Deutscher Schmerzkongress 2008: Leitlinien gegen Schmerz
26.05.2011 -
Deutscher Schmerzkongress 2008: Leitlinien gegen Schmerz. Leitlinien gegen Schmerz – eines der Hauptthemen beim Deutschen Schmerzkongress 2008, der von der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) ausgerichtet wird. Rund 2.500 Teilnehmer, über 70 Symposien und mehr als 150 Poster führten dazu, dass in Berlin die wichtigsten Experten und Meinungen zu diesem Thema aufeinander trafen.
Leitlinien – diese ermöglichen es auch nicht spezialisierten Ärzten, Schmerzen auf neusten wissenschaftlichen Kenntnisstand zu behandeln. Die Experten appellierten jedoch an Ärzte und Krankenkassen, die Leitlinien nicht als Richtlinien misszuverstehen. Jeder Patient müsse in seiner Individualität ganzheitlich betrachtet werden, was auch neue Forschungs ergebnisse aus der Genetik und der Bildgebung unterstützen.
„Die Rückkehr zur Individualität“ ist für Prof. Dr. Hardo Sorgatz, dies jähriger Kongresspräsident, eine der wichtigsten Entwicklung in Schmerzforschung und -therapie. Seien es genetische Untersuchungen, die individuelle Unterschiede im Schmerzempfinden erklären, bildgebende Verfahren, die Aufschluss darüber geben, welche Veränderungen im Gehirn mit Schmerzen einhergehen oder die Erkenntnis, dass die eigene Haltung und psychische Faktoren großen Einfluss auf den Verlauf einer Schmerzkrankheit haben können. „Ärzte müssen ihre Patienten als Individuen wahrnehmen und ihnen zuhören, um dem Problem auf den Grund zu gehen“, unterstrich Sorgatz bei der Eröffnungspressekonferenz. „Es genügt nicht, einfach ein Medikament zu verschreiben.“
Brücke zwischen Forschung und Praxis
Diese Herangehensweise müsse auch in Leitlinien verankert werden, die zu immer mehr Schmerzsyndromen erarbeitet bzw. überarbeitet werden. Basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen halten Experten darin Empfehlungen und Hinweise fest, wie eine bestimmte Erkrankung nach aktuellem wissenschaftlichem Erkenntnisstand behandelt werden kann. Leitlinien sind im Internet zum Download frei verfügbar (z. B. www.leitlinien.de). Dies ermöglicht es auch nicht speziell weitergebildeten Ärzten, Schmerzpatienten angemessen zu behandeln. Die Gefahr der Leitlinien besteht darin, dass die Krankenkassen dazu neigen, sie als Richtlinien misszuverstehen und nur noch zu zahlen, was in der Leitlinie steht. „Aber auch wenn laut Leitlinie eine bestimmte Therapie nur jedem achten Patienten hilft, kann sie für gerade diesen rettend sein“, betonte Prof. Sorgatz. In diesem Zusammenhang wiesen die Spezialisten ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer besseren Ausbildung von Ärzten im Medizinstudium hin. „Mit unserem 14-stündigem Kerncurriculum, das als Vorschlag an alle Fakultäten in Deutschland geschickt wurde, und dem Studententag beim Schmerzkongress leisten wir als wissenschaftliche Fachgesellschaft dazu einen Beitrag“, erklärte Prof. Dr. Rolf-Detlef Treede, DGSS-Präsident.
Kopfschmerztherapie
Die große Bedeutung der Leitlinie unterstrich auch Prof. Dr. Gunther Haag, Kongresspräsident der Deutschen Migräne und Kopfschmerzgesellschaft. „Gerade gegen Kopfschmerzen gibt es eine Unzahl an Ratschlägen, die alle helfen sollen, aber letztlich nicht besser wirken als Placebos. Betroffene Patienten brauchen dringend kompetente Hilfe auf gesichertem Fundament.“ Kopfschmerzen gehören zu den häufigsten Schmerzkrankheiten in Deutschland; ca. 14 % der Bevölkerung leiden allein an Migräne. PD Dr. Arne May, Präsident der DMKG, stellte anlässlich des Kongresses eine neue Webseite vor, auf der Patienten Expertentipps zur Typisierung und Behandlung von Kopfschmerzen finden können (www.dmkg.de). Außerdem präsentierte er Ergebnisse aus der Forschung, wonach so wohl bei Kopfschmerz als auch bei Rücken und Phantomschmerz ganz ähnliche Bereiche im Gehirn eine verminderte Masse grauer Zellen aufweisen.