Gesundheitsökonomie

Aktionismus: Privatisieren, Umverteilen, Schwächen

20.08.2014 -

Aktionismus: Privatisieren, Umverteilen, Schwächen. Angesichts der viel beschriebenen Herausforderungen sollte, ja müsste es ein großer Wurf werden, um die Finanzierung der Krankenversicherung langfristig zu sichern und die Versorgungsqualität zu verbessern.
Aber weder das Verfahren noch die jetzt vorgelegten Eckpunkte lassen hoffen, dass das Ergebnis den Erfordernissen entsprechen wird.
Enttäuschung, Unzufriedenheit und Entrüstung machen sich breit. Mit großen Worten hat die Bundesregierung noch Ende letzten Jahres die Ziele beschrieben, die sie verfolgen will:
Erhalt eines leistungsfähigen und demografiefesten Gesundheitswesens, Gewährleistung einer solidarischen, bedarfsgerechten und nachhaltigen Finanzierung, qualitativ hochstehende Versorgung für alle Patientinnen und Patienten, Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs unter Abbildung von Morbiditätsrisiken sowie insbesondere die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung auch in den ländlichen Gebieten der neuen Bundesländer.
Verständlich, dass zwischen den Koalitionären eine intensive Verständigung nötig war.
Bis Ostern einsehbar, dass das in kleinem Kreise geschah.
Doch danach bis Eingang des Sommers alle Akteure des Gesundheitssystems außen vor zu lassen, zuzusehen, wie jeden Tag eine andere Idee durch die Medien gejagt wurde, dann keine offene Debatte zuzulassen und letztlich vom Parlament zu erwarten, dass von Ende September bis Ende November das gesamte Gesetzespaket innerhalb von acht Wochen die Gremien passiert, ist schon ein eigentümliches Demokratieverständnis.
Das Eckpunktepapier der großen Koalition ist ein Konglomerat aus Aktionismus, Privatisierung der GKV-Landschaft, Entsolidarisierung, Umverteilung zugunsten der Arbeitgeber, Schwächung der Selbstverwaltung und Stärkung des Einflusses der Bundesregierung.
Dies ist wohl die erste Gesundheitsreform, die ganz offen mit Beitragserhöhungen gestartet werden soll.
Und dennoch wird sich die Finanzsituation der Krankenkassen dramatisch verschärfen.
Rückführung der Tabaksteuer und Mehrwertsteuererhöhung bringen Milliardenbelastungen. Mit dem Gesundheitsfonds soll Neues suggeriert werden, doch er verschleiert, was tatsächlich passiert: die einseitige Belastung der Versicherten.
Die anvisierten Steuerzuschüsse sind in ihrer Höhe nur Peanuts.
Probate Mittel zur künftigen Sicherung der GKV-Finanzen wie die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze, Beitragspflicht auf alle Einkommensarten oder Einführung einer Positivliste im Arzneimittelsektor, die Leistungsausgrenzungen und Zuzahlungen überflüssig machen würden, werden nicht angegangen.
Strukturelle Maßnahmen, wie zum Ausbau der Integrierten Versorgung, zur Sicherung der Krankenhausfinanzierung oder zur Abwendung einer drohenden Unterversorgung in den neuen Bundesländern bleiben halbherzig. Viele Aufgaben sind nur allgemein beschrieben.
Das Vorgelegte reicht nicht aus.
Ich fordere daher die Bundesregierung auf, im Herbst mit einem Vorschaltgesetz die Kassenlage für 2007 zu stabilisieren.
In der anschließenden Debatte muss es dann zunächst um die anstehenden Aufgaben und die notwendigen Strukturen des Gesundheitssystems gehen und erst danach um die Finanzierung.

Kontakt:
Dr. Martina Bunge, MdB
Die Linke, Wismar
Ausschuss für Gesundheit
D-Wismar
Tel.: 03841/3265993
Fax: 03841/3265994
info@martina-bunge.de
www.martina-bunge.de

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