Verbesserte Herzfunktion durch Stammzellen
18.01.2014 -
Verbesserte Herzfunktion durch Stammzellen. Eine Untersuchung an mehr als 200 Herzinfarkt-Patienten in deutschen und schweizerischen Herzkliniken zeigt, dass körpereigene Stammzellen aus dem Knochenmark die Funktion infarktgeschädigter Herzen verbessern können.
Die Studie wurde unter der Leitung der Kardiologie der Frankfurter Uniklinik durchgeführt. Vor diesem Hintergrund sprach Management & Krankenhaus mit Prof. Stefanie Dimmeler, der Leiterin der Forschungsgruppe Molekulare Kardiologie der Frankfurter Universitätsklinik.
M&K: Woran arbeiten Sie gerade und was sind die nächsten Ziele Ihrer Forschungsgruppe?
S. Dimmeler: Aktuell beschäftigen wir uns vorwiegend mit den Grundlagen von Gefäßneubildung und Herzregeneration mit dem Ziel, die Behandlung nach Herzinfarkt zu verbessern.
Wir versuchen, die aus den Patienten gewonnenen Stammzellen durch Kultur mit Substanzen noch „fitter“ zu machen.
Außerdem testen wir verschiedene Stammzelltypen aus dem Knochenmark, aus dem Blut und auch aus Gewebeproben mit dem Ziel, die wirksamsten zu finden und weiter zu optimieren.
Weitere Forschungsprojekte zielen auf die Untersuchung des Einflusses von Alter und Risikofaktoren auf das Gefäßsystem.
M&K: Welche Chancen sehen Sie in der Stammzelltherapie?
S. Dimmeler: Ich sehe sehr große Chancen, dass die Stammzelltherapie in vielen Bereichen der Medizin Fortschritte in der Behandlung ermöglicht. Generell ist das Feld jedoch noch sehr jung und wir stehen am Anfang.
M&K: Was sagen Sie zu dem jüngsten Skandal der embryonalen Stammzellforschung um den südkoreanischen Klonforscher Hwang Woo-suk?
Wie stehen Sie generell zur Nutzung von embryonalen Stammzellen?
S. Dimmeler: Es ist sehr schwer, von außen zu beurteilen, was im Labor von Herrn Hwang tatsächlich vorgefallen ist. Die Nutzung von embryonalen Stammzellen ist sicher aus wissenschaftlichen Aspekten für Forschungszwecke sehr wichtig.
Die therapeutische Anwendung beim Patienten sehe ich allerdings nicht in der nahen Zukunft, da etliche Fragen (z.B. Tumorentstehung, Stabilität der Zellen etc.) noch zu klären sind.
M&K: Was sind die Ergebnisse der in Dallas veröffentlichten Großstudie?
S. Dimmeler: Zusammen mit 17 anderen Zentren konnten wir in einer Studie an 200 Patienten nachweisen, dass die Behandlung mit aus dem Knochenmark stammenden Vorläuferzellen die Herzfunktion nach Infarkt im Vergleich zu einem Scheinpräparat deutlich verbessert.
Diese Studie ist weltweit nicht nur die bisher größte Untersuchung zur Behandlung von Herzinfarktpatienten mit Stammzellen, sondern gleichzeitig an mehreren Herzzentren durchgeführt.
M&K: Ist damit ein routinemäßiger Einsatz der Stammzelltherapie bereits in Sicht?
S. Dimmeler: Noch nicht ganz. Im Moment werden alle unsere Studien unter wissenschaftlichen Fragestellungen durchgeführt und die behandelten Patienten sorgfältig nachuntersucht.
Eine Europa-weite Studie mit mehr als 1.000 Patienten ist geplant, um zu beweisen, dass die Therapie mit Stammzellen tatsächlich im Vergleich zur bisherigen Standardtherapie das Überleben verbessert und die Folgeerscheinungen des Herzinfarktes verringert.
Was unsere Untersuchungen jedoch bereits jetzt zweifelsfrei zeigen, ist die Tatsache, dass die Behandlung mit aus dem Knochenmark aufgereinigten Vorläuferzellen sicher und ungefährlich ist.
M&K: Welche zukünftigen Visionen sind vor dem Hintergrund der Studien- Ergebnisse vorstellbar?
S. Dimmeler: Dass alle Patienten mit einem großen Herzinfarkt routinemäßig mit Stammzellen behandelt werden und damit die Folgen des Herzinfarkts, die Herzmuskelschwäche, aufgehoben oder zumindest reduziert wird.
M&K: Das Verfahren wegen Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens gegen Sie ist im Juli 2005 eingestellt worden und der Leibnizpreis wurde Ihnen inzwischen ausgehändigt. Haben Sie dennoch den Eindruck, dass sich die damaligen Ereignisse negativ für Sie und Ihre Forschergruppe ausgewirkt haben?
Hat es interne Konsequenzen gegeben? Und was ist Ihr persönliches Fazit aus diesen Tagen?
S. Dimmeler: Ich denke mit Schrecken an die Zeit der ungerechtfertigten, wohl auf Neid basierten, anonymen Anschuldigungen zurück.
Insgesamt habe ich jedoch sehr viel gelernt und ich denke, wir sind als Team dadurch erheblich gestärkt hervorgegangen.
Mittlerweile sind wir auch wieder mit genauso viel Freude und Enthusiasmus an der Arbeit wie zuvor.
Kontakt:
Prof. Dr. Stefanie Dimmeler
Universität Frankfurt
Molekulare Kardiologie
D-Frankfurt
Tel.: 069/6301-6667 oder -7440
Fax: 069/6301-7113
dimmeler@em.uni-frankfurt.de
www.uni-frankfurt.de