Hepatitis schonend mit Elastografie überwachen
14.01.2016 -
In Ergänzung zur konventionellen Sonografie ermöglicht die Elastografie eine schonende und zuverlässige Überwachung von Patienten mit Hepatitis.
Chronische Lebererkrankungen (zu den häufigsten zählen die Virushepatitis B und C, autoimmune Lebererkrankungen sowie die alkoholische und nicht-alkoholische Fettleberentzündung) führen über eine Schädigung und Zerstörung der Leberzellen zum bindegewebigen Umbau der Leber – Leberfibrose genannt. Das Endstadium der fortschreitenden Fibrose ist die Leberzirrhose mit ihren Komplikationen wie Leberkrebs, Blutung aus Speiseröhren- und Magen-Krampfadern bis hin zum Leberkoma. Das Leberfibrosestadium spielt für die Einschätzung von Prognose und Verlauf und zur Therapieevaluation bei Patienten mit chronischen Lebererkrankungen eine wichtige Rolle.
Viele Jahrzehnte war die Leberbiopsie der Goldstandard zur Beurteilung des Leberfibrosestadiums. Allerdings ist die Leberbiopsie eine invasive Methode, die mit Unannehmlichkeiten für den Patienten und in seltenen Fällen auch Komplikationen (Blutungen, Verletzungen von Gallenblase, Darm und Lunge) einhergehen kann. Aus diesem Grund ist die Biopsie insbesondere zur Therapieverlaufskontrolle ungeeignet. Zudem ist die diagnostische Genauigkeit suboptimal, da nur ein kleiner Abschnitt der Leber (1:50.000) untersucht wird. Biopsien aus dem rechten und linken Leberlappen haben z. B. bei einem Drittel der Patienten eine Diskrepanz von mindestens einem Fibrosestadium nachgewiesen.
Bei der Scherwellen-Elastografie handelt es sich um eine spezielle Ultraschalluntersuchung, welche die Härte (Elastizität) des Lebergewebes misst. Per Knopf-Druck wird eine mechanische oder akustische schmerzfreie Welle ins Gewebe ausgesandt und die Ausbreitungsgeschwindigkeit der dadurch erzeugten Scherwellen gemessen. Je härter das Gewebe, umso schneller ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit, welche dann in einen Elastizitätswert umgerechnet werden kann. Die erste Scherwellen-Elastografiemethode bekannt als transiente Elastografie (FibroScan; Echosens, Frankreich) ist in ein eigens zur Messung der Lebersteifheit entwickeltem Gerät integriert. Die Angabe der Steifigkeit erfolgt als quantitativer Wert in kPa, wobei Ergebnisse bis 75 kPa möglich sind. Mit zunehmender Fibrose nimmt die Leber an Steifigkeit zu. Die Punkt-Scherwellen-Elastografie wie z. B. Acoustic Radiation Force Impulse (ARFI)-Imaging, ElastoPQ sind neuere Technologien, welche in Routine-Ultraschallgeräte integriert ist und mit konventionellen Ultraschallköpfen durchgeführt werden kann. Dabei werden akustische Kurzimpulse in das untersuchte Gewebe ausgesandt, welche lokalisierte mikrometer-große Gewebeverschiebungen induzieren. Diese Verschiebungen führen zur Ausbreitung von Transversalwellen weg von der Region der Erregung. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit dieser Transversalwellen wiederum wird mittels Ultraschallwellen detektiert und in m/s gemessen und ggf in kPa umgerechnet. Je steifer das Gewebe, desto schneller ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit. Die 2D-Elastographie (AIXPLORER Multi-Wave) ermöglicht eine 2D Elastographie der Leber. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Scherwelle wird errechnet, und die ShearWave-Elastographie gibt eine farbkodierte Echtzeitkarte aus. Gesundes Lebergewebe erscheint in der Untersuchung in einheitlicher tiefer Blaufärbung, eine fortgeschrittene Leberfibrose/Zirrhose in Grün-, Gelb- und Rottönen.
Die beiden letzteren Verfahren haben gegenüber der transienten Elastografie den Vorteil, dass auch bei Patienten mit Aszites oder großen Leberzysten valide Messwerte erhoben werden können. Auch ein BMI > 28 kg/m2 oder ein sehr enger Interkostalraum sind kein Ausschlusskriterium.
Zahlreiche Studien belegen, dass mittels Scherwellen-Elastografie die Diagnose einer höhergradigen Fibrose oder Zirrhose mit guter bzw. exzellenter diagnostischer Genauigkeit möglich ist. Zudem zeigen Vergleichsstudien, dass die Scherwellen-Elastografie integriert in ein Routine-Ultraschall-Gerät vergleichbar gut ist wie die Spezialgeräte. Die Elastografie hat inzwischen Eingang in Europäische Leitlinien gefunden. So wird z. B. in der europäischen Leitlinie der chronischen Hepatitis C folgende Empfehlung ausgesprochen: Das Fibrosestadium kann mittels nicht-invasiver Verfahren initial bestimmt und die Leberbiopsie unklaren Fällen und Fällen mit potentiell zusätzlicher Ätiologie vorbehalten bleiben. Bei Nachweis einer Zirrhose müssen weitere Screening-Untersuchungen hinsichtlich HCC und portaler Hypertension (Evaluation des Varizenstatus) erfolgen.
Des Weiteren haben Studien gezeigt, dass mittels Elastografie die 5-JahresÜberlebenswahrscheinlichkeit bei chronischer Hepatitis B und C mindestens genauso gut vorhergesagt werden kann wie mit der Leberbiopsie. Hier hat die Elastografie den Vorteil, dass sie auch in der Gruppe der Patienten mit Leberzirrhose eine weitere Risikostratifizierung ermöglicht: je höher die Werte, desto höher das Risiko Komplikationen der Leberzirrhose zu entwickeln und zu versterben. Die Leberbiopsie kann hier jedoch nur zwischen Zirrhose und Nicht-Zirrhose unterscheiden. Prospektive Studien aus Japan mit jeweils mehr als 800 eingeschlossenen HBV- bzw. HCV-infizierten Patienten konnten zeigen, dass mit zunehmendem Steifheitsgrad im FibroScan das Risiko steigt, im Verlauf an einem HCC zu erkranken. Insbesondere die serielle Messung mittels transienter Elastografie scheint eine große Bedeutung hinsichtlich der Risikoabschätzung zu haben. Es bleibt abzuwarten, inwiefern diese nicht-invasiven Methoden Einzug finden in HCC Screening-Programme im klinischen Alltag.
Auch in der Verlaufsbeurteilung anderer Lebererkrankungen wie PSC, PBC oder (nicht)–alkoholischer Fettleberentzündung scheint die Elastografie eine zunehmende Rolle zu spielen. So haben Studien zur Verlaufsuntersuchung gezeigt, dass neben dem Ausgangsfibrosestadium ein jährlicher Anstieg der Lebersteifheit die Prognose verschlechtert. Es ermöglicht die Erkennung von Patienten mit einem raschen Fortschreiten der Lebererkrankung, welche einer zeitnahen Therapie zugeführt werden sollten. Patienten mit einer Fettleberhepatitis (NASH) sollten zum Beispiel frühzeitig auf eine Fibrose untersucht werden, insbesondere solche mit bestehendem metabolischem Syndrom und/oder manifestem Typ II Diabetes, um ggf. durch entsprechende Behandlungsmaßnahmen die Fibroseprogression bis hin zur Zirrhose aufhalten zu können.
Die Elastografie in Ergänzung zur konventionellen Sonografie ermöglicht also eine schonende und zuverlässige Überwachung von Patienten mit Hepatitis. Gewebeproben aus der Leber für die alleinige Fibrosebeurteilung sind dadurch seltener erforderlich. Gewebeproben aus der Leber haben jedoch weiterhin bei speziellen Fragestellungen wie der Diagnosesicherung mancher Lebererkrankungen und auch zur Abklärung von Lebertumoren einen festen Stellenwert.
Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist die Elastografie nicht Bestandteil des Angebots der gesetzlichen Krankenkassen und wird privat abgerechnet.