Chemotherapie bei Brustkrebs: Wirksame Prophylaxe durch modernen 5-HT3-Antagonist Palonosetron
29.09.2012 -
Chemotherapie bei Brustkrebs: Wirksame Prophylaxe durch modernen 5-HT3-Antagonist Palonosetron. Wie im September 2006 auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie in Dresden klar herausgestellt wurde, leiden weibliche Krebspatienten oft deutlich mehr an den Nebenwirkungen einer Chemotherapie als krebskranke Männer. Durch neue Medikamentenentwicklungen wie z.B. den modernen Serotoninantagonisten, Palonosetron (Aloxi), wird die antiemetische Therapie in der Onkologie noch ein Stück weiter optimiert.
Therapieeinschränkungen wegen Alter – noch zeitgemäß?
Ältere Patientinnen sind in klinischen Studien, der heute gültigen Grundlage für begründete Therapieentscheidungen, leider noch vielfach unterrepräsentiert. Lange Jahre galt ein Alter von 60 oder 65 Jahren in klinischen Studien sogar als Ausschlusskriterium. Der Mangel an ausreichenden Erfahrungen und Daten für eine angemessene, fundierte und rationale Therapie und die Annahme, ein Mammakarzinom bei einer älteren Frau könnte weniger aggressiv verlaufen als bei einer jüngeren, haben zur Folge, dass vielen älteren Patientinnen die notwendige Standardtherapie vorenthalten wird und sie nur eine suboptimale Therapie erhalten. Unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung wird heute viel zu wenig beachtet, dass eine 70-jährige heute noch eine durchschnittliche Lebenserwartung von 15 Jahren hat. Angesichts dessen wurde beim diesjährigen Senologiekongress in Dresden vom derzeitigen Präsidenten Prof. Diethelm Wallwiener, Tübingen, nachdrücklich gefordert, ältere Patientinnen in Studie wesentlich stärker als bisher zu berücksichtigen.
Besonderheiten bei der Therapie älterer Frauen
Was ist zu beachten? Bezüglich der Intensität der anzuwendenden Therapie ist zu berücksichtigen, dass bei älteren und hoch betagten Patientinnen Begleiterkrankungen wie kardiologische Probleme und geriatrische Syndrome von zusätzlicher Bedeutung sein können. Es ist daher weniger das kalendarische Lebensalter als vielmehr das biologische, bemessen durch den der funktionellen Status und die physische und psychische Leistungsfähigkeit, die bei der Entscheidungsfindung für therapeutische Maßnahmen ausschlaggebend sind. Erhält eine ältere Patientin eine Chemotherapie, so soll diese möglichst nebenwirkungsarm, aber dennoch sehr wirksam sein. Das Abwägen zwischen Nutzen und Schaden stellt eine wirkliche Herausforderung an den behandelnden Arzt dar. Im Fall einer Chemotherapie ist eine adäquate Supportivtherapie daher ein Muss. Dabei steht insbesondere eine effektive Prophylaxe von Übelkeit und Erbrechen im Fokus, denn diese häufige Nebenwirkung der Chemotherapie schwächt nicht nur die Patientin, sondern kann sogar den Therapieerfolg gefährden. Gerade bei älteren Patientinnen kann eine zu starke Gewichtsabnahme durch Übelkeit und Erbrechen gravierende Folgen haben. Klinische Untersuchungen belegen, dass Patienten, die stark an Gewicht verlieren, nicht nur eine deutlich schlechtere Lebensqualität haben sondern ebenfalls häufiger früher sterben.
Erbrechen – gibt es patientenbezogene Risikofaktoren?
Erbrechen und vor allem Übelkeit sind belastende Nebenwirkungen, die während einer Chemotherapie auftreten können. Zusätzlich zum emetogenen Potential der jeweiligen Chemotherapie, das bestimmt wird durch die Art des verabreichten Zytostatikums, dessen Dosierung und Applikationsweise und die Art der Kombination bestimmt auch der individuelle Patient das Emesis-Risiko. Vor allem Frauen unter 50 Jahren leiden unter häufiger und stärker unter diesen Nebenwirkungen. Auch Patientinnen und Patienten, die in der Vergangenheit schon einmal Übelkeit hatten, sei es während Chemotherapie oder auch während Schwangerschaft oder während Reisen, ebenso sehr ängstliche Patienten sowie Patienten, die eine besondere Alkoholkarenz in ihrer Vorgeschichte aufweisen, sind stärker betroffen. Es lassen sich also patientenabhängige Risikofaktoren identifizieren, anhand derer der Bedarf einer verstärkten und besonders intensiven prophylaktischen antiemetischen Therapie festgestellt werden kann.
Wie optimiert Palonosetron die antiemetische Therapie?
Palonosetron, der erste Vertreter der zweiten Generation der 5-HT3-Antagonisten, unterscheidet sich von den „alten“ Vertretern dieser Substanzklasse durch eine sehr viel stärkere Rezeptoraffinität. Er bindet sich mindestens 30-mal stärker an den 5-HT3- Rezeptor, ohne andere Rezeptoren dabei zu beeinflussen. Aus der stärkeren Rezeptoraffinität resultiert für diesen 5-HT3-Antagonisten außerdem eine deutlich längere Plasma- Halbwertszeit von etwa 40 Stunden. Dadurch bedingt ist nur eine einzige Gabe während eines Chemotherapiezyklus nötig, um Übelkeit und Erbrechen wirksam zu unterdrücken. Palonosetron wird etwa 30 Minuten vor Beginn der Chemotherapie intravenös verabreicht. Die Ausscheidung der Substanz erfolgt über die Nieren und die Leber und zwar in der Art und Weise, dass keine Dosisanpassung für ältere Personen oder Patienten mit eingeschränkter Leberoder Nierenfunktion notwendig ist. Umfangreiche Studien belegen, dass Palonosetron die Effektivität der verwendeten Zytostatika nicht beeinflusst, so dass Palonosetron sehr gut als Antiemetikum auch für ältere Patientinnen geeignet ist.
Prävention von Übelkeit und Erbrechen mit Palonosetron
Profitieren Mammakarzinompatientinnen besonders? Während Krebs insgesamt nach wie vor als Alterserkrankung gilt, betrifft Brustkrebs heute zunehmend auch jüngere Patientinnen. Diese leiden, wie erwähnt besonders häufig unter Übelkeit und Erbrechen. Daher werden junge Brustkrebspatientinnen auch von Fachgesellschaften wie der MASCC (Multinational Association of Supportive Care in Cancer) und der ASCO (American Society of Clinical Oncology) als Hochrisikogruppe für Chemotherapie-induzierte Emesis betrachtet. Dieser Einschätzung kommen beide Fachgesellschaften auch durch ihre antiemetischen Therapieempfehlungen nach, indem sie bei diesen Patientinnen eine optimale Prophylaxe durch eine Dreierkombination von 5-HT3-Antagonist, NK1- Antagonist und Kortikosteroid empfehlen. Welcher 5-HT3-Antagonist in dieser Situation zu bevorzugen ist, ist noch nicht durch vergleichende Studien geklärt. Phase-IIIStudien untersuchten die Effektivität von Palonosetron bei moderat emetogener Chemotherapie und zeigten, dass eine Einmalgabe von 0,25 mg Palonosetron der Einmalgabe von 32 mg Ondansetron oder 100 mg Dolasetron sowohl bei akuter als auch verzögerter Emesis überlegen war. Eine retrospektive Analyse der beiden Studien belegt, dass die komplette Ansprechrate bei Patientinnen mit Brustkrebs unter Palonosetron um rund 10 % höher war als unter Ondansetron oder Palonosetron, ein Unterschied, der allgemein als klinisch relevant erachtet wird. Bei Therapie mit Palonosetron war bei den Brustkrebspatientinnen auch der Schutz vor Chemotherapieinduzierter Übelkeit, die die Patientinnen besonders belastet, in der verzögerten und in der gesamten Phase insgesamt höher, als in den Vergleichsarmen mit Ondansetron oder Dolasetron (siehe Abb.) Diese Daten deuten insgesamt darauf hin, dass Palonosetron eine sehr gute Option für die Prophylaxe von Übelkeit und Erbrechen bei Patientinnen mit Mammakarzinom darstellt.
Symposium Supportivtherapie in der Senologie – ein Fazit?
Wie Prof. Dr. P. Feyer, Berlin, auf einem speziellen Symposium zur Supportivtherapie bei Mammakarzinompatientinnen ausführte, gehören Übelkeit und Erbrechen ebenso wie die Fatigue nicht nur zu den häufigsten sondern ebenfalls zu den von den Patientinnen am unangenehmsten empfundenen Nebenwirkungen der Therapie. Daher kann ihrer Meinung nach nicht häufig genug betont werden, dass es für diese beiden Symptomkomplexe inzwischen Therapieempfehlungen von großen Fachgesellschaften gibt. Die Einhaltung der antiemetischen Guidelines z.B. der MASCC oder der ASCO unter Einbeziehung der neue Substanzen Palonosetron und Aprepitant spielen dabei eine wichtige Rolle. Eine optimal ausgerichtete antiemetische Therapie kann Therapeuten dabei unterstützen, die Behandlung besser durchzuführen und Patientinnen dabei helfen, die Krankheit und die zur Therapie notwendigen Maßnahmen besser zu tolerieren und den Therapieerfolg zu sichern. Eine adäquate supportive Behandlung ist in der Lage, die Lebensqualität der Patientin trotz Krebstherapie aufrecht zu erhalten.
Ausblick hoch emetogene Chemotherapien
Die vor kurzem in „Annals of Oncology“ online von Aapro et al. veröffentlichte Vollpublikation der Zulassungsstudie von Palonosetron bei hoch emetogener Chemotherapie beschreibt die Effektivität und Sicherheit des 5-HT3-Antagonisten der zweiten Generation auch in dieser Therapiesituation. In der Phase-IIIStudie wurde Palonosetron mit Ondansetron bei 667 Patienten unter hoch emetogener Chemotherapie verglichen. Palonosetron war als Monosubstanz in der Prävention der akuten Emesis mindestens ebenso effektiv wie Ondansetron. Patienten, die zusätzlich Dexamethason erhielten, schnitten im Palonosetron-Arm signifikant besser ab. Palonosetron zeichnet sich im Vergleich zu seinen Vorläufersubstanzen durch eine stärkere Rezeptoraffinität und eine deutlich längere biologische Halbwertszeit aus.