Hygiene

Medizinsche Bedarfsartikel: Einführung von Sicherheitsprodukten unerlässlich

19.11.2010 -

Medizinische Bedarfsarikel: Dem leichtfertigen Umgang mit gebrauchten, kontaminierten Punktionssystemen hat die Berufsgenossenschaft durch die Biostoffverordnung TRBA 250 den Kampf angesagt. Der Wille des Gesetzgebers bzw. seiner ausführenden Organe ist, dass überall dort, wo bei konkreten Risiken die Möglichkeit zu einer wirksamen Vorbeugung besteht, diese auch genutzt werden muss.

Eine wesentliche Änderung mit Auswirkung auf den Klinikalltag ist die verbindliche Vorschrift zur Nutzung von Kanülen und analogen „Sharps" mit Sicherheitseinrichtung, die eine Verletzung nach Benutzung und Inokulation von Patientenblut etc. unterbindet. Bisher war die Benutzung in Risikobereichen vorgeschrieben, jetzt ist sie praktisch im gesamten Gesundheitswesen Pflicht.
Einzige Ausnahme: Aufgrund vorliegender Laboruntersuchungen kann das Infektionsrisiko einschl. HIV, HBV und HCV negiert werden.

Es gilt nach TRBA 250:
Um Beschäftigte vor Verletzungen bei Tätigkeiten mit spitzen oder scharfen medizinischen Instrumenten zu schützen, sind diese Instrumente - soweit technisch möglich - durch geeignete sichere Arbeitsgeräte zu ersetzen, bei denen keine oder eine geringe Gefahr von Stich- und Schnittverletzungen besteht.
Grundsätzlich sind sichere Arbeitsgeräte bei Tätigkeiten einzusetzen, bei denen Körperflüssigkeiten in infektionsrelevanter Menge übertragen werden können. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere

  • Blutentnahmen,
  • sonstige Punktionen zur Entnahme von Körperflüssigkeiten.

Sichere Arbeitsgeräte zur Verhütung von Stich- und Schnittverletzungen müssen folgende Eigenschaften haben:

  • Der Sicherheitsmechanismus ist Bestandteil des Systems und kompatibel mit anderem Zubehör.
  • Seine Aktivierung muss mit einer Hand erfolgen können.
  • Seine Aktivierung muss sofort nach Gebrauch möglich sein.
  • Der Sicherheitsmechanismus schließt einen erneuten Gebrauch aus.
  • Der Sicherheitsmechanismus muss durch ein deutliches Signal (fühlbar oder hörbar) gekennzeichnet sein.

Es folgt eine aus der Praxis entstandene Ausnahmeregelung für spezielle Zwecke:

  • Die Insulinapplikation mittels Pen soll auch in medizinischer Betreuung z. B. im Krankenhaus identisch ausgeführt werden können wie die Selbstinjektion zu Hause.
  • Die anästhesierende Injektion in die Gingiva erfordert höchste Drücke, die nur in Spezialspritzen aufgebaut werden und die in engem Raum appliziert werden, in dem kein Platz für zusätzliche mechanische Teile ist.

Dem Einsatz sicherer Arbeitsgeräte stehen auch Verfahren gleich, bei denen das sichere Zurückstecken der Kanüle in die Schutzhülle mit einer Hand erfolgen kann, z. B. Lokalanästhetika in der Zahnmedizin oder bei der Injektion von Medikamenten (Pen). Diese Ausnahmeregelung wurde eingeführt, weil in speziellen Fällen die medizinische Versorgung nachweisbar schlechter würde. Für alle anderen Fälle in der Medizin ist das einhändige Zurückstecken der Kanüle in die Schutzhülle nicht zulässig. Auch nicht bei Verwendung von Pseudohilfsmitteln wie den Schutzkappenhaltern, die leider immer noch in Gebrauch sind. Diese verführen zu verspätetem Zurückstecken und verhindern nicht das Danebenstecken. Die Produkte täuschen Sicherheit vor, erfüllen aber eindeutig nicht die Vorgaben der TRBA 250.

Eine Generalisierung dieser Ausnahmeregelung widerspricht klar dem Willen des Gesetzgebers. Sich im Normalfall auf diese Ausnahmeregelung zu berufen, wenn sich ein Mitarbeiter an einer benutzten Kanüle gestochen hat, dürfte ein äußerst gewagtes juristisches Kon­strukt sein, das in der Regel mit einem Organisationsverschulden des Verantwortlichen endet.

Grundsätzlich gilt nach TRBA 250:

  • Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten die sicheren Arbeitsgeräte (also Punktionsnadeln mit Sicherheitsmechanismus) zur Verfügung zu stellen.
  • Der Beschäftigte hat die zur Verfügung gestellte Sicherheitsausrüstung zu benutzten.

Einführung von Sicherheitssystemen bei Punktionen
Vonseiten der Hersteller sind verschiedene Schutzsysteme entwickelt worden, die die verletzungsgefährdende Spitze direkt mechanisch umschließen, sobald sie aus der Haut eines Patienten zurückgezogen wird. Damit wird selbst bei Verkettung unglücklicher Umstände die Transmission hämatogener Erreger verhindert.

Umsetzung

Für Krankenhäuser und alle Großeinrichtungen im Gesundheitswesen, die einen Betriebsarzt und eine Fachkraft für Arbeitssicherheit beschäftigen, sollte die Umsetzung bereits eingeleitet, möglichst auch vollzogen sein. Inzwischen gehen einzelne Krankenhäuser sogar dazu über, grundsätzlich nur noch Sicherheitssysteme zu verwenden. Damit minimieren sie das Risiko so, dass sie sich von jedem späteren Vorwurf der unzureichenden Umsetzung frei halten und ihren Mitarbeitern gegenüber den maximalen Schutz zum Ausdruck bringen.

Schwierig wird es in kleinen Einrichtungen, z. B. den Praxen niedergelassener Ärzte, die sich mit Arbeitsschutz nur bedingt beschäftigen und die nach erster Einschätzung meinen, nur selten davon betroffene Patienten zu versorgen. Aber die TRBA 250 gilt für die gesamte medizinische Versorgung. Und gerade in Praxen ist oft kein aktueller Serostatus zu den Infektionskrankheiten bekannt. Daher ist jede Praxis gut beraten, jetzt sofort umzustellen und die alten Kanülen nicht mehr am Patienten anzuwenden, sondern sie für andere Zwecke zu benutzen.

Perkutane Verletzungen an blutkontaminierten „Arbeitsgeräten" werden sich nie vollständig verhindern lassen. Ein Skalpell wird immer eine scharfe Klinge haben, ein „scharfer Haken" zur Darstellung des Operationsfeldes ist bei unachtsamem Umgang immer verletzungsgefährdend, aber für Kanülen gibt es inzwischen sehr gute und problemlos anwendbare Systeme, die sofort nach Zurückziehen aus der Patientenhaut durch eine Überdeckung der Spitze einen sicheren Schutz für den Mitarbeiter darstellen. Dies gilt inzwischen für nahezu alle Kanülen: die Standard-Blutentnahmekanüle, die Flügelkanüle, die konfektionierte Einmalfertigspritze, die periphere Verweilkanüle oder den zentralen Zugang.

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