Studie zur Krankenhauslandschaft ist realitätsfremde Zahlenspielerei
16.07.2019 -
Die heute vorgestellte Studie der Bertelsmann-Stiftung zur Zukunft der Krankenhauslandschaft geht an der Realität vorbei, so der Katholische Krankenhausverband Deutschlands (kkvd). Die Autoren der Studie schlagen vor, die Zahl von 1.400 Akutkrankenhäusern um mehr als die Hälfte auf unter 600 Großkliniken zu reduzieren.
Ingo Morell, stellvertretender Vorsitzender des kkvd: „Die Studie ist abgehoben und realitätsfremd. Der notwendigen Diskussion über die Zukunft der Krankenhauslandschaft hilft diese plakative Darstellung nicht weiter, denn mit der konkreten Versorgungssituation vor Ort haben diese Zahlenspielereien nichts zu tun. Eben wurde noch über die Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen diskutiert, jetzt wollen die Studienautoren die Krankenhausversorgung an wenigen Großkliniken konzentrieren. Das wird für die Patientinnen und Patienten längere Wege, Versorgung im Akkord und weniger menschliche Zuwendung in der Pflege bedeuten. Mit Patientenorientierung hat ein solcher Vorschlag nichts zu tun. Und auch den Mitarbeitenden kann man nicht ohne weiteres unterstellen, dass sie gerne in einer Großklinik arbeiten wollen.“
In der Studie wird argumentiert, weniger Krankenhäuser würden zu einer höheren Behandlungsqualität führen. Entsprechend solle bei der Krankenhausplanung der schnellen Erreichbarkeit künftig weniger Beachtung geschenkt werden.
Morell weiter: „Den Patientinnen und Patienten als Trost für längere Wege eine bessere Behandlungsqualität zu versprechen, ist Augenwischerei. Auch in den Kliniken der Grund- und Regelversorgung vor Ort ist eine hohe Qualität Standard. Zudem leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Daseinsvorsorge. Wo es auf Spezialwissen ankommt, ist Zentralisierung schon heute geübte Praxis. So besteht in der Modellregion der Studie bei Herzinfarkt und Schlaganfall längst die klare Absprache, dass Patientinnen und Patienten gezielt an entsprechend ausgestattete Krankenhäuser gebracht werden. Solche Verbünde bestehen in vielen Regionen Deutschlands, werden in der Studie aber anscheinend nicht berücksichtigt. Für die Nachsorge wird zudem auch in Zukunft ein Krankenhaus in erreichbarer Nähe benötigt.“
Schließlich würde die empfohlene Reduzierung von Kliniken eine Verdopplung der Behandlungsfälle pro Krankenhaus bedeuten. In der Studie wird argumentiert, die stationären Fallzahlen könnten durch mehr ambulante Behandlungen von heute 19,5 Millionen pro Jahr auf 14 Millionen gesenkt werden. Gleichzeitig wird jedoch eingeräumt, dass die ambulanten Strukturen diese Patienten derzeit nicht aufnehmen können.
„Nur eine rigide Patientensteuerung wird die Fallzahlen in den Kliniken deutlich reduzieren. Doch das würde die Patientinnen und Patienten Wahlfreiheit und Souveränität kosten. Eine Zentralisierung auf wenige Großkliniken setzt zuerst enorme Startinvestitionen für den Umbau voraus. Zudem wäre die bisherige Trägervielfalt in der Krankenhauslandschaft gefährdet. Klar ist, dass nicht alle heutigen Standorte erhalten bleiben können. Doch ist ein dichtes Netz an Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung unverzichtbar, um die schnelle Erreichbarkeit und Versorgung in der Fläche zu sichern. Das ist gerade für die wachsende Zahl älterer Menschen wichtig, die mehrfach erkrankt und nur eingeschränkt mobil sind“, so Morell abschließend.
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