Bauen, Einrichten & Versorgen

BIM - Die neue DNA für Bauprojekte

05.08.2015 -

Die Baubranche verändert sich rasant unter dem Einfluss der Digitalisierung. Building Information Modeling (BIM) ist dabei ein wichtiges Stichwort, erlaubt der innovative Ansatz doch das Sammeln, Vernetzen und Analysieren umfassender Daten zu Bauvorhaben in einem einzigen Modell.

Die HWP Planungsgesellschaft (HWP) in Stuttgart hat deutschlandweit als eines der ersten Unternehmen BIM als Planungsmethodik eingeführt und seit 2006 in verschiedenen Projekten angewandt. So auch im Rahmen des Krankenhaus-Großprojektes „Medical Center Replacement“ für die U.S. Army Corps of Engineers in Ramstein-Weilerbach, wo am 24. Oktober 2014 Jahres der Spatenstich gefeiert wurde.

Vorteile integrierter Planung gegenüber konventioneller Planung

Beim Building Information Modeling steht das digitale Gebäudemodell im Mittelpunkt. In mehreren und unterschiedlichen Datenmodellen, die in einer einzigen Datenbank verknüpft werden, werden alle Informationen zum Gebäude zentral gespeichert: Pläne wie Grundrisse, Ansichten und Schnitte sowie Listen und weitere abgeleitete Attribute wie Kosten, Materialbeschaffenheiten oder energetische Eigenschaften. Mit dem Modell entsteht dadurch vorab ein realistisches Abbild des späteren Gebäudes. An der Detaillierung des Modells arbeiten im Idealfall alle in den Planungsprozess Involvierten kontinuierlich und gleichzeitig zusammen. Neben Architekten sind dies auch Tragwerksplaner, Gebäudetechniker, Brandschützer, ausführende Firmen und viele weitere – unabhängig davon, wo auf der Welt sie sich befinden. Beim Arbeiten mit BIM haben alle Beteiligten jederzeit Zugriff auf die notwendigen Daten und können durchgeführte Änderungen und Auswirkungen sofort nachvollziehen.

Plausibilitätsanalyse und Kostensicherheit

Innerhalb des Modells können verschiedene Raumtypen definiert und Änderungen mit großer Zeitersparnis standardisiert umgesetzt werden. Spezifische Oberflächenqualitäten und Sonderelemente werden zu diesem Zweck den Raumtypen zugeordnet. Weil die Inhalte zentral verwaltet werden, wird eine entscheidende Fehlerquelle bei der Planung vermieden: Mittels einer Kollisionsanalyse werden die Bestandteile auf Ihre Konsistenz geprüft. Oder der Planer wird vom Programm auf mögliche Fehler oder Unschlüssigkeiten hingewiesen. Durch BIM wird verglichen mit dem klassischen Planungsprozess früher eine größere Planungstiefe erreicht, was wiederum dem besseren Verständnis des Bauvorhabens dient oder in einer besseren Beurteilbarkeit der Varianten resultiert. Im Modell können darüber hinaus Prozesse, Zeitabläufe und Kostenentwicklungen unter verschiedenen Parametern simuliert werden. Um dies zu erreichen, werden weitere Software-Lösungen mit dem BIM-Modell verknüpft. Auftraggeber können frühzeitig Transparenz und Entscheidungssicherheit über Faktoren erlangen, die wesentlich zum Erfolg eines Projektvorhabens beitragen.

Darüber hinaus trägt BIM durch die Integration von Kostendaten dazu bei, die Kosten- und Terminsicherheit enorm zu steigern. Kosten werden nicht mehr geschätzt, sondern sind bereits in frühen Planungsphasen modellbasiert ableitbar.

Steuerung des gesamten Gebäudelebenszyklus

In der Bauphase befindliche Krankenhausprojekte profitieren ebenfalls von der möglichen Simulation verschiedener Szenarien. So verringert BIM die Lücke zwischen Planungs- und Bauleitungszuständigkeiten. Bauherren behalten auch im Bauverlauf jederzeit den Überblick.

In der Zeit nach Planung und Bau kann das BIM-Modell ebenfalls gewinnbringend genutzt werden, so z. B. im Rahmen der Krankenhausinbetriebnahme, für das FM und das Life Cycle Management des Gebäudes.

Herausforderungen bei der Einführung von BIM

In Deutschland fehlt bisher eine umfassende BIM-Strategie, nach der sich Bauherren und Planungsunternehmen strategisch aufstellen können. Anders als in den USA, Norwegen, Finnland, Dänemark und Singapur ist das Planen öffentlicher Bauvorhaben mit BIM keine Verpflichtung, und es gibt bisher kaum öffentliche Förderung. Für die Nutzung von BIM in Bauprojekten spricht, dass der Ansatz unter den gegebenen Bedingungen für Bauherren einen Wettbewerbsvorteil darstellt. Im Vergleich mit ihren Mitbewerbern erzielen sie durch BIM Opportunitätserlöse, vermeiden Mehrkosten und können ihr FM effizienter gestalten.

Einführung von BIM erfordert Know-how und Investitionen

Die Investition in entsprechende Soft- und Hardware wird oft gescheut. Um die Ressource BIM nutzen zu können, ist darüber hinaus ein entsprechendes Fachwissen und Know-how der Planer notwendig. Häufig wird auch der ungerechtfertigte Einwand geltend gemacht, nach dem der zeitliche Aufwand, ein vollständiges Gebäudemodell zu erstellen, beträchtlich sei und nicht entlohnt würde. Die Einführung und Etablierung erfordert einen tief greifenden Veränderungsprozess im Verständnis der neuartigen Planungsmethode, dem auch ein Bewusstseinswandel vorausgehen muss. Denn über die Ebene der Software als Werkzeug hinaus verändert BIM die gesamte Arbeitswelt von Planungsunternehmen. Arbeiten werden nicht mehr nacheinander ausgeführt, sondern parallel. Dies erfordert ein Umdenken von allen Beteiligten und eine veränderte Planungskultur. Entsprechende Strukturen für das kollaborative Arbeiten müssen geschaffen werden. Um diesen Wandel in der Organisationsstruktur zu manifestieren, wurde bei HWP die Rolle des BIM Coordination Manager bereits vor einigen Jahren eingeführt. In dieser Rolle ist Andreas Schindler, Senior Architekt und Projektleiter, verantwortlich für die Projektkoordination und die Einhaltung von vereinbarten organisatorischen Regeln innerhalb der BIM-Projekte über alle Planungsdisziplinen hinweg. „Kommunikation zwischen den Teammitgliedern und transparentes Arbeiten gewinnen durch BIM noch mehr an Bedeutung, als sie ohnehin bereits haben“, so Schindler. „Der BIM Manager ist die Person im Projekt, die den Einsatz der BIM-Software und Methodik koordiniert und bei der alle Fäden zusammenlaufen. Er stimmt ab, wie verschiedene Teams und verschiedene Fachplaner miteinander am Modell arbeiten, überprüft die Einhaltung der Regeln und unterstützt die Nutzer. Er führt auch die Kollisionsanalyse im Modell durch und kommuniziert die notwendigen Änderungen an die zuständigen Planer.“ Neben der eigentlichen operativen Projektkoordination ist es auch seine Aufgabe, die rasanten technischen Neuerungen im BIM-Bereich ständig im Blick zu behalten.

Rhine Ordnance Barracks

Als Generalplaner war HWP in den Jahren 2010 bis 2014 an der Vorplanung des BIM-Großprojektes „Rhine Ordnance Barracks Medical Center Replacement“ (ROBMCR) des U.S. Army Corps of Engineers beteiligt. Das digitale Gebäudemodell des Krankenhauses umfasst eine Fläche von rund 137.300 m² sowie zwei Parkhäuser mit einer Fläche von 52.900 m². An der Planung waren insgesamt 20 Büros beteiligt, die über sechs verschiedene Zeitzonen hinweg zusammenarbeiteten und rund 15 Besprechungen pro Woche computergestützt durchführten. „Es war eine große Herausforderung beim Projekt ROBMCR, die große Zahl der Projektbeteiligten zu koordinieren. Dabei mussten wir auch die Einflüsse verschiedener Planungskulturen, rechtlicher Bestimmungen und daraus resultierender Erwartungshaltungen betrachten. In diesen Aspekten unterscheiden sich die USA und Deutschland doch beträchtlich“, erläutert BIM Coordination Manager Schindler.

Die Datenbasis für alle Planer war das zentrale Revit-Modell, auf das über einen Citrix-Server zugegriffen und mit dem online gearbeitet wurde. Das so erarbeitete BIM-Modell des Projektes enthält mehr als 4.000 Räume, 65.000 geplante Ausstattungsgegenstände und mehr als 75 betriebsorganisatorische Abteilungen.

Fazit und Ausblick

Building Information Modeling ermöglicht die integrierte Planung von Bauvorhaben und kollaboratives Arbeiten aller Planer an einem gemeinsamen Gebäudemodell. Für Bauherren bedeutet BIM einen Wettbewerbsvorteil, denn die Kosten- und Terminsicherheit von Projekten wird bei adäquater Anwendung verbessert, während Planungsfehler im Vergleich zur „klassischen“ Planung reduziert werden. Es ist zu erwarten, dass in den kommenden Jahren immer mehr Planungsbüros BIM als Planungsmethode anwenden werden. Derzeit gibt es jedoch nur wenige Architekten, die bereits erfolgreich Projekte mit BIM durchgeführt haben. Zu diesen zählt auch die HWP Planungsgesellschaft, die mit dem Projekt Rhine Ordnance Barracks Medical Center Replacement ein Großprojekt der U.S. Army mit BIM geplant hat. Als Erfolgsfaktor hat HWP identifiziert, einen BIM Coordination Manager mit der Koordination aller BIM-bezogenen Informationsflüsse zu betrauen. So kann auch der rapide Fortschritt der Technologien nutzbar gemacht werden. Andreas Schindler, BIM Coordination Manager bei HWP, erklärt: „Die technischen Weiterentwicklungen sind derzeit so rasant, dass es wichtig ist, den Überblick zu behalten. Auch darin sehe ich eine Aufgabe des BIM Managers auf Unternehmensebene.“

Kontakt

HWP Planungsgesellschaft mbH

Rotenbergstr. 8
70190 Stuttgart

+49 711 1662 0
+49 711 1662 123

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