen Systemen sorgen Webservices - also eine weitere Standardtechnik. Somit stehen die Daten, die von den Notfallpatienten aufgenommen werden, innerhalb kurzer Zeit im gesamten Haus zentral zur Verfügung.
Trotz der Vorteile einer elektronischen Signatur hat sich die Technologie noch nicht auf breiter Basis in den Krankenhäusern durchgesetzt. Das liegt zum einen daran, dass das Krankenhaus auf dem Weg zur papierarmen Organisation gerade erst gestartet ist und z. B. noch selten mit digitalen Formularen gearbeitet wird. Zudem sind laut Kampffmeyer die proprietären Anwendungssysteme in den Krankenhäusern auf die Einbindung einer digitalen Unterschrift häufig noch nicht vorbereitet.
Daneben sind die Kosten für die Biometrie-Version einer elektronischen Signatur nicht zu unterschätzen. So liegt der Preis für ein einzelnes Signatur-Pad inklusive Software bei etwa 300 €. Bei der Verteilung auf mehreren Arbeitsplätzen kann so eine Summe zusammenkommen, die im IT-Budget ins Gewicht fällt.
Ein viel größeres Hindernis sei aber die Verunsicherung der Verantwortlichen in den Krankenhäusern, glaubt Signatur-Experte Berndt. Viele wüssten nicht, wie sie digitale Unterschriften in ihre Prozesse einbinden könnten und welche Art der Signatur für welche Abläufe geeignet ist.
So ist der Einsatz der handschriftlichen E-Signatur auch nicht unbegrenzt möglich. Dokumente wie etwa Rechnungen, für die das Gesetz eine Unterschrift vorschreibt, dürfen nur mit einer qualifizierten elektronischen Si-gnatur unterzeichnet werden. Und dafür kommt nur die Smartcard infrage.