Ausmaß nosokomialer Infektionen
02.07.2012 -
Ausmaß nosokomialer Infektionen. Die nosokomiale Infektion ist mit 525.000–1.000.000 Fällen die häufigste Infektion in Deutschland. Keine andere Infektion erreicht diese Zahlen! Zur Vermeidung dieser Infektion wurde die RKI-Richtlinie Krankenhaushygiene und Infektionsprävention geschaffen. Seit 2001 sieht das Infektionsschutzgesetz (IfSG) im § 36 die Einhaltung der Infektionshygiene vor. Im § 36 heißt es: „Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken, Entbindungseinrichtungen, … legen in Hygieneplänen innerbetriebliche Verfahrensweisen zur Infektionsprophylaxe fest. Hygienepläne sollen als verbindliches Instrument für die Festlegung konkreter Maßnahmen zur Einhaltung der Infektionshygiene dienen.“ Die Überwachung durch die Gesundheitsämter gelingt in den wenigsten Fällen so, dass eine tatsächliche Infektionsprävention stattfindet, denn die Ämter sind häufig total überlastet oder chronisch unterbesetzt. Darüber hinaus können die Gesundheitsämter nur Momentaufnahmen wahrnehmen und die eigentlichen Problemzonen gar nicht erkennen, wie z.B. hygienisch einwandfreies Arbeiten:
- im OP
- beim Verbandwechsel
- beim Legen von Venen- und Blasenkathetern
- Haut-und Händedesinfektion
- und konsequente Isolierung von ansteckungsfähigen Patienten wie z.B. bei MRSA.
Das Ausmaß der nosokomialen Infektionen reicht von leicht bis schwer behandelbar, also von folgenlos bis hin zu Amputationen oder Tod (Pneumonie und Sepsis), aber immer kosten Infektionen Geld. Entweder hat das Krankenhaus unvorhergesehene Mehrausgaben für Antibiotika und andere Medikamente, die mit der Grunderkrankung oder dem erforderlichen Eingriff nichts zu tun haben.
Bei Fallpauschalen immer eine Erlöseinbuße!
Unter bestimmten Bedingungen kann ein Zusatzentgelt beansprucht werden, das aber nicht annähernd so ausfällt, dass ein neuer Patient mit neuer Fallpauschale verzichtbar wäre. Den „grauen Peter“ hat das Krankenhaus, den „schwarzen“ der Patient, dessen Krankenkassenbeiträge dann wieder einmal erhöht werden. Nur so ist zu verstehen, dass der VDAK keine Notwendigkeit sieht, verbindlich und nachweislich das einzufordern, was dem Patienten zusteht: Infektionsprävention nach dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, also der RKI-Richtlinie. Demjenigen dem „eine Festschreibung dieser Richtlinien in die vertraglichen Vereinbarungen als Vor- JJ aussetzung für die Zulassung zur Leistungserbringung in der Patientenversorgung wenig sinnvoll erscheint“, muss wohl auch die im Infektionsschutzgesetz verankerte nationale Richtlinie nicht sinnvoll erscheinen? Ist hier die zur Beurteilung der RKI-Richtlinie erforderliche Kompetenz wirklich vorhanden?
Wie kann man eine freiwillige Berücksichtigung sinnvoller Aspekte solcher Hygienevorschriften als zielführend erachten, wenn eben dies bislang nicht erfolgt ist? Schon die Formulierung „sinnvoller Aspekte solcher Hygienevorschriften“ ist gegenüber der obersten wissenschaftlichen Gesundheitsbehörde Deutschlands ein glatter Fehlgriff! Der Satz „Überzeugte Teilnahme an Hygienemaßnahmen auf dem Boden eines fundierten fachlichen Standards erreicht durch die Einbindung der eigentlich Handelnden mehr als Verhandlungen am „grünen Tisch“ mit der Androhung von Kontrollen und Sanktionen“ (VDAK) macht deutlich, dass Infektionsprävention hier noch nicht im Fokus des Interesses stand. Dies wird besonders unterstrichen durch folgende Ansicht: „Auf diese Weise ist eine „Optimierung“ der allgemein gültigen Richtlinien im Sinne einer Anpassung an lokale Gegebenheiten möglich“ (VDAK). Es gibt keine wissenschaftlich begründeten Unterschiede bei Desinfektion, Einwirkzeit, Verbandwechsel und MRSA-Isolierung zwischen Flensburg und Oberammergau!
Weiterhin: Der BGH setzt die Einhaltung der RKI-Richtlinie voraus, verlangt aber im Einzelfall eine Begründung bei der Abweichung! Gewährleistung eines Mindeststandards und zur Unterstützung vor Ort ist eine Verpflichtung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) zur Teilnahme an Krankenhausinfektions- Überwachungssystemen wenig hilfreich, denn das Ziel ist nicht Infektionen zu überwachen und zu zählen, sondern deren Vermeidung; dafür wurde als Folgereaktion zahlreicher Todesfälle die BGA-(1976)/ RKI-Richtlinie „Krankenhaushygiene und Infektionsprävention“ geschaffen. Man stelle sich vor, einer der liebsten Verwandten – Frau, Partner, Kind – ist behindert, querschnittsgelähmt, tot oder einfach nur drei Wochen länger krank im Krankenhaus, weil das Personal die von hochkarätigen Wissenschaftlern erarbeiteten Richtlinien für nicht ausreichend sinnvoll erachtet hat! Würden wir das wirklich akzeptieren?