Gesundheitsökonomie

Dr. Michael Rosenkranz im Interview über Diagnose und Therapie bei Schlaganfall

02.08.2011 -

Dr. Michael Rosenkranz im Interview über Diagnose und Therapie bei Schlaganfall. Der Schlaganfall, seine Diagnose und Therapie werden in naher Zukunft ganz wichtige Themen bleiben, denn es gibt noch viel zu tun: So gilt es z. B. die Bevölkerung über die Symptome eines Schlaganfalls aufzuklären und über die notwendige Ersthilfe zu informieren. Grund genug für Anika Schröter mit Dr. Michael Rosenkranz, Oberarzt der Neurologischen Abteilung am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf über jüngste Entwicklungen in Diagnose und Therapie aber auch über bisherige Erfolge der Öffentlichkeitsarbeit zu sprechen.

Management & Krankenhaus: Herr Dr. Rosenkranz, welche Entwicklungen in der Schlaganfalldiagnostik und -therapie waren für Sie in den letzten Jahren herausragend?

Dr. Michael Rosenkranz: Sicherlich ist die Zulassung von tPA (ein gewebespezifischer Plasminogenaktivator, ein Protein – Anmerkung der Redaktion) zur thrombolytischen Behandlung des akuten Schlaganfalls zum Jahrtausendwechsel der entscheidende Meilenstein in der Schlaganfallbehandlung. Leider ist diese Behandlung aber nur für die ersten drei Stunden nach Symptombeginn zugelassen. In den vergangenen Jahren konnte durch spezielle Untersuchungsverfahren das Zeitfenster zur Behandlung des akuten Schlaganfalls auf bis zu sechs Stunden ausgedehnt werden, so dass nun auch einige Patienten von der Thrombolyse profitieren, die nicht innerhalb von drei Stunden im Krankenhaus sein können. Hier werden in den nächsten Jahren weitere, große Fortschritte erwartet.

Management & Krankenhaus: Wie beurteilen Sie den Erfolg der bisherigen Öffentlichkeitsarbeit und die daraus entstehende Resonanz in den Medien?

Dr. Michael Rosenkranz: Der Schlaganfall hat lange Zeit in den Medien ein Schattendasein geführt und wurde in der Öffentlichkeit nicht ausreichend thematisiert. Aus diesem Grunde ist ein Großteil der Bevölkerung heute nicht in der Lage, einen Schlaganfall zu erkennen und richtig zu handeln: nämlich 112 anzurufen. In Hamburg haben wir in den vergangenen sechs Monaten eine großangelegte Kampagne „Hamburg gegen den Schlaganfall“ durchgeführt, die sich genau dieses Problems angenommen hat. Durch Umfragedaten haben wir erkannt, dass wir mit Hilfe dieser Kampagne sehr viel erreicht haben: Die Hamburger Bevölkerung fühlt sich jetzt besser informiert und weiß a) wie sie einen Schlaganfall erkennt, b) dass ein akuter Schlaganfall in einem Krankenhaus mit Neurologischer Stroke Unit behandelt werden muss, und c) dass man bereits beim Verdacht auf einen akuten Schlaganfall die Feuerwehr rufen muss: 112! Durch Öffentlichkeitsarbeit kann man also sehr viel erreichen!

Management & Krankenhaus: Es wird viel über die Rehabilitationsmöglichkeiten nach einem Schlaganfall gesprochen. Welche Chancen sehen Sie, zukünftig die Prävention auszubauen?

Dr. Michael Rosenkranz: Vorbeugung ist die beste Therapie! Daher gilt: ein Jeder sollte seine persönlichen Risiken kennen, um diese gezielt abbauen zu können. Dies gelingt am besten über strukturierte, gut organisierte Vorsorgeuntersuchungen, die die klassischen Risikofaktoren fest im Blicke haben. Nur wenn die Risikofaktoren bekannt sind, kann man effektive Prävention betreiben!

Management & Krankenhaus: Wie beurteilen Sie den Erfolg von Stroke Units? Was würden Sie ändern?

Dr. Michael Rosenkranz: Stroke Units in Deutschland sind eine einmalige Erfolgsgeschichte! Bei diesen Stationen handelt es sich um Spezialstationen, in denen ein interdisziplinäres Team von Schlaganfallexperten unter Neurologischer Führung eng zusammenarbeitet. Wir wissen heute, dass bei Patienten mit akutem Schlaganfall das Risiko für eine bleibende Pflegebedürftigkeit oder gar den Todesfall viel geringer ist, wenn sie in der Frühphase nach dem Schlaganfall auf einer Stroke Unit behandelt werden. Daher gilt: Jeder Patient mit einem akuten Schlaganfall sollte auf einer Stroke Unit behandelt werden.

Management & Krankenhaus: Am 10. Mai war der Tag des Schlaganfalls. Hat dieser Tag mehr als nur eine symbolische Bedeutung?

Dr. Michael Rosenkranz: Am 10. Mai fanden in ganz Deutschland Veranstaltungen statt, durch die die Bevölkerung auf das so wichtige Thema Schlaganfall aufmerksam gemacht werden soll. Wie wir am Hamburger Beispiel gesehen haben, kann man durch Öffentlichkeitsarbeit sehr viel erreichen! Ich würde mir wünschen, dass auch künftig die Medien diesen Tag fest in ihre Programmplanungen mit einbeziehen und an diesem Tag helfen, der Bevölkerung die Message zu vermitteln: Schlaganfall ist ein absoluter Notfall: Bereits beim Verdacht sollte man den Rettungsdienst rufen.

Management & Krankenhaus: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Rosenkranz.

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