Hygiene

Schutz vor Nadelstichverletzungen

30.06.2011 -

Schutz vor Nadelstichverletzungen. Eine kurze Unaufmerksamkeit, ein überfüllter Abwurfbehälter – ein schmerzhafter Stich in den Finger mit der gebrauchten Kanüle. Was nun? War der Patient infektiös, vielleicht sogar HIV-positiv? Habe ich mich infiziert? Gewissheit gibt es häufig erst nach Monaten. Bis dahin bestimmen Ängste, Zukunftssorgen und schlaflose Nächte das Leben. Diese Gefühle kennen viele. Jedes Jahr kommt es in Deutschland zu schätzungsweise 500.000 Nadelstichverletzungen.

Übertragbare Infektionen

Am wichtigsten sind Hepatitis B (HBV) und Hepatitis C (HCV), die beide eine Entzündung der Leber hervorrufen, sowie HIV. Hepatitis B heilt meist aus, kann aber auch chronisch verlaufen und zu Leberkrebs führen. Eine Infektion mit Hepatitis C ist tückisch. Man merkt häufig nichts, und doch verläuft die Infektion meist chronisch mit dem Risiko einer Leberzerstörung und Leberkrebs. Eine Behandlung ist zwar möglich, jedoch mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden und ohne Erfolgsgarantie. Eine HIVInfektion ist nach wie vor nicht heilbar. Nur gegen Hepatitis B kann eine Impfung schützen.

Die Vorschriften verlangen seit 1. August 2007 besseren Schutz. Seither verlangt die TRBA 250 „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“ den Einsatz von Sicherheitsprodukten bei allen Tätigkeiten, die zu Nadelstichverletzungen führen können und mit dem Risiko einer Infektionsübertragung verbunden sind. Hierzu gehören vor allem Blutentnahmen. Aber auch bei vielen anderen Eingriffen ist eine Infektion nicht auszuschließen, denn auch wenn kein Blut an der Nadel oder z. B. am Skalpell sichtbar ist, können ausreichend Hepatitisviren vorhanden sein, um mehrere Personen zu infizieren.

Sicherheitsprodukte

Ganz einfach kann mit Sicherheitsprodukten Prävention betrieben werden. Solche Produkte verfügen über einen integrierten Sicherheitsmechanismus, der entweder nach der Verwendung automatisch ausgelöst wird oder vom Anwender aktiviert werden muss. Z. B. kann durch das Zurückziehen des Instrumentes automatisch ein Mechanismus ausgelöst werden, der die Kanüle stumpf macht, oder die Kanüle wird mit einem Schutzschild überdeckt. Damit lassen sich Nadelstichverletzungen in aller Regel vermeiden. Ihr Einsatz ist ohne Ausnahme vorgeschrieben für alle Eingriffe an Patienten, die HBV-, HCV- oder HIV-infiziert sind oder von denen eine Fremdgefährdung ausgeht, sowie in Notaufnahmen, Gefängniskrankenhäusern und Rettungsdiensten.

Für andere Patientengruppen oder Einsatzbereiche sind Ausnahmen möglich, aber nur wenn:

der Austausch durch ein Sicherheitsprodukt aus technischen Gründen nicht möglich ist, z. B. weil ein Sicherheitsprodukt für den vorgesehenen Einsatzzweck bisher nicht erhältlich ist oder der Einsatz des Sicherheitsproduktes den Patienten gefährdet; oder

der Arbeitgeber in seiner Gefährdungsbeurteilung nachweist, dass infektionsrelevante Mengen nicht übertragen werden können oder das Infektionsrisiko vernachlässigbar ist. Hierbei muss der Betriebsarzt beteiligt werden. Die Dokumentation dieser Gefährdungsbeurteilung wird von den Aufsichtsbehörden kontrolliert.

Infektionsrisiko vernachlässigen?

Das Risiko ist vernachlässigbar, wenn z. B. serologisch nachgewiesen ist, dass der Patient weder durch HBV, noch durch HCV oder HIV infiziert ist. Eine HIV-Testung ist zustimmungspflichtig. Auch ist organisatorisch sicherzustellen, dass bei infizierten Patienten während des gesamten Krankenhausaufenthaltes die ausschließliche Anwendung sicherer Produkte gewährleistet ist.

Bei der Gefährdungsbeurteilung ist auch zu berücksichtigen, dass der parallele Einsatz konventioneller und Sicherheitsprodukte zu Problemen führt: doppelte Lagerhaltung, Verwechslungsmöglichkeiten, höherer Schulungs-/Unterweisungsaufwand, mehr interne Bürokratie und Dokumentationsaufwand, mehr Beweislast und weniger Rechtssicherheit.

Sicherheitsprodukte gibt es derzeit noch nicht für alle Einsatzzwecke. Achten Sie deshalb wie bisher auf einen ausreichenden Impfschutz gegen Hepatitis B. Alle Mitarbeiter, auch solche in Führungspositionen, müssen hierzu regelmäßig zum Betriebsarzt. Es ist im Übrigen sicherzustellen, dass Nadelstichverletzungen zuverlässig gemeldet, erfasst und analysiert werden (90 % der Nadelstichverletzungen werden nicht gemeldet) und eine Postexpositionsprophylaxe jederzeit ohne Zeitverzug realisierbar ist.

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