RWTH Aachen: Molekulare Pathologie
01.10.2012 -
RWTH Aachen: Molekulare Pathologie. Nicht nur die breite Öffentlichkeit, sondern auch noch Mitarbeiter medizinischer Berufe verbinden mit der Pathologie die postmortale Diagnostik sowie die Fernsehserie „Tatort“.
Dabei hat dieses Fach in den letzten 30 Jahren eine rasante Entwicklung durchgemacht. Wo noch in den 70er Jahren lediglich die Morphologie das diagnostische Kriterium war, wurden in den darauf folgenden Jahren zunächst spezifische Antikörper entwickelt und eingesetzt, die Einzelzellen und Zellpopulationen eindeutig identifizieren und in aller Regel einer Liniendifferenzierung zuordnen können. In den letzten 15 Jahren konnte sich die Analyse einzelner Gene oder Genabschnitte in der klinischen Pathologie etablieren und wird heute allseits als „Molekulare Pathologie“ bezeichnet. Die Molekulare Pathologie zerteilt sich nun heute schon in mehrere Bereiche. In einem Bereich geht es um die Identifikation von Krankheitserregern. Dabei wird die molekulare Diagnostik meistens in solchen Fällen eingesetzt, wenn traditionelle morphologische Methoden eine Infektion zwar erkennen aber nicht einem spezifischen Keim zuordnen können. Dabei werden Genabschnitte von Erregern nachgewiesen, was heute selbst auch an paraffiniertem, archiviertem Material durchgeführt werden kann.
Eine häufige Fragestellung in diesem Bereich ist der Nachweis von Mykobakterien (Tuberkulose), humanen Papillomaviren (bei zervikalen Dysplasien), Zytomegalie- oder Eppstein- Barr-Viren sowie Thropheryma Whippeli bei dem Morbus Whipple. Der zweite große Bereich, wo die Molekulare Pathologie eine stetig steigende Bedeutung erhält, ist im Rahmen der komplexen Krebsdiagnostik und Krebstherapie. Einmal geht es hier zunächst um die genaue diagnostische Stratifizierung, ob überhaupt ein malignes Geschehen vorliegt. Hier bedient man sich u.a. des Nachweises einer klonalen Zellpopulation, was typischerweise im Rahmen der Routine- Diagnostik maligner Non-Hodgkin- Lymphome zur Anwendung kommt. Zusätzlich kann man u.a. Translokationen nachweisen, die wie die Translokation t(14;18) sehr spezifisch für follikuläre Non-Hodgkin-Lymphome der B-Zellreihe sind. Des Weiteren findet die Molekulare Pathologie Anwendung im Bereich heriditärer Erkrankungen wie z.B. beim HNPCC (hereditary non polyposis colorectal cancer), wo sich aus entsprechenden Ergebnissen auch Beratungsparameter für Direkt- Verwandte ergeben können.
Zur Identitätszuordnung von Metastasen zu primären Herden kann eine Sequenzanalyse des p53 helfen, falls eine Mutation vorliegt. In letzter Zeit wird nicht nur die Diagnostik, sondern auch die Krebstherapie erheblich spezifischer. Hier kommen mit Herceptin, Glivec oder Rituximap oberflächenspezifische Moleküle zur Anwendung. Hier übernimmt die Molekulare Pathologie den prätherapeutischen Nachweis solcher Zielmoleküle und entscheidet so, ob eine derartige Therapie überhaupt biologisch sinnvoll ist. Hiermit werden Patienten mögliche Nebenwirkungen erspart und führen auch zu einer erheblichen Effizienzsteigerung eingesetzter ökonomoischer Ressourcen. Dreh- und Angelpunkt bei der komplexen Diagnostik bleibt auch heute die Morphologie, die als feinsinniges „biologisches read-out“ klare Hinweise dafür gibt ob und welche weiteren diagnostischen Wege eingeschlagen werden müssen. So trägt eine preisgünstige, biologisch relevante und von extrem hohem Erfahrungswert geprägte Methode zu einer sinnvollen Stratifizierung des diagnostischen und therapeutischen Prozessablaufes und zum effizienten Einsatz vielfach sehr kostspieliger diagnostischer und insbesondere therapeutischer Verfahren bei.