Gesundheitsökonomie

DGTI: Wichtige Rolle in der klinischen Hämotherapie, der Zelltherapie und der Sicherheit von Blutprodukten

04.09.2014 -

DGTI: Wichtige Rolle in der klinischen Hämotherapie, der Zelltherapie und der Sicherheit von Blutprodukten. Interview mit dem Tagungspräsidenten Prof. Dr. Erhard Seifried

M & K: Die International Society for Cellular Therapy Europe (ISCT-Europe) ist der Einladung der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI) nachgekommen, um aktuelle Aspekte der europäischen Gesetzgebung im Bereich Zelltherapie gemeinsam auf diesem Kongress zu behandeln.
Welche sind dies konkret?
E. Seifried: Derzeit gibt es einen Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über Arzneimittel für „neuartige Therapien“ und zur Änderung bestehender Richtlinien.
Diese Verordnungen haben ganz unmittelbare Auswirkungen auf die zukünftigen Rahmenbedingungen, unter denen innovative zelluläre Arzneimittel (wie z.B. Stammzellen für die regenerative Medizin, zelluläre Krebsvakzine oder Gewebetransplantate) entwickelt, hergestellt und klinisch angewendet werden können.
Die Verordnungen werden im Moment noch beraten.
Bei einem Inkrafttreten, das in naher Zukunft geplant ist, haben die Verordnungen einen unmittelbar bindenden Gesetzescharakter für alle EU-Mitgliedstaaten und hier tätigen Ärzte und Biotechnologie-Unternehmen.
Es ist also überaus wichtig, dass Ärzte, Biotechnologen und die pharmazeutische Industrie über den derzeitigen Vorschlag der Europäischen Kommission informiert sind und die Auswirkungen dieser Verordnungen auf ihre tägliche Arbeit kennen.
In der internationalen Gesellschaft für zelluläre Therapien (ISCT-Europe) sind Ärzte und Wissenschaftler vertreten, die aktiv an der Entwicklung solcher neuartigen Therapien mitwirken und diese in klinischen Studien bereits einsetzen.

M & K: Welches sind die aktuellen Themen der Transfusionsmedizin, die von den international führenden Experten auf Ihrer Jahrestagung diskutiert werden?
E. Seifried: Auf dem 39. Jahreskongress der DGTI in Frankfurt werden alle relevanten wissenschaftlichen und klinisch-praktischen Aspekte der modernen Transfusionsmedizin und klinischen Hämotherapie beleuchtet werden:
So sind in diesem Jahr Stammzellen, Zell- und Gentherapie, regenerative Medizin, Histokompatibilität (Gewebeverträglichkeit) und Immungenetik, Gerinnung, Hämovigilanz und Materiovigilanz, Gesundheitsökonomie, Testung und Pathogeninaktivierung von Blutprodukten, (neu) auftretende virale Erkankungen wie z.B das West-Nil-Virus in den USA, aber auch die wichtigen „Basisbereiche“ Aphereseverfahren inkl. Multikomponentenherstellung, Automatisation und Datenverarbeitung, Labordiagnostik vor Organ- und Stammzell-Transplantationen, Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Hämotherapie, die Herstellung und Sicherheit von Blutpräparaten allgemein und die Immunhämatologie Themen der Jahrestagung, die zum größten Teil in eigenen Sitzungen in den jeweiligen Neuerungen vorgestellt und diskutiert werden.
Dabei freuen wir uns, namhafte Referenten aus dem In- und europäischen Ausland, zum Teil auch aus Übersee, begrüßen zu dürfen.


M & K: Die DGTI ist an der Entwicklung neuer innovativer zellulärer Therapeutika beteiligt.
Insbesondere das Thema „Stammzellen“ ist hochaktuell. Um welche Therapeutika geht es dabei?
E. Seifried: Hier geht es vor allem um adulte Stammzellen, deren Einsatz – anders als der embryonaler Stammzellen – ethisch unbedenklich ist.
Die Transfusionsmedizin ist seit langen Jahren mit der Gewinnung und Aufarbeitung von Blutstammzellpräparaten zur Behandlung von Leukämiekranken betraut.
Hierdurch hat sich in den letzten Jahren ein hohes Maß an Expertise aufgebaut, welches auch jetzt zum Tragen kommt, da Blutstammzellen aus der Zirkulation oder dem Knochenmark im Bereich der regenerativen Medizin zum Einsatz kommen.
Die derzeit wohl interessantesten Anwendungsfelder für Stammzellen außerhalb der Behandlung von Erkrankungen des blutbildenden und Immun-Systems sind die Behandlung akuter und chronischer Herzinsuffizienz und die arterielle Verschlusskrankheit.
Ebenso viel versprechend, wenn auch noch nicht so weit entwickelt, ist der Einsatz von adulten Stammzellen bei neurologischen Erkrankungen.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Transfusionsmedizin und der Immunhämatologie in den nächsten Jahren?
E. Seifried: Die Transfusionsmedizin und Immunhämatologie hat in der Vergangenheit bereits durch enge Forschungs- und Anwendungs- Kooperationen mit den Kolleginnen und Kollegen der einzelnen klinischen Fächer in Diagnostik und Therapie dazu beigetragen, dass einige Bereiche der modernen Hochleistungsmedizin überhaupt erst möglich wurden.
Denken Sie beispielsweise nur an die Transplantationsmedizin – sowohl solider Organe wie Leber, Darm, Herz, Lungen oder Nieren, aber auch die Knochenmark- und hämatopoietische Stammzell-Transplantation –, die ohne Blutprodukte und moderne Diagnostikangebote aus der Transfusionsmedizin und Immunhämatologie gar nicht durchführbar wäre.
Ähnliches gilt für die moderne Chirurgie, seien es die großen Herz- oder Gefäß-Eingriffe, die moderne Tumorchirurgie, die Viszeralchirurgie oder die Traumatologie und Orthopädie, um nur einige zu nennen.
Hier wird es auch mit den weiter zunehmenden Eingriffen beim alten Menschen neue Herausforderungen geben.
Und neue oder wieder auftretende Krankheitserreger fordern eine hohe Aufmerksamkeit der Hämovigilanz, neue Testverfahren oder den modernen Ansatz der Pathogeninaktivierung bei unseren Blutprodukten.
Neue Ansätze der modernen Zelltherapie wie oben angesprochen bedürfen schon heute der GMP-gerechten Herstellung solcher Therapeutika.
Dies wird sich mit neuen Einsatzmöglichkeiten der regenerativen Zell- und Gewebetherapie weiter entwickeln.
Hier ist die Expertise der Transfusionsmediziner als Arzneimittelhersteller, als Diagnostik- und Zellkultur-Spezialisten verstärkt gefragt!

M & K: Sie sehen den Jahreskongress auch als interdisziplinäre Plattform für andere Fachbereiche und Themen.
Welche Kolleginnen und Kollegen aus welchen Bereichen sprechen Sie hier noch an?
E. Seifried: Wie schon erwähnt kann sich die Transfusionsmedizin nicht „im Elfenbeinturm“ entwickeln und hat dies in der Vergangenheit auch nicht getan, sondern nur in der engen Kooperation mit den anderen klinischen Fachkollegen, Behörden sowie institutionellen und industriellen Forschungspartnern.
Deshalb ist es gute Tradition, nicht nur die Vertreterinnen und Vertreter der oben genannten Institutionen herzlich zu unserem Kongress einzuladen, sondern mit den anderen wissenschaftlichen Fachgesellschaften gemeinsam Symposien und Sessions auszurichten.
Dabei sind die eben genannten Kolleginnen und Kollegen integral und aktiv Beteiligte als Vorsitzende, Vortragende und Mitglieder von Preis- und Posterkommissionen.
Unser Dank von Seiten der DGTI geht deshalb auch von dieser Stelle an alle wissenschaftlichen und medizinischen Fachgesellschaften, Behörden, Institutionen und Firmen, welche aktiv an der Ausgestaltung und Durchführung dieser Jahrestagung beteiligt sind, und ohne die der Kongress nicht ein so breites und, wie wir denken, interessantes Programm erhalten hätte.
Auch die Fort- und Weiterbildung im Bereich der Hämotherapie umfasst einen breiten Fächer von Angeboten auf dieser Jahrestagung, so dass gerade auch jungen Kolleginnen und Kollegen benachbarter Fachgebiete und Anwendern aus den chirurgischen Fachgebieten, der Anästhesiologie, der Hämatologie, Kardiologie sowie der Kinderund Jugendmedizin die Möglichkeit der Interaktion und Diskussion geboten werden wird.
Und nicht zuletzt auch für die technischen Assistentinnen und Assistenten sowie die Operatoren der Apherese-Abteilungen wird es speziell zugeschnittene Fortbildungsprogramme geben.

M & K: Ihr Ziel ist es, auf dem diesjährigen Kongress sowohl Vertreter verantwortlicher Behörden, der Europäischen Kommission, als auch führende Wissenschaftler mit akademischem und pharmazeutischem Hintergrund zusammenzubringen.
Wer hat seine Teilnahme zugesagt?
E. Seifried: Gemeinsam mit der ISCT-Europe ist es uns gelungen, Vertreter der Europäischen Kommission (EU) und der europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) nach Frankfurt einzuladen, um die aktuellen Regulatorien und Verordnungen für neuartige Therapien, aber auch die Besonderheiten einer zentralen europäischen Zulassung solcher zellulären Arzneimittel zu diskutieren.
Neben klinisch tätigen Ärzten, Behörden- und Firmenvertretern sowie Wissenschaftlern an Universitätskliniken denken wir, dass insbesondere auch Biotechnologie-Unternehmen vom Kongress in Frankfurt profitieren können, die im Bereich der Zelltherapie und des Tissue Engineerings aktiv sind und eine europäische Zulassung anstreben.
Weiterhin ist mit dem Thema „Pathogenreduktion“ am Freitagvormittag ein Schwerpunkt neben der Zellund Gewebe-Therapie geplant, zu welchem wir Wissenschaftler, Behördenvertreter und klinische Anwender an einem Tisch zur Diskussion zusammenbringen werden.

39. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie 19.–22. September 2006.
Congress Center Messe Frankfurt/Main

www.dgti.de/veranstaltungen

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