Medizin & Technik

Problem erkannt – Gefahr gebannt

12.02.2016 -

Evidenz-basierte Medizin und Leitlinien gewährleisten eine sichere Therapie, sagen die beiden VSOU-Kongresspräsidenten Prof. Joachim Grifka und Prof. Ulrich Stöckle. Der Prävention schwerer Muskelverletzungen widmet sich eine eigene Sitzung mit Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt und seinem Team. Neben Wissenschaftsthemen werden ökonomische und politische Aspekte in Baden-Baden diskutiert.

Überträgt man das von Ihnen beiden als Kongressmotto gewählte „Was, wann, wie“ auf den ärztlichen Alltag, muten Sie sich Gigantisches zu: Denn die Antworten sollten idealerweise den Orthopäden und Unfallchirurgen einen verlässliche Führung durch alle Klippen des Fachs bieten. Kann man das überhaupt leisten?

Prof. Joachim Grifka: Was? Wann? Wie? sind die Kernfragen unseres täglichen Handelns, beispielsweise in der Form: Was ist es? Wann machen? Wie therapieren? Unsere Ziele müssen eine solide Diagnostik und eine sichere Therapie sein. Wir versuchen, dies mit evidenz-basierter Medizin und Leitlinien zu definieren. Unser Kongress soll diesem praxisorientiert gerecht werden.

Herr Prof. Stöckle, zum Auftakt der VSOU-Jahrestagung steht gleich ein Schwerpunktthema auf dem Programm: die schwere Verletzung. Was ist unter den Aspekten Behandlung, Wiederherstellung bis zur Sportfähigkeit und Prävention Neues zu erwarten?

Prof. Ulrich Stöckle: Bei dem Thema „Schwere Verletzung“ ist die schwere Monoverletzung gemeint, also z.B. ein Schienbeinkopfbruch oder ein Oberarmkopfbruch. Häufig werden diese schweren Monoverletzungen bei sportlicher Betätigung, also Sturz beim Fahrradfahren, Skisturz oder Sturz beim Klettern oder ähnlichem, erlitten. Insofern ist unser Ansatz, bei den Sitzungen und Vorträgen zu dem Thema „Schwere Verletzung“ sowohl die Primärbehandlung mit entsprechender Wiederherstellung der Anatomie anzusprechen, aber auch insbesondere die Möglichkeiten der Rehabilitation, um neben den Alltagsaktivitäten möglichst auch wieder sportliche Aktivitäten ausführen zu können. Gemeinsam mit dem Bereich der Technischen Orthopädie geht es dann in weiteren Vorträgen um die Prävention weiterer Verletzungen, aber insbesondere auch um die allgemeine Vermeidung von Verletzungen gerade im Sport.

Insbesondere medico-legale Aspekte beschäftigen nicht nur den Facharzt im Alltag, sondern eine Vielzahl an Patientenanwälten. Wie detailliert können sich die Kolleginnen und Kollegen in Baden-Baden hier Rat holen?

Prof. Joachim Grifka: Die Zahl ärztlicher Kunstfehler ist zum Glück gering. Insbesondere durch die handwerkliche Ausrichtung ist die Chirurgie eine hohe Kunst. Wir sind um die perfekte Hilfe bemüht, sonst wären wir keine Orthopäden und Unfallchirurgen. Dazu muss man aber auch genau wissen, wo die Gefahren lauern. Die operative Medizin ist gefahrenträchtiger als die konservative. Deswegen sollte man sich der Probleme bewusst sein und die Fallstricke genau kennen: Problem erkannt – Gefahr gebannt.

Das Thema Verletzungen im Alter wächst angesichts der demografischen Entwicklung (nicht nur) in unserem Land: Was dürfen die Kolleginnen und Kollegen in Baden-Baden hierzu erwarten?

Prof. Ulrich Stöckle: Wegen der demografischen Entwicklung nimmt die Behandlung von Verletzungen im Alter einen immer größeren Raum in der Tätigkeit der Unfallchirurgen ein. Da bei Verletzungen im Alter aufgrund anderer Verletzungsmechanismen auch andere Verletzungen resultieren als bei jüngeren Patienten, geht es im Rahmen des Kongresses darum, aktuelle Behandlungskonzepte in der Therapie von Verletzungen im Alter aufzuzeigen und insbesondere deren Ergebnisse darzustellen. Wichtig dabei ist auch eine umfassende Therapie, die nicht mit der Operation alleine beendet ist, sondern auch entsprechende Rehabilitationsprogramme, eine Therapie der Osteoporose und Verfahren zur sozialen Reintegration umfasst.

Der „Weiterbildungskontest“ ist tatsächlich ein Novum in der Kongresslandschaft. Welche Absicht verfolgen Sie mit dieser innovativen Idee?

Prof. Joachim Grifka: Wettbewerbe sind wir aus dem Fernsehen gewohnt. Mein Wunsch ist es, mit diesem neuen Format einen spannenden Wettbewerb zu Wissen und Vorgehen zu veranstalten, ganz nach dem Motto: Was? Wann? Wie? Ich bin sicher, dass die Fallvorstellungen und der sportliche Ablauf uns allen Spaß machen werden. Keiner der Kandidaten geht leer aus. Besonders toll ist natürlich, dass die Gewinner – dank des Sponsorings von DePuy-Synthes, Springer und Air Canada – zum Kanadischen Orthopäden-Kongress reisen können.

Nicht nur das prominent besetzte Podium zum Thema Spitzensportbetreuung, auch die Sitzung Muskelverletzungen mit Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt zeigt, dass von der Spitzensportbetreuung zu lernen ist. Was ist Ihnen hierbei wichtig?

Prof. Stöckle: Ulrich Das Thema „Muskelverletzung im Sport“ ist ein hoch aktuelles Thema. Gerade in der Fußballbundesliga hören wir alle immer von muskulären Verletzungen, die einzelne Spieler zu teils längeren Pausen zwingen. Hier ist Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt der international anerkannte Experte sowohl in Diagnostik als auch in der angepassten Therapie dieser Muskelverletzungen. Deshalb bin ich besonders froh, dass wir ihn und sein gesamtes Team mit PD Dr. Peter Ueblacker und Dr. Lutz Hänsel sowie Dr. Jochen Hahne zur Gestaltung einer Sitzung gewinnen konnten. Hier gilt es, von den Experten neben der adäquaten Therapie insbesondere auch Maßnahmen der Prävention zu lernen, um möglichst diese schwerwiegenden Verletzungen zu vermeiden. Dies ist für viele in der Sportbetreuung tätigen Kollegen in Orthopädie und Unfallchirurgie von enormer Bedeutung.

Der Festvortrag von Prof. Dr. Heribert Prantl, das Podium über die GOÄ-Novellierung und einiges mehr verweisen auf den ökonomischen Aspekt der fachärztlichen Arbeit. Wird dies auch ein „politischer“ Kongress?

Prof. Ulrich Stöckle: Der VSOU-Kongress 2016 in Baden-Baden wird vornehmlich ein wissenschaftlicher Kongress. Dennoch ist es wichtig, auch ökonomische Aspekte zu beleuchten und auf aktuelle politische Vorgänge einzugehen. Hierzu dienen neben dem Festvortrag von Heribert Prantl auch einzelne Sitzungen wie z.B. zur GOÄ-Novellierung, aber auch zur Zukunft für O und U.

Welches Fazit würden Sie gerne am Abend des 30. April 2016 mit dem ersten Blick zurück auf die 64. Frühjahrstagung der Süddeutschen für sich ziehen?

Prof. Joachim Grifka: Natürlich wird der Kongress für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemacht. Deswegen möchten wir, dass er positiv in Erinnerung bleibt, vielleicht mit dem Erlebnis des ersten eigenen Vortrags, auf jeden Fall aber mit Erkenntnissen aus den Sitzungen, einschließlich der Hinweise auf die juristischen Fallstricke – und hoffentlich mit viel Spaß beim Weiterbildungskontest. Baden-Baden ist keine kombinierte Tagung mit anderen Berufsgruppen, sondern der VSOU-Kongress fokussiert auf die ärztlichen Belange. Wir wünschen uns eine Tagung mit einem interessanten Meinungsaustausch und anregenden Gesprächen in der gewohnt entspannten Atmosphäre des frühlingshaften Baden-Baden.

Prof. Ulrich Stöckle: Am Ende des Kongresses würde ich gerne auf einen wissenschaftlich interessanten Kongress zurückblicken, der sowohl für junge Ärzte interessant war – mit speziellen Kursformaten wie den Basiskursen der AO und AE – als auch für erfahrene Chefärzte, Oberärzte und niedergelassene Orthopäden und Unfallchirurgen aufgrund des anspruchsvollen Programmes, bei dem wir uns viel Mühe gegeben haben. Ich bin zufrieden, wenn wir wieder mehr als 3000 zufriedene Teilnehmer haben und damit die Bedeutung des VSOU-Kongresses in Baden-Baden als zweitgrößtem Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie in Deutschland weiter ausgebaut werden kann.
 

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