Gesundheitsökonomie

Antibiotic Stewardship Zertifikatsübergabe

25.05.2018 -

Das Klinikum Darmstadt bildete ein Jahr lang 25 Ärzte zu ABS-Experten aus – für das optimale Management von Infektionen bei minimalem Einsatz der richtigen Antibiotika

Das Management von Infektionen im Krankenhaus stellt eine zunehmende Herausforderung dar. Neben einer generellen Zunahme komplexer Infektionen – mit bedingt durch zunehmende Morbidität und Alter der stationären Patienten – hat der Gesetzgeber mit dem Infektionsschutzgesetz 2011 dem Krankenhausmanagement umfangreiche Pflichten in den Bereichen Hygiene und hinsichtlich der Einführung eines Antibiotic Stewardship (ABS) auferlegt. ABS bezeichnet die Summe aller Maßnahmen zur rationalen Anwendung von antimikrobiellen Substanzen. Ziel ist die Vermeidung unnötiger Resistenzentwicklung und natürlich – zuallererst – die korrekte Therapie der Patienten mit Infektionen.

Viele Krankenhäuser in Deutschland schulen daher einzelne Ärzte in ABS. Das Klinikum Darmstadt hat sich vor über einem Jahr dazu entschlossen, insgesamt 25 Ärzte über ein Jahr lang in 20 Kursen mit 160 Wochenstunden auszubilden und so ein ganzes Netzwerk im Haus aufzubauen. Laut wissenschaftlichem Leiter Dr. Peter Walger und des externen Begleiters Dr. Michael Wilke, inspiring-health, hat das Klinikum damit ein Alleinstellungsmerkmal.
 
Jetzt konnte Geschäftsführer Prof. Dr. Steffen Gramminger allen Teilnehmenden die Zertifikate überreichen. „Ein rationaler Einsatz von Antibiotika wird richtigerweise zunehmend zur Pflicht. Vor allem aus Gründen entstehender Resistenzen ist das absolut notwendig. Das Klinikum Darmstadt will bei diesem Prozess voranschreiten. Daher haben wir beschlossen, das Fachwissen auf möglichst viele Fachärzte zu verteilen und ein Netzwerk  zwischen allen Abteilungen aufzubauen. Die 25 Kollegen haben bereits Hauslisten und Leitlinien erstellt, Erreger, Resistenzen und Antibiotikaverbrauch werden erfasst und bewertet.  Am Ende der Schulung  wurde noch eine abschließende Praktikumsarbeit vorgelegt. Jetzt können wir über diese Experten das Wissen in alle Abteilungen und Bereiche tragen.“

Intern gesteuert hat die ABS-Schulung die Abteilung Medizincontrolling und Qualitätsmanagement. Leiterin Dr. Beate Marquardt wird die Aufgaben der künftigen ABS-Teams begleiten. „Die Vorteile von ABS liegen auf der Hand: Die Behandlungsqualität steigt durch leitliniengerechte Therapien der Infektionserkrankungen. Im Einzelnen sind dies bessere Auswahl der Substanzen, der Dosierung, Applikation und Anwendungsdauer bei geringerer Toxizität und Resistenzbildung. Eine effektive Behandlung von Infektionskrankheiten verkürzt aber auch die Verweildauer der Patienten. So bündelt das Programm viele Maßnahmen und hat einen günstigen Einfluss auf viele Prozesse – wie Resistenz-, Kosten- und Verbrauchsentwicklung.“

Bei all den Vorteilen für Krankenhäuser und Patienten gehe es aber auch um eine ethische Dimension, so Prof. Dr. Steffen Gramminger. Schon 1945 hatte Alexander Fleming in seiner Nobelpreisrede folgenden hypothetischen Fall konstruiert: “Herr X hat eine Lungenentzündung. Er kauft Penicillin und nimmt es ein. Das Antibiotikum hilft und Herr X wird wieder gesund. Jedoch ist die Menge nicht ausreichend, um die Streptokokken gänzlich abzutöten und ein Rest der Bakterien entwickelt eine Resistenz. Dann steckt Herr X seine Frau an, welche ebenfalls an einer Lungenentzündung erkrankt und mit Penicillin behandelt wird. Weil die Streptokokken nun aber resistent gegenüber dem Penicillin sind, schlägt die Behandlung fehl und Frau X stirbt.” Wer ist nun schuld am Tod von Frau X? Auch über 70 Jahre nach der Nobelpreisrede von Alexander Flemming liege hierin eine der besonderen Herausforderungen der Antibiotikatherapie, auch wenn das Spektrum hinsichtlich der Keime und der Antibiotika sich deutlich geändert habe, so Prof. Dr. Steffen Gramminger weiter.

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