Labor & Diagnostik

Verbesserte Chimärismus- und MRD-Analyse

14.03.2012 -

Mittels Durchflusszytometrie mit Anti-HLA-Antikörpern könnten die diagnostischen Möglichkeiten in der Stammzell-Transplantation erweitert und die therapeutische Intervention präzisiert werden. Die schnell verfügbaren Ergebnisse machen eine frühe und daher möglichst wenig eingreifende Intervention möglich.

Die HLA-nichtidentische Stammzell-Transplantation (SZT) ist heute eine realistische Option, allerdings ist hier das Risiko einer Abstoßung durch HLA-Unterschiede größer. Für die frühe Diagnose und Behandlung ist eine minutiöse Analyse des T-Zell-Chimärismus daher essenziell. Die Unterschiede bei HLA-Antigenen bieten jedoch den Vorteil, Spender- und Empfängerzellen zu unterscheiden. Denn anders als Minor-Antigene können Major-Histokompatibilität-Antigene von monoklonalen Antikörpern (AK) erkannt werden. Hierbei ermöglicht die Durchflusszytometrie eine sehr präzise und empfindliche Identifikation von Spender- und Empfängerzellen. Besondere Konditionierungsregime und umfassende T-Zelldepletion beschleunigen ein Engraftment mit geringerer Ausprägung der Graft-versus-Host Disease (GvHD).

Antikörper - Durchflusszytometrie -Chimärismus-Analyse

Unter Verwendung von HLA-spezifischen AK kombiniert mit Lineage-spezifischen AK wurde peripheres Blut (PB) von 23 Patienten mit Transplantaten von HLA-nichtidentischen verwandten Spendern auf autologe Zellen beobachtet (Tab. 1). FITC-markierte und biotinylierte AK (one-lambda, CA, USA) waren für folgende HLA-Serotypen verfügbar: A2/28, A3, A9, B7/27, B8, B12, B27 und Bw4 oder Bw6 konnten auch zum Nachweis von Split-Antigenen verwendet werden. Die Differentialexpression von HLA-Molekülen auf Spender und Empfänger wurde vor der Transplantation bestätigt.

Markierung und Analyse nach Standardverfahren: 100 µl Vollblut wurden 20 Minuten mit je 20 µl monoklonalen AK inkubiert, sechs Minuten mit 4 ml Lysepuffer FACSLyse (Becton Dickinson Immunocytometry System, BDIS, San Jose, USA) lysiert, bei 400 g für sieben Minuten zentrifugiert und mit 4 ml Puffer (FACSFlow, BDIS) gewaschen. Dann wurden die Zellen auf einem FACSCalibur Durchflusszytometer (BDIS) und mit Cellquest Software analysiert. Filter wurden auf Lymphozyten und weitere relevante Zellen, wie CD5+, CD3+ und CD56+, eingestellt. Die Prozentanteile markierter und nichtmarkierter Zellen wurden im Anschluss bestimmt.

Der Nachweis von Chimärismus wurde durch PCR (Polymerase Chain Reaction) auf immunomagnetisch isolierten T-Zellen ermittelt. Periphere Blutzellen wurden mit CD3-gelabelten Beads (Dynal, Oslo, NOR) für 30 Min. inkubiert, dann einem Magnetfeld ausgesetzt und ungebundene Zellen ausgewaschen. Positiv selektierte Zellen wurden mit PCR analysiert.

Fluoreszenz-Intensität von Leukozyten-Subpopulationen

Granulozyten hatten eine ca. 1 Log niedrigere Fluoreszenz-Intensität als Monozyten und Lymphozyten. Deshalb wurden nur sich entsprechende Subpopulationen mit ihrer Fluoreszenz-Intensität verglichen. Tabelle 1 demonstriert: Der Patient wies den Phänotyp A2/24 B44/40 auf, der zur Kategorie Bw4/6 zählt. A24 kann durch A9 als Split-Antigen erfasst werden, sowie B44 durch B12. B40 (Bw6-Familie) kann durch Bw6-AK erkannt werden. Der Patient erhielt Stammzellen des für A9 negativen Vaters. Also wurden HLA-A9 und BW6 zur Identifizierung der Spenderzellen verwendet. Bei mütterlichem Spender wäre B12 passend gewesen.

T-Zell-Chimärismus nach haploidenter Transplantation

24 Patienten wurden nach der Transplantation auf T-Zell-Erholung und T-Zell-Chimärismus im PB untersucht. Die Fluoreszenz-Intensität von HLA-AK gegen dasselbe HLA-Antigen variierte von Patient zu Patient. Folglich untersuchten wir Prätransplantat-Proben sowohl von Spender als auch Empfänger auf Baseline-Fluoreszenz-Levels, und damit verglichen wir die Fluoreszenz-Intensität von Post-Transplantat-Proben (Tab. 1). Außer in einem Fall konnten Spender- und Empfängerzellen unterschieden werden mittels HLA-Differenzen und AK. Für einen Patienten wurde mangels FITC-markiertem AK Biotin-markierter A3-AK verwendet. Bei einem Patienten war die Ausprägung der Fluoreszenz-Intensität zwischen Spender- und Empfänger-Zellen für eine Analyse zu niedrig. Ein gemischter Chimärismus wurde bei 15 Patienten mehrfach im PCR-Verfahren bestätigt. Durch immunologische Intervention wurde bei 14 Patienten vollständiger Chimärismus erreicht. Eine Abstoßungsreaktion wurde bei drei Patienten beobachtet, bei zwei Patienten hatte eine zweite Transplantation Erfolg.

Mixed-Lineage-Chimärismus

Mixed-Lineage-Chimärismus wurde drei Jahre nach haploidenter Transplantation, die ohne Konditionierung (mütterliche haploidente Spenderin) bei einer Patientin mit SCID (severe combined immunodeficiency) erfolgt war, beobachtet. Daher konnten theoretisch alle Lineages außer T-Zellen sowohl von der Spenderin als auch von der Empfängerin stammen. Obwohl alle T- und NK-Zellen dem Spendertyp (B12+) entsprachen, waren die B-Zellen noch weitgehend vom Empfängertyp (B12-). Granulozyten und Monozyten bestanden vorwiegend aus Empfängerzellen.

Immunologische Intervention nach der Transplantation

HLA-AK können zur genauen Verfolgung der Wirkungen immunologischer Interventionen dienen. In einem Beispiel waren anfangs die T-Zellen, die nach GvHD-Prophylaxe mit OKT3 von Tag 8 bis Tag 17 wiederauftauchten, vom Spendertyp. Residuelle autologe T-Zellen wurden an Tag 22 zu 6 % gefunden und wuchsen kontinuierlich auf 68 % an Tag 39. Nach Absetzen von Mycophenolat Mofetil an Tag 39 und einer Spender-Lymphozytengabe von 25x106 CD3+pro/kg-Körpergewicht an Tag 42 verschwanden die autologen Zellen binnen drei Wochen fast ganz, und Spenderzellen tauchten wieder auf. Am Tag 110 waren die autologen Zellen wieder auf über 80 % angestiegen. Wieder wurden Spender-Leukozyten-Infusionen (DLI) in drei Dosen von 25 x 106 CD3+-Spender-T-Zellen/kg gegeben, was zu einer Abnahme der autologen CD3+-Zellen auf unter 5 % führte - bestätigt durch parallele PCR-Analyse.

Besserer Nachweis Minimaler Resterkrankung (MRD)

HLA-AK können eingesetzt werden um abweichende Phänotypen leukämischer Zellen und die Anzahl residueller Tumorzellen in PB und Knochenmark nachzuweisen. Beispiel: In einer in monatlichen Intervallen vorgenommenen Analyse von PB eines Patienten mit CD33+ AML nach haploidenter Transplantation wurden residuelle leukämische Zellen als autologe CD33+-Zellen erkannt, die sich mit der Zeit bis hin zum Eintritt eines offenen Rückfalls vermehrten.

Fazit: Durchflusszytometrie erweitert Therapieoptionen

Jüngere Protokolle ermöglichen eine risikoarme Verwendung von T- und B-Zell-depletierten Transplantaten. Derzeitige Standardmethoden zur Chimärismus-Beobachtung liefern zwar zuverlässige Ergebnisse, aber können ohne höheren Aufwand nicht zwischen Subpopula­tionen unterscheiden und geben keine Informationen über Einzelzell-Levels. Wir konnten hingegen innerhalb von Stunden mit hoher Genauigkeit Einzelzellen nachweisen (T-Zellen < 1 Zelle/µl bei 2 ml PB).

Der Befund einer MRD (Minimal Residual Disease) erfolgt in der Regel mittels zytogenetischer Analyse oder durch PCR bei bereits erfassten Leukämiezelllinien. PCR-Verfahren sind äußerst genau, benötigen jedoch spezielle Primer, die nicht in jedem Falle erhältlich sind. Dagegen kann der Gebrauch von HLA-AK zur Chimärismus- und MRD-Beobachtung nach einer HLA-nichtidentischen Transplantation in jedem Standard-Labor für Durchflusszytometrie durchgeführt werden.

Mit Hinblick auf variierende Fluoreszenz-Intensität bei verschiedenen Menschen sind dabei Prätransplantat-Proben von Spender und Empfänger erforderlich. Dies kann leicht in die Standard-Protokolle für Durchflusszytometrie aufgenommen werden. Die kombinierte Anwendung von HLA-spezifischen AK mit Lineage-spezifischen AK ermöglicht eine effektive sowie genaue Kontrolle des Immunsystems. Noch bedeutsamer: Sie kann unseren bisherigen Kenntnisstand über die Regeneration der Hämatopoese im Anschluss an eine allogene SZT vergrößern. Mittels Durchflusszytometrie könnten die diagnostischen Möglichkeiten erweitert und die therapeutische Intervention präzisiert werden, und ihre schnell verfügbaren Ergebnisse machen eine frühe - und daher möglichst wenig eingreifende - Intervention möglich.

Literatur:

Flow cytometry with anti HLA-antibodies: a simple but highly sensitive method for monitoring chimerism and minimal residual disease after HLA-mismatched stem cell transplantation - Bone Marrow Transplantation - 2007, Vol. 39 pp. 767-773

 

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