Fokus Biochips – Potential für heute und morgen
22.06.2010 -
Mit diesen Microarrays - die auch als Biochips bezeichneten werden - lassen sich Biomoleküle wie DNA, Proteine und andere kleine Moleküle parallel analysieren. Anhand ausgewählter Beispiele zeigt der Artikel diagnostische Möglichkeiten und das Potential auf, das die Technik in sich birgt.
Die Biochip-Analytik hat sich immer neue Einsatzfelder erobert. Dazu gehören Krebsforschung, Genomanalysen, Pharmakologie, Zell- und Entwicklungsbiologie und Umweltanalytik sowie der Nachweis von Krankheitserregern. Der Begriff Microarray bündelt moderne molekularbiologische Untersuchungsmethoden, mit deren Hilfe mehrere Tausend Einzeluntersuchungen parallel bewerkstelligt werden können. Biochips sind sehr kleine Probenträger aus Glas oder Kunststoff, auf die unterschiedliche Sonden, wie Nukleinsäuren (z. B. cDNAs), Antikörper oder Proteine, gekoppelt sind. Werden diese Bindemoleküle nun von einer komplexen Probe benetzt, können viele Bindungen gleichzeitig stattfinden und auf diese Weise Aussagen über die Zusammensetzung der Probe gemacht werden. Optische und elektrische Biochips unterscheiden sich in ihrer Funktionsweise. Diese parallelen Messsysteme bringen Vorteile mit sich: Sie benötigen nur ganz wenig Probenvolumen, um in wenigen Reaktionsschritten und kurzer Zeit zu einem Analyseergebnis zu kommen.
Biochips - Potential von heute
Mit dem weltweit ersten zugelassenen und auf Biochip-Basis funktionierenden Gentest zum Nachweis von Polymorphismen bei Brustkrebspatientinnen machte Roche Diagnostics pharmakogenetische Analysen vor einigen Jahren für die Routinediagnostik zugänglich. Der AmpliChip CYP450 Test kombiniert die -Vervielfältigung (Amplifizierung) der DNS eines Patienten mithilfe des PCR-Verfahrens mit der DNS-Analyse eines Biochips. Mithilfe der Ergebnisse des Chips können Brustkrebspatientinnen eine ihrem Genotyp entsprechende Therapie erhalten.
Im Unterschied zur akademischen Forschung, die mittels High-Density-Microarrays bei wenigen Proben Tausende von Parametern untersucht, müssen für die Diagnostik bei Tausenden von Proben wenige, aussagekräftige Marker analysiert werden. Parallelisierung und Automatisierung spielen hier eine wichtige Rolle. Um den Anforderungen gerecht zu werden, entwickelte Greiner Bio-One beispielsweise HTS-Plattformen speziell für den Einsatz in der Biochip-Technologie - die sog. HTA-Plattformen (High-Throughput micro-Arraying). Sie erlauben die parallele Durchführung einer Vielzahl von Einzelnachweisen in einer geringen Menge biologischen Probenmaterials. Labor- und Versuchseinrichtungen in Forschung, Wissenschaft und Industrie nutzen diese Trägermaterialien zur schnelleren und kostengünstigeren Analyse von DNA/RNA oder Protein-Sequenzen.
Mikrochips und Automation - Potential für morgen
Krebsmedikamente helfen offenbar nicht immer so gut, wie man es erwartet. Presseangaben zufolge schlägt sogar nur jedes dritte Medikament direkt an. Ob ein bestimmtes Präparat einem Patienten helfen wird, können Forscher am Heinz Nixdorf-Lehrstuhl für Medizinische Elektronik der Technischen Universität München (TUM) mithilfe von Mikrochips im Labor prüfen. Und das funktioniert mittels Labor auf einem Chip (Lab-on-a-chip): Auf einem kleinen Plättchen aus Glas überwachen bioelektronische Sensoren die Vitalität von Tumorzellen. Mithilfe von Mikro-titerplatten, auf denen sich die Tumorzellen und Sensoren befinden, einem Mikroskop, das Bilder der Zellen aufnimmt, und einem Roboter, der die Krebswirkstoffe präzise aufträgt, lassen sich die Stoffwechselaktivitäten der Tumorzellen computergestützt auswerten. Von Vorteil ist, dass die Untersuchungen mit den Robotern automatisiert ablaufen. Die Ergebnisse für individuell ermittelte Krebstherapie stehen schnell zur Verfügung. Das spart Kosten. Und die Möglichkeit, dar-über neue Medikamente effektiv zu testen, liegen auf der Hand.
Ein weiteres automatisiertes Verfahren auf der Grundlage eines Lab-on-a-chip-Ansatzes erscheint vielversprechend: ein neues vollautomatisches System für die integrierte Nukleinsäurenanalyse aus Nasen-Rachen-Abstrichen. Es wurde vom Institut für Mikrotechnik Mainz (IMM) entwickelt, und zwar als Teil eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts zusammen mit Qiagen. Das Ziel des gemeinsamen sogenannten Projekts „Stormbreaker" war, ein neues mikrofluidikbasiertes System zu entwickeln, mit dessen Hilfe komplexe molekulardiagnostische Prozessschritte in einem kosteneffizienten Lab-on-a-Chip-System (LoC) ausgeführt werden können. Der mikrofluidische Einwegchip enthält die Strukturen zur Probenextraktion, Anreicherung, Vervielfältigung und Markierung von Nukleinsäuren für den anschließenden Nachweis in einem Luminex-System. Parallel dazu wurde ein Betreibergerät entwickelt. Dieses ermöglicht die nötigen Assayschritte in dem LoC-System. Ein Heizkarussel stellt das Herzstück des gesamten Geräts dar und ermöglicht schnelle Durchlaufzeiten. Tests mit dem entwickelten Funktionsmuster zeigen, dass die Gesamtperformance des Chipsystems vergleichbar mit Standard-Laborverfahren ist, wobei Unterschiede in der Effizienz der einzelnen Schritte bestehen. Die einfache Handhabung des entwickelten Systems könnte neue Märkte für die In-vitro-Diagnostik eröffnen.