Labor & Diagnostik

Operative Myokardrevaskularisation bei Diabetes mellitus

04.07.2012 -

Operative Myokardrevaskularisation bei Diabetes mellitus. Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 sind weniger durch akute Stoffwechselentgleisungen als vielmehr durch vaskuläre Komplikationen gefährdet. Im Vergleich zur Normalbevölkerung haben Typ-2-Diabetiker eine bis zu 3fach höhere Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse (Schlaganfall, PAVK, vor allem akute Myokardinfarkte). Für ca. 50 % aller Nichtdiabetiker und etwa 70 % aller Diabetiker endet ein akuter Myokardinfarkt tödlich. Aufgrund neuropathologischer Störungen neigen Patienten mit Diabetes mellitus vermehrt zu einer reduzierten Wahrnehmung von Prodromalsymptomen bzw. zu stummen Infarkten. Der Anteil der Diabetiker an jenen Patienten, die eine chirurgische Koronarrevaskularisation erhalten, nimmt zu. Derzeit liegt der Anteil bekannter Diabetiker bei 30 %, zusätzlich muss mit einer Prävalenz des unentdeckten Diabetes mellitus von mehr als 5 % gerechnet werden. In der Herzchirurgie stellen Diabetiker eine besonders herausfordernde Patientengruppe dar.

Operationsvorbereitung

Patienten mit Diabetes mellitus bedürfen vor chirurgischer Koronarrevaskularisation einer sorgfältigen Vorbereitung. Diabetiker erleiden häufiger einen perioperativen Schlaganfall und die herznahen thorakalen Gefäße sind stärker verkalkt als bei Nichtdiabetikern, deshalb ist eine genaue Kenntnis des Karotisbefundes und des Verkalkungsgrades der Aorta ascendens unerlässlich. Eine präoperative Thorax-Computertomographie oder transösophagealen Echokardiographie der Aorta kann notwendig werden. Die präoperative Evaluation der Karotiden mittels Doppler- oder Duplexsonographie ist grundsätzlich erforderlich. Ferner zeigen Diabetiker eine höhere Rate an renalen Komplikationen, was letztlich auf die diabetische Mikround Makroangiopathie zurückzuführen ist. Die perioperative Flüssigkeits- und Medikamententherapie ist entsprechend anzupassen.

Ergebnisse der operativen Myokardrevaskularisation

Die Analyse des koronararteriellen Systems mit einem einfachen Scoringsystem ergibt einen deutlich schlechteren Befund bei diabetischen im Vergleich zu nichtdiabetischen KHK-Patienten. Dies bestätigt auch die klinische Erfahrung. Stärker arteriosklerotisch veränderte Gefäße mit exzessiven Kalzifikationen erschweren bzw. verhindern oft die technische Erstellung der Anastomosen. Zusätzlich ist die Prognose der Bypassgefäße auf kaliberschwächere und arteriosklerotisch veränderte Koronararterien gegenüber weniger veränderten Gefäßen eingeschränkt. Eine Möglichkeit zur Prognoseverbesserung wird in der Verwendung von arteriellen Grafts gesehen. Die Verwendung der Arteria thoracica interna als in-situ-Bypass auf den Ramus interventricularis anterior gilt heute als Standard.

Trotz der schlechteren Beschaffenheit der Koronargefäße konnte Calafiore zeigen, dass nach chirurgischer Koronarrevaskularisation der Diabetes kein prognostischer Risikofaktor fünf Jahre nach der Operation ist. Calafiore untersuchte 767 Patienten mit KHK und Diabetes mellitus und 2.593 mit KHK ohne Diabetes, die alle eine chirurgische Koronarrevaskularisation erhalten hatten. Die Frühletalität (30 Tage) war mit 2,2 % bei den Diabetikern gegenüber 1,1 % bei den Nichtdiabetikern noch signifikant erhöht. Nach den 30 Tagen war aber das Überleben über fünf Jahre mit 97,3 % bei den Diabetikern und mit 97,9 % bei den Nichtdiabetikern nahezu identisch. In mehreren gut dokumentierten Studien konnte aber ebenso nachgewiesen werden, dass die perioperative Letalität nach operativer Myokardrevaskularisation bei nichtdiabetischen und diabetischen Patienten kaum differiert.

Operative vs. interventionelle Myokardrevaskularisation

In der BARI-Studie wurden 1.829 Patienten untersucht (915 mit PTCA therapiert, 914 chirurgisch revaskularisiert). Nach PTCA betrug die 7- Jahres-Überlebensrate 80,9 % und nach Operation 84,4 % (p=0,043). Bei Betrachtung der 253 Patienten mit Diabetes gab es signifikante Unterschiede. Die Überlebensrate der 173 Diabetiker mit PTCA lag bei 55,7 %, die der 180 Diabetiker nach chirurgischer Revaskularisation betrug 76,4 % (p=0,0011). Noch deutlicher werden die prognostischen Unterschiede der beiden Therapieverfahren bei der Anzahl der Reinterventionen nach erneutem Auftreten von Angina pectoris oder Herzinfarkt.

Von den 1.476 Patienten ohne Diabetes erhielten 742 Probanden eine PTCA, eine Reintervention (d.h. eine Re-PTCA oder Bypassoperation) wurde innerhalb von 7 Jahren bei 59,7 % der Patienten durchgeführt. Bei den Patienten nach chirurgischer Revaskularisation betrug die Rate der Reinterventionen nur 13,1 % (p=0,001). Von den 173 Diabetikern nach PTCA erhielten 69,9 % eine Reintervention, von den 180 operierten Patienten nur 11,1 % (p=0,0011). Versaci et al. berichteten 1997 von 120 Patienten mit isolierter Stenose des R. interventricularis anterior (RIVA). Die Hälfte der Patienten erhielt eine isolierte PTCA und die anderen 60 Patienten eine Kombination aus PTCA und Stentimplantation. Die Restenoserate betrug in der isolierten PTCA-Gruppe 40 % und in der Stent-Gruppe 19 %.

Beim Vergleich der Reinterventionsraten mit chirurgischen Daten sind die Ergebnisse auch nach Stentimplantation nicht befriedigend. Goy et al. untersuchten prospektiv 66 Patienten mit isolierter RIVA-Stenose, die eine Implantation der A. mammaria erhielten. Nach 24 Monaten betrug die Rate an Reinterventionen 3 %, wohingegen bei 68 vergleichbaren Patienten, die in dieser Studie eine PTCA erhalten hatten, eine Reinterventionsrate von 25 % gesehen wurde. Elezi et al. berichteten von 715 Patienten mit Diabetes mellitus nach Stentimplantation mit einer Inzidenz der Restenose von 37,5 % und einer Gefäßverschlussrate von 5,3 % in den ersten 12 Monaten nach der Intervention. In einer jüngst publizierten Arbeit vergleichen Briguori und Kollegen die operative Therapie mit der interventionellen Therapie unter Einsatz von Drug-eluting Stents. In der Studie reduziert sich der Vorteil der operativen Myokardrevaskularisation auf eine deutlich geringere Reinterventionsrate innerhalb eines Jahres. Nach einem Jahr ließen sich keine Unterschiede hinsichtlich Tod, Schlaganfall oder erneutem Infarkt finden.

Zusammenfassung

Bei der operativen Myokardrevaskularisation unterscheidet sich die perioperative Letalität diabetischer Patienten nicht von derjenigen nichtdiabetischer Patienten, obwohl in aller Regel die Arteriosklerose in den epikardialen Koronararterien ausgeprägter und die Anzahl von peripheren und diffusen Stenosen größer als bei Patienten ohne Diabetes sind. Die Rate an notwendigen Reinterventionen ist nach chirurgischer Revaskularisation wesentlich geringer als nach PTCA. Außerdem ist das Risiko für einen Diabetiker mit KHK, nach einer Bypassoperation an einem Myokardinfarkt zu versterben, geringer als nach PTCA. Das postoperativ eingeleitete Management der kardiovaskulären Faktoren sollte interdisziplinär – im Sinne einer vaskulär protektiven Therapie – intelligent aufeinander abgestimmt sein und nicht nur auf die reine Korrektur einzelner Risikofaktoren zielen.

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