Hygiene

Labormanagement: Verbesserte Patientenversorgung an der Schnittstelle zwischen Klinik und Labor

24.09.2013 -

Labordiagnostik wird gerne mit Labormedizin gleichgesetzt. Als medizinisches Fach umfasst die Labormedizin aber mehr als nur die bloße Diagnostik. Vielmehr werden für nahezu alle medizinische Disziplinen Patientenbefunde erstellt bzw. Empfehlungen für die Prävention von Erkrankungen ausgesprochen. Wissenschaftlich wird die Labormedizin in Deutschland durch die DGKL (Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin) mit über 1.000 Mitgliedern vertreten.

Als wissenschaftliche Fachgesellschaft hat die DGKL sich immer wieder mit innovativen analytischen Verfahren in der Patientenversorgung auseinander gesetzt und damit den Weg geebnet für den routinemäßigen Einsatz neuer Untersuchungsverfahren. Zugleich wurde durch die Entwicklung von Standards und Referenzverfahren die Vergleichbarkeit der Messergebnisse aus verschiedenen medizinischen Laboratorien optimiert. Dank dieser über viele Jahre mit hohem wissenschaftlichen Einsatz erbrachten Leistungen erhalten Patienten heute bei nahezu allen Untersuchungen unabhängig vom Standort des Labors vergleichbare Befunde in höchster analytischer Qualität.

Um nicht nur die verschiedensten Aspekte der Analytik kompetent zu vertreten, sondern darüber hinaus auch die teilweise schon länger bestehenden Arbeitsgruppen der DGKL im Bereich des Labormanagements zu koordinieren, wurde vom Präsidium der DGKL 2011 die Sektion Labormanagement ins Leben gerufen.

Was ist Labormanagement?

Die Labormedizin unterscheidet sich von anderen medizinischen Subspezialitäten einmal durch die große Vielzahl unterschiedlichster medizinischer Leistungen und durch den notwendigen Einsatz vieler geschulter Mitarbeiter an hochkomplexen Analysensystemen mit verschiedensten Technologien und Reagenzien.

Da viele Laborbefunde sehr schnell zur Verfügung stehen müssen - erwähnt seien beispielsweise die Patienten der Notaufnahme in einem Krankenhaus - und in Zeiten beschränkter Ressourcen auch ökonomische Aspekte immer zu berücksichtigen sind, müssen nicht nur die Analysen selbst, sondern auch die Schritte davor und danach, die sogenannte Prä- und Postanalytik (siehe Abb. 1), optimal organisiert werden. Die Sektion Labormanagement hat sich das Ziel gesetzt, bei allen Laborabläufen die fachmedizinischen Belange an erster Stelle zu vertreten und daneben die ökonomischen Bedingungen für die Leistungserbringung konsequent zu optimieren.

In der Vergangenheit lag der Fokus der Labormedizin vor allem in der Verbesserung der Analytik, d.h. den Messvorgängen im Labor. Nach wie vor nicht optimal organisiert sind dagegen die Prä- und Postanalytik, Gebiete der Labormedizin, die viele Überlappungen mit anderen medizinischen und auch administrativen Bereichen zeigen. So fand sich, dass von der Zeit zwischen der Testanforderung und der Einleitung therapeutischer Maßnahmen (der sog. „brain to brain time") die Analytik selber oft weniger als 5 % ausmachte. Es liegt auf der Hand, dass durch ein verbessertes Labormanagement, d. h. verbesserte Planung, Organisation, Führung und Erfolgskontrollen mittels Anwendung wissenschaftlicher Methoden noch erhebliche Fortschritte erreicht werden können.

Während ein Teil der Prä- und Postanalytik unter voller Kontrolle der Labormedizin liegt, erfolgt insbesondere die Indikationsstellung wie auch die Befundinterpretation und die Einleitung therapeutischer Maßnahmen an der Schnittstelle zwischen den die Patienten unmittelbar behandelnden Ärzten und den Labormedizinern. Nicht zu unterschätzen sind auch die logistischen Herausforderungen, damit das korrekte Untersuchungsmaterial unversehrt und zeitnah in das Labor zur Untersuchung gelangen kann. Gerade bei der Logistik ist die Labormedizin im Krankenhaus auf eine gute Kooperation mit einer ganzen Reihe von Berufsgruppen angewiesen.

Zu den Aufgaben des Labormanagements gehört es, die Bedürfnisse der verschiedenen, kooperierenden Berufsgruppen - im Krankenhaus sind dies vor allem die Ärzte, die Pflege und die Verwaltung - zu kennen und gegebenenfalls darauf zu reagieren. Gemeinsam mit dem Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) wurde daher das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) beauftragt, mittels Onlinebefragung und persönlichen Interviews die Erwartungen der Partner der Krankenhauslaboratorien zu ermitteln und deren Umsetzung im klinischen Alltag zu beurteilen. Die Studie wird auf der Jahrestagung der DGKL in Dresden (dgkl2013.de) am 25.10.2013 präsentiert.

In nahezu allen abgefragten Inhalten fand sich eine sehr gute Übereinstimmung zwischen der Bedeutung (Wichtigkeit), die dem jeweiligen Sachverhalt eingeräumt wurde, und dessen Umsetzung im klinischen Alltag. Ein Beispiel ist die Bewertung der Probenorganisation durch die Verwaltung.

Nicht überraschend wurde bei einigen Leistungen die Bedeutung wie auch die Umsetzung von den Befragten sehr unterschiedlich bewertet, was für eine gut differenzierte Anpassung der Labormedizin an die jeweiligen örtlichen Strukturen spricht. So halten 1/3 der Befragten es für sehr wichtig, dass das Labor ein Langzeitarchiv („Biobank") unterhält und der gleiche Anteil der Befragten hält dieses Archiv für unwichtig.

Ein weiteres Ergebnis dieser Studie war, dass die Interaktion mit anderen Fachgebieten, sei es bei der Fortbildung oder in der Ausbildung, noch nicht der Interdisziplinarität des Faches Labormedizin entspricht und daher ausgebaut werden sollte. Diese Problematik wird wie auch die notwendige stärkere Vertretung der Labormedizin beim Aufstellen von diagnostischen Leitlinien von der Sektion Labormanagement aufgenommen.

Ein weiteres Thema sind Überdiagnostik und Wiederholungsuntersuchungen. Durch das Aufstellen von eindeutigen Diagnosestandards soll hier sowohl die Patientensicherheit durch eine zuverlässige Diagnostik als auch die Ökonomie durch den Verzicht auf überflüssige Untersuchungen wissenschaftlich begründet sichergestellt werden.

Die Arbeitsgruppe „Diagnostische Pfade" hat in den letzten Jahren entsprechender Empfehlungen in Form von standardisierten Diagnosepfaden publiziert.

Das Thema Wiederholungsuntersuchungen wird derzeit von der Sektion bearbeitet und es ist geplant, Kriterien zur Wiederholungshäufigkeit für einzelne Untersuchungsparameter im kommenden Jahr als wissenschaftliche Empfehlungen zu publizieren.

Welchen Nutzen hat die Klinik vom Labor?

In der Vergangenheit wurden die labormedizinischen Leistungen vor allem als Ressourcenverbrauch betrachtet, der Nutzen der Labormedizin in der Diagnostik und der Therapieüberwachung wurde dabei häufig übersehen. Eine Bewertung des Nutzens gestaltet sich deutlich komplexer als bei der ebenfalls schon umstrittenen Bewertung des zusätzlichen Nutzens neuer Medikamente.

Laboruntersuchungen an sich haben keinen medizinischen Wert, sondern werden erst durch die aus ihnen resultierenden Interventionen und Therapien medizinisch wertvoll. Bei einer Nutzenbewertung von medizinischer Diagnostik werden komplexe ökonomische Annahmen notwendig. Beispielsweise wird die Indikation für einen Herzkathereingriff aufgrund einer erhöhten Troponinkonzentration gestellt.

Wenn durch einen verbesserten Troponintest die Auswahl der Patienten für eine Herzkatheteruntersuchung präziser definiert werden kann, führt das sowohl zu einer besseren Prognose für erkrankte Patienten, die einer indizierten, invasiven Untersuchung zugeführt werden, als auch zu einer Kostenersparnis durch vermiedene, nicht indizierte Eingriffe. Allerdings können mit einem hochsensitiven Troponintest unter Umständen mehr Patienten entdeckt werden und damit mehr Kathetereingriffe notwendig werden. Die Patientenversorgung würde damit verbessert, allerdings stiegen auch die dafür bereitzustellenden Mittel. Erschwerend kommt zur Bewertung hinzu, dass in der Regel mehrere Therapieoptionen verwendet werden (neben einem Herzkathereingriff auch eine offene operative

Therapie oder konservative Therapieschemata), so dass Untersuchungen zum ökonomischen Nutzen eines verbesserten Troponintests schnell äußerst komplex werden.

Um den Zusammenhang zwischen Erkrankungen und den zu deren Behandlung erforderlichen Laborleistungen besser zu verstehen, gibt es verschiedene Ansätze. Einerseits kann das DRG-System, in dem

Erkrankungen nach dem Gesichtspunkt der für die Behandlung gewählten Prozeduren kategorisiert werden, zugrunde gelegt werden. Anderseits gibt es in Form des Disease Staging eine umfangreiche Datenbank, in der Erkrankungen nach Schweregrad und Prognose klassifiziert werden. Beide Systeme erlauben die vergleichende Analyse von definierten Erkrankungsgruppen und dem Resourcenverbrauch verschiedenster Art.

Ziel solcher Untersuchungen ist eine vergleichende Ermittlung einer optimierten Verwendung der labormedizinischen Leistungen zur Sicherstellung einer adäquaten Diagnostik und Therapiekontrolle. Die Möglichkeiten für solche Benchmark-Untersuchungen werden in zwei Vorträgen im Symposium Labormanagement auf der DGKL-Jahrestagung in Dresden diskutiert.

 

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