Finanzierungslösungen für kleinteiligerenInvestitionsgüter
10.04.2012 -
Finanzierungslösungen für kleinteiligerenInvestitionsgüter: Dass ein Firmenfahrzeug heute geleast wird, steht für viele Unternehmen außer Frage. Ganz ähnlich sehen Beschaffungen für Computer-Ausstattungen in Industriebetrieben oder Behörden aus: Leasing, meist inklusive zusätzlicher Serviceleistungen, ist weit verbreitet. Die Nutzer können sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren und müssen sich nicht mit zusätzlichen Themen der Finanzierung belasten. Die geleasten Produkte stellen für die Unternehmen Arbeitsmittel dar, die letztlich funktionieren müssen.
Deutsche Krankenhäuser tun sich in der Finanzierung ihrer Ausstattung ungleich schwerer. Während Großgeräte wie Computertomografen oder MRT-Geräte mittlerweile zunehmend über ausgefeilte Finanzierungslösungen beschafft werden, hat sich diese Methode im Bereich von wertmäßig ähnlichen Investitionspaketen, wie die Summe der OP-Instrumente darstellt, in Deutschland noch nicht durchgesetzt.
Eine Universitätsklinik durchschnittlicher Größe hält beispielsweise wiederverwendbare OP-Instrumente (auch zusammenfassend als Sterilgüter bezeichnet) von circa vier Millionen Euro (Anschaffungswert) innerhalb des Sterilgut-Kreislaufes in ihrem Bestand.
Dabei setzt sich diese Summe aus einer Vielzahl von chirurgischen Instrumenten, je nach Einzelanschaffungswert im Durchschnitt zwischen 50 € bis 150 €, zusammen. Für genau diese vielen Einzelprodukte gilt es, ein systematisches Werterhaltungskonzept aufzubauen, um eine möglichst lange Produktnutzungsdauer gewährleisten zu können. Dies in Kombination mit einer Finanzierung des Neuprodukts ermöglicht dem Krankenhaus, sich nicht mit der filigranen regelmäßigen technischen Pflege und Funktionstüchtigkeit der Instrumente beschäftigen zu müssen, sondern sich auf das Wesentliche, nämlich die Steril-Versorgung mit OP-Instrumenten für ihre OPs, zu konzentrieren.
Maßgeschneiderte Lösungen bietet die Medizintechnikindustrie bereits seit mehr als zehn Jahren an. Die Vorreiterrolle moderner Beschaffungs- und Finanzierungskonzepte wurde von amerikanischen Firmen und Krankenhäusern erstmals eingeführt. Dort wurden zunächst vornehmlich Instrumentensets im Bereich der Endoskopie den Kunden in einem Pay-Per-Use-Verfahren angeboten. Neben der reinen Finanzierung kümmert sich der Hersteller bei dieser Finanzierungsvariante um die regelmäßige Wartung, ggf. den Austausch und damit der Werterhaltung dieses spezifischen Instrumentenbestandes.
Über die Jahre hat sich die Erwartungshaltung der hochzufriedenen Kunden dahin verändert, dass nicht mehr nur die Pay-Per-Use-Lösung für endoskopische Instrumentensets gewünscht wurde, sondern nunmehr der gesamte Instrumentenpark der offenen Chirurgie damit abgedeckt werden soll. Eine konsequente Ausrichtung auf Kundenerwartungen hat es der medizintechnischen Industrie ermöglicht, schnell und pragmatisch auf diese veränderten Anforderungen zu reagieren.
So bietet beispielsweise Aesculap ein Modell an und praktiziert die Kombination aus Finanzierung und Werterhalt bereits seit circa sieben Jahren in Deutschland. Konkret stellt sich der Ablauf von „Pay-Per-Use" wie folgt dar: Die zukünftigen Anwender definieren in Zusammenarbeit mit den Beratern von Aesculap den kundenindividuellen Inhalt z.B. eines endoskopischen Instrumenten-Sets. Die von Kunden genannte, erwartete Fallzahl pro Zeiteinheit gibt Aufschluss darüber, wie viele gleiche Sets für den sicheren Umschlag benötigt werden. Alle Instrumente werden mit einer Sonderbeschriftung versehen, um eine Verwechslung im Aufbereitungsprozess zu vermeiden. Eigentümerin der Sets bleibt die B. Braun Aesculap AG. Generell befinden sich die Sets im Sterilgutkreislauf des Krankenhauses. Nach 25 bis 30 Einsätzen wird jeweils ein Set per Abholauftrag über einen Logistikservice dem Aesculap Technischen Service zur Wartung zugesandt. Innerhalb von 48 Stunden steht dieses überarbeitete Set wieder dem Anwender zur Verfügung. Die Bezahlung erfolgt pro Nutzung (Pay per Use). Damit erhält der Kunde 100% Funktionalität bei 0% Investition.
Die Einführung von Fallpauschalen (DRG) und die damit einhergehende Ausrichtung auf Prozessoptimierung und Wirtschaftlichkeit im Krankenhausablauf stellten die Grundlage dar, um mit derartigen Lösungsansätzen auf Seiten der Krankenhäuser Interesse zu wecken. Anzumerken ist hierbei, dass chirurgische Instrumente Investitionsgüter sind, die bis heute normalerweise über die Pauschalförderung beschafft werden. Nur sieht die Realität so aus, dass der Bedarf an Investitionsgütern bei Weitem die Mittel aus der Pauschalförderung übersteigt. In Beratungsgesprächen der Industrie mit ihren Kunden zeigt sich, dass insbesondere ein Paket, bestehend aus Finanzierung und Werterhaltung, auf großes Interesse stößt. Auch sieht man die Möglichkeit für einen punktuellen Ausweg aus dem Investitionsstau.
Allerdings stehen den Entscheidern im Krankenhaus bis heute interne bürokratische Hürden in Form von Regularien der dualen Finanzierung im Weg. Vor endgültiger Vertragsschließung muss in jedem Haus ein individueller Weg gefunden werden, ob und wie das Investitionskostenbudget oder das Betriebsmittelbudget zu belasten ist. Auffallend dabei ist auch: je größer die Klinik, desto komplizierter und unüberwindbarer der Lösungsweg.
Um innovative Finanzierungslösungen anbieten zu können, arbeiten die Hersteller in der Regel eng mit Finanzdienstleistern zusammen. Die gemeinsame Gründung von Finanzierungsgesellschaften ist dabei insbesondere bei größeren Unternehmen zu beobachten.
So hat beispielweise Dräger bereits vor mehr als 10 Jahren die Gesellschaft Dräger Finance Services gegründet, ein Gemeinschaftsunternehmen von Dräger und der Deutschen Leasing AG in Bad Homburg. Dadurch kann entsprechend den Anforderungen der Kunden die gesamte Palette der Absatz-Finanzierungslösungen angeboten werden: Ratenzahlung, Miete, Leasing (in den verschiedenen Ausprägungen), Mietkauf und Sonderformen der produktbezogenen Finanzierung, also Pay-Per-Use-Lösungen. Dabei geht es in erster Linie nicht darum, einzelne Investitionen finanzierbar(er) zu machen, sondern darum, die Prozesslandschaft in Zusammenarbeit mit dem Kunden so zu verändern, dass sich eine spürbare wie auch langfristig wirksame Verbesserung der Wirtschaftlichkeit ergibt. Die Verbindung von Gerätetechnik, zugehöriger Dienstleistungen, Prozesswissen und Finanzierung als übergreifende Klammer eröffnet dabei neue Möglichkeiten der gemeinsamen Gestaltung.
Finanzdienstleister wie die IKB Leasing bieten inzwischen auch in Eigenregie maßgeschneiderte Produkte an. PAYE (Pay as you earn) nennt sich beispielweise ein Produkt, das dort vor rund einem Jahr eingeführt wurde und sich nach Aussage der IKB Leasing großer Nachfrage erfreut. Dabei können u.a. die Finanzierungskosten bei der Factoringgesellschaft direkt mit den Leistungen verrechnet werden, die bei dem Patienten erbracht worden sind.
Die Bereitschaft der Industrie, tiefer greifende und umfassendere Systeme anzubieten, ist ungebrochen. Als Vorbilder dienen erfolgreiche Konzepte anderer Industrien. Als Beispiele sind Technologiepartnerschaften für Großgeräte sowie Lösungen in Form eines umfassenden Flottenmanagements für die Bewirtschaftung des gesamten Instrumentenparks einer Klinik zu nennen. Es wäre schade, wenn diese zur Patientensicherheit und dem wirtschaftlichen Wohlergehen der Klinik dienenden Lösungen aufgrund der bestehenden bürokratischen Hürden nur im Ausland oder nur in Privatkliniken zum Tragen kommen können.
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